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Wer bei Filmen weint, ist nicht schwach – im Gegenteil

Wer beim Filmschauen oft ein Taschentuch braucht, ist kein "Sensibelchen". Eine Studie stellt ihnen ein ganz anderes Zeugnis aus.

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Wer bei Filmen weint, ist nicht schwach – im Gegenteil
Wenn wir bei Filmen oder Büchern emotional werden, wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet.
Getty Images/iStockphoto

Vorbei sind die Zeiten, in denen Weinen als Zeichen von Schwäche galt – im Gegenteil. Es wirkt durchaus heilsam. Dadurch werden Hormone wie Oxytocin und Endorphine ausgeschüttet, weshalb es uns nach dem Weinen in der Regel besser geht. Sich seinen Gefühlen zu stellen, ist die viel größere Leistung, als alles unter den Teppich zu kehren. Wer bei Filmen gern mal ein Tränchen zerdrückt, ist nicht sensibel (im negativen Sinne), sondern – im Gegenteil – emotional stark. Das belegt eine Studie von Paul J. Zak, Wissenschaftler und Autor an der Claremont Graduate University (USA).

Einer seiner Doktoranden führte ein Experiment durch, bei dem den Teilnehmern ein Video des St. Jude Children's Hospital gezeigt wurde. Die Hälfte der Gruppe sah einen Teil des Videos, in dem ein Vater über den unheilbaren Hirnkrebs seines kleinen Sohnes spricht. Die andere Hälfte der Gruppe sah einen Teil, in dem Sohn und Vater den Zoo besuchen. Diejenigen, die den Teil mit der Krebserkrankung sahen, wiesen einen 47-prozentigen Anstieg von Oxytocin auf, was nachweislich ihr Verhalten auf positive Weise veränderte. Nachdem sie das Video gesehen hatten, wurden alle Teilnehmer aufgefordert, eine Entscheidung zu treffen, bei der es darum ging, Geld zu verschenken. Diejenigen, die den emotionalen Teil des Videos gesehen hatten, spendeten viel eher für wohltätige Zwecke als die anderen.

1906 vom britischen Biochemiker Henry Dale entdeckt, wird Oxytocin im Gehirn in der sogenannten Hypophyse gebildet und steuert unser Wohlbefinden. Es kommt immer dann zum Einsatz, wenn es um die Bindung zu anderen Menschen geht. Es hat aber auch andere wichtige Funktionen in unserem Körper. Es hemmt die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol. Ein erhöhter Cortisolspiegel schwächt unser Immunsystem. Kuscheln stärkt also auf indirektem Weg unsere Abwehrkräfte und macht Viren und Bakterien das Leben schwer. Und es wirkt sich positiv auf unser Schmerzempfinden aus, denn es blockiert die Weiterleitung von Schmerzreizen. 

Bindungshormon Oxytocin

Wenn wir also bei Filmen oder Büchern emotional werden, wird Oxytocin ausgeschüttet, was gut ist, weil es uns mit dem verbindet, was die fiktive Figur erlebt, und uns einfühlsamer und verständnisvoller macht. Das Hormon wirkt als Neurotransmitter, und ein hoher Spiegel davon hilft den Menschen, tiefere Beziehungen zu knüpfen. Wer einfühlsam ist, ist freundlicher und nimmt mehr Rücksicht auf den emotionalen Zustand anderer. Oxytocin steht im Zusammenhang mit der Vertrauenswürdigkeit zwischen Menschen. Diejenigen, die mehr Vertrauen in andere haben, haben hohe Werte dieses Botenstoffes in ihrem Körper und bauen oft tiefere Beziehungen auf. Sie leben auch bewusster als diejenigen, die Vertrauensprobleme haben.

Für das eintreten, was man für richtig hält

Menschen, denen es nicht peinlich ist, bei Filmen zu weinen, sind in der Tat psychisch stärker als diejenigen, die versuchen, ihre Tränen zu verbergen. Das liegt daran, dass sie mutig genug sind, ihre wahren Gefühle auszudrücken. Sie haben keine Angst, verurteilt oder kritisiert zu werden. Dies ist laut Zak auch eine Wirkung von Oxytocin, da Menschen, die sich in ihr Umfeld einfühlen, keine Angst haben, für das einzutreten, was sie für richtig halten.

Die Veränderung des Oxytocinspiegels war mit steigender Sorge um die Charaktere des Films verbunden – obwohl diese Menschen kognitiv wissen, dass die Charaktere und der Inhalt des Films frei erfunden sind. Personen mit mehr Oxytocin lassen sie sich emotional mehr auf die Handlung ein – als würden sie sie selbst erleben.

Empfänglich für Einflüsse

Die Erkenntnisse von Zak zeigen auch, dass diejenigen, die bei Filmen weinen, um die heilende Kraft der Tränen wissen. Weinen lässt uns mit anderen Menschen in Verbindung treten, wir lernen zu sehen, dass es Umstände gibt, die unsere Umwelt positiv und negativ beeinflussen können, und dass wir dafür empfänglich sind.

Auf den Punkt gebracht

  • Eine Psychogramm-Studie zeigt, dass das Weinen bei Filmen keine Schwäche ist, sondern emotional stärkend sein kann
  • Dies ist auf die Ausschüttung von Hormonen wie Oxytocin zurückzuführen, die positive Auswirkungen auf das Verhalten und die zwischenmenschlichen Beziehungen haben
  • Menschen, die sich bei Filmen emotional zeigen, sind nach dieser Studie psychisch stärker und einfühlsamer
red
Akt.
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