Wirtschaft
Wenn du so viel Geld kriegst, bist du armutsgefährdet
Die Lage in Österreich spitzt sich weiter zu! Immer mehr Menschen im Land sind trotz Arbeit von Armut betroffen. Minister Rauch schlägt Alarm.
In Österreich sind immer mehr Menschen von Armut betroffen, obwohl sie erwerbstätig sind. Gemäß der jährlichen Erhebung EU-SILC zu Einkommen und Lebensbedingungen traf das 2022 auf insgesamt 331.000 Menschen in Österreich zu - 11 Prozent mehr als noch 2021. Alleinerzieher und Familien mit drei oder mehr Kindern sind besonders betroffen.
Für Sozialminister Johannes Rauch ist klar: "Damit alle Menschen, die arbeiten, auch von ihrem Einkommen leben können, braucht es verbesserte Rahmenbedingungen. Mit der Einführung einer Millionärssteuer können wir zum Beispiel jene Berufe attraktiver machen, in denen Personal dringend gesucht wird.
"working poor"
Um einen genauen Überblick über die Entwicklung von Einkommen und Lebensbedingungen zu erhalten, beteiligt sich Österreich an der Erhebung EU-SILC, die EUROSTAT jährlich durchführt. Als armutsgefährdet gilt demnach, wer monatlich weniger als 1.392 Euro zur Verfügung hat - das sind unter 60 Prozent des Medianeinkommens. Als "working poor" gelten jene Menschen, die länger als sechs Monate erwerbstätig waren und trotzdem armutsgefährdet sind.
Die Zahlen aus 2022 zeigen, dass immer mehr erwerbstätige Menschen von Armut betroffen sind. Ihre Anzahl stieg binnen eines Jahres um 11 Prozent von 297.000 auf 331.000 Menschen. Im Vergleich zum Jahr 2020 betrug der Anstieg sogar 15 Prozent - damals waren 289.000 erwerbstätige Menschen von Armut betroffen. Vor allem Alleinerzieher (27 Prozent) und Familien mit drei oder mehr Kindern (19 Prozent) gehören den "working poor" an.
"Armut aktiv bekämpfen"
"Unser Ziel als Bundesregierung ist es, Armut aktiv zu bekämpfen. Dafür haben wir bereits eine Vielzahl von Maßnahmen gesetzt: Wir haben große Unterstützungspakete beschlossen, kleine Pensionen, Sozialhilfe und Mindestsicherung deutlich angehoben. Sozialleistungen werden ab sofort jedes Jahr erhöht", betont Sozialminister Johannes Rauch.
Damit "Armut trotz Arbeit" endlich der Vergangenheit angehört, brauche es aber auch Änderungen bei den Einkommen: "Nach wie vor gibt es in Österreich Branchen, in denen Löhne gezahlt werden, mit denen arbeitende Menschen ihren Lebensunterhalt nicht decken können. Da muss sich die Wirtschaft endlich bewegen", betont Rauch. Dass in vielen Kollektivverträgen die unteren Einkommensgruppen zuletzt deutlich angehoben wurden, begrüßt er: "Hier braucht es sicher weitere Schritte."
Zudem fordert der Sozialminister weitere Investitionen in die Kinderbetreuung, damit Alleinerzieher und Familien mit Kindern attraktive Jobs auch annehmen können: "Davon profitiert die gesamte Wirtschaft, die derzeit stark unter dem Mangel an Arbeitskräften leidet."
Millionärssteuer für höhere Einkommen
Mit den Einnahmen aus einer Millionärssteuer könnten zusätzlich die Einkommen von jenen Menschen angehoben werden, "die viel für unsere Gesellschaft leisten, aber wenig verdienen", ist Rauch überzeugt. Dazu gehören etwa Mitarbeiter in der Pflege oder in der Kinderpädagogik, wo jeweils akuter Personalmangel herrscht. Eine Millionärssteuer sei darüber hinaus "ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit in unserem Land".
Eine stark wachsende Gruppe von "working poor" sind Mitarbeiter digitaler Plattformen, etwa von Lieferdiensten, Fahrdiensten oder Plattformen für Freelancer. Viele von ihnen arbeiten in prekären Verhältnissen als Scheinselbstständige. Hier arbeitet die Europäische Kommission bereits an einer Richtlinie für eine bessere soziale Absicherung. Rauch wünscht sich den raschen Abschluss der Verhandlungen: "Für diese international tätigen Plattformen braucht es klare Regeln auf europäischer Ebene."