Arbeitskräftemangel

"Westbalkan-Kontingent" soll Mega-Loch bei Jobs stopfen

Die ÖVP plant, mehr Balkan-Bewohner ins Land zu holen, um dem gravierenden Arbeitskräftemangel der Tourismusbranche entgegen zu treten.

Newsdesk Heute
"Westbalkan-Kontingent" soll Mega-Loch bei Jobs stopfen
Eine Kellnerin serviert Bier auf einer Terrasse einer Skihütte auf der Planai. Archivbild.
Tom Lamm / Lookphotos / picturedesk.com

Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (VP) preschte am Donnerstag mit einem Lösungsvorschlag für den gravierenden Mangel von Saisonkräften im heimischen Tourismus vor. 

"Aktuell stehen alle europäischen Tourismusländer in hartem Wettbewerb um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Drittstaaten", erklärte die Staatssekretärin. Heimische Betriebe müssten mit "international attraktive Jobangeboten" herausstechen können, um Erfolg am Arbeitsmarkt zu haben. Dazu sollen "rechtliche Hürden" abgebaut werden. Konkret sollen Erleichterungen bei der saisonalen Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen im Tourismus geschaffen werden, "sofern nachweislich keine einheimischen Arbeitskräfte gefunden werden."

Anleihen will sie dabei am deutschen Modell nehmen: "Die überwiegende Mehrheit unserer Saisoniers stammt schon seit Jahren aus Bosnien-Herzegowina, Serbien, Nordmazedonien und dem Kosovo. Durch ein zusätzliches 'Westbalkankontingent' könnten das Recruiting in dieser Region unterstützt und der touristische Arbeitsmarkt zielgerichtet geöffnet werden". Kraus-Winkler will dem Koalitionspartner demnächst einen entsprechenden Vorschlag vorlegen.

Höchstgrenzen für Saisoniers

In Österreich dürfen insgesamt 4.295 Drittstaatsangehörige im Tourismus saisonal beschäftigt werden, wobei dieses Saisonier-Kontingent auf alle Bundesländer verteilt und dann regional zugewiesen wird. In den Sommer- und Wintermonaten ist eine Überschreitung um bis zu 50 Prozent zulässig, solange die Höchstgrenzen im Jahresdurchschnitt eingehalten werden. 

Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP). Archivbild.
Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP). Archivbild.
TOBIAS STEINMAURER / APA / picturedesk.com

In Deutschland dürfte es künftig zwei separate Kontingente für Drittstaatsangehörige ohne Fachqualifikation geben: Mit Juni 2024 soll einerseits das seit 2016 bestehende Westbalkankontingent auf 50.000 verdoppelt und andererseits soll mit 1. März 2024 ein zusätzliches Kontingent von 25.000 für die saisonale Beschäftigung sonstiger Drittstaatsangehöriger geschaffen werden

Reaktionen

"Der Vorschlag von Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler mit einem eigenen Westbalkankontingent mehr Fachkräfte nach Österreich zu holen, ist sehr begrüßenswert und ein Schritt in die richtige Richtung", heißt es aus dem Wirtschaftsbund. Eine Westbalkan-Regelung nach deutschem Vorbild solle den heimsichen Arbeitsmarkt vollständig öffnen.

Der heutigen Forderung von Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) nach einem weiteren Westbalkan-Kontingent an Saisoniers für die Tourismus-Branche steht Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida, skeptisch gegenüber: "Billige Arbeitskräfte aus dem Ausland, die dann in Österreich mit Niedriglöhnen, langen Arbeitszeiten und unbezahlten Überstunden ausgebeutet werden, werden die Personalnot nicht lösen. Wir brauchen stattdessen bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und sichere Arbeitsverhältnisse im Tourismus." Er fordert zusätzliche Maßnahmen zur Imagepolitur der Branche.

Man dürfe den Tourismus-Arbeitsmarkt nicht auf die Debatte um die Saisonnier-Kontingente reduzieren, erklärt Walter Veit, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung, am Stakeholder-Gipfel im Staatssekretariat: "Über weite Strecken decken sich ja die Analysen der Expert:innen über alle Grenzen hinweg: Alle sitzen im gleichen Boot, jede hat Branche Nachwuchssorgen. Und es braucht mehr als einen Hebel und es wird länger dauern, bis eine merkliche Verbesserung eintritt."

Als wichtigen Schritt gegen den Arbeitskräftemangel im Tourismus bezeichnet Robert Seeber, Obmann der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), die heute von Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler präsentierte geplante Einführung eines Westbalkan-Kontingents für den Tourismus: "Vor dem Hintergrund des akuten Arbeitskräftemangels – quer durch alle Branchen und europäischen Länder – ist es entscheidend, jetzt rasch die Weichen zu stellen, damit unsere Betriebe weiterhin genügend Mitarbeiter:innen finden und das Tourismusland Österreich international wettbewerbsfähig bleibt".

Für Johann Spreitzhofer, Obmann des Fachverbandes Hotellerie fügt hinzu: "Wir dürfen nicht vergessen, dass wir hier in einem europäischen Wettbewerb um Arbeits- und Fachkräfte stehen. Deutschland ist hier schon lange aktiv, ab Juni 2024 gibt es ein verdoppeltes Westbalkankontingent von 50.000 Personen. Es ist daher höchst an der Zeit, dass auch Österreich Maßnahmen setzt, um zukünftigen Fachkräften hier Arbeit und Ausbildung zu ermöglichen."

In dieselbe Kerbe schlägt auch Mario Pulker, Obmann des Fachverbandes Gastronomie: "Die Saisonierkontingente sind nicht nur wichtig, um den Bedarf an Arbeitskräften zu decken, sondern ermöglichen Saisoniers über Schritte wie die Stammsaisonierregelung und die Rot-Weiß-Rot-Karte in der Branche Karriere zu machen."

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • Die österreichische Regierung plant, Arbeitskräftemangel im Tourismus durch die Einführung eines "Westbalkan-Kontingents" zu bekämpfen, um mehr Saisonkräfte ins Land zu holen
    • Dieser Vorschlag stößt jedoch auf gemischte Reaktionen, da einige befürchten, dass dies zu Billiglöhnen und Ausbeutung führen könnte, während andere die Maßnahme als wichtigen Schritt zur Sicherung des internationalen Wettbewerbs im Tourismussektor betrachten
    red
    Akt.