Niemand rief die Polizei

Weil er schwul ist – Wiener von U-Bahn-Rowdy umgetreten

Nach dem Aussteigen am Westbahnhof wurde ein 22-Jähriger von einem Unbekannten homophob beschimpft und getreten. Das Opfer erhebt schwere Vorwürfe.

Christian Tomsits
Weil er schwul ist – Wiener von U-Bahn-Rowdy umgetreten
Der Wiener soll genau hier in der U-Bahnstation Westbahnhof von einem Schwulenhasser attackiert worden sein.
privat

Zwei Wochen vor der großen Regenbogenparade erlebte Stefan (22, Name geändert) einen schwarzen Tag. Der 22-Jährige war am 28. Mai gerade zum Arzt unterwegs, als er in der U-Bahn-Station Westbahnhof von einem Unbekannten in den Bauch getreten wurde – offenbar, weil er vom arabisch aussehenden Angreifer aufgrund seiner Ohrringe als Homosexueller erkannt wurde.

"Schwuler Bast*rd", dann trat Täter zu

Zuvor hatte er beim Aussteigen irrtümlich die Schuhe des etwa 40-jährigen Angreifers touchiert, der ihn daraufhin sofort verfolgte und beschimpfte. "Immer wieder nannte er mich schwuler Bast*rd", schilderte das bedrängte Opfer. Durch einen kräftigen Tritt in den Unterleib ging der junge Wiener schließlich zu Boden und zog sich eine sehr schmerzhafte Prellung am Steißbein zu.

"Niemand der vielen Augenzeugen rief die Polizei, ich war völlig unter Schock", so Stefan, der erst Stunden später auf Anraten seines Freundes den tätlichen Angriff auf der Wache meldete:  "Das ist normal beim Westbahnhof", soll ihm ein junger Polizist entgegnet und mehrmals gefragt haben, ob das Opfer denn wirklich Anzeige erstatten wolle.

"Der Polizist wirkte genervt und ärgerte sich mehrmals über die angefallene Schreibarbeit", erinnert sich Stefan. So soll der sich Beamte während der Einvernahme mehrmals umgedreht und vor sich hingemurmelt haben: "Wo ist das sche*ß Formular?"

Trotz der schließlich eingeleiteten Ermittlungen konnte der Vorfall laut Wiener Linien auf keiner der unzähligen Überwachungskameras in der Station entdeckt werden – sehr zum Ärger des Opfers. "Ich hatte eine Woche starke Schmerzen und bin erschüttert, wie das alles gelaufen ist", so Stefan.

Der NEOS-Abgeordnete Yannick Shetty ist über den Angriff schockiert, will nun eine parlamentarische Anfrage auf den Weg bringen.
Der NEOS-Abgeordnete Yannick Shetty ist über den Angriff schockiert, will nun eine parlamentarische Anfrage auf den Weg bringen.
Helmut Graf

NEOS-Politiker Yannick Shetty pflichtet ihm bei: "Es ist empörend, dass sich homophobe Angriffe – insbesondere unter jungen migrantischen Burschen  – häufen. Neben konkreten Maßnahmen gegen Hasskriminalität erwarte ich, dass auch die Polizei besser auf den Umgang damit geschult wird." Eine parlamentarische Anfrage zum Vorfall, der noch bei der Staatsanwaltschaft liegt, soll folgen. Die Unschuldsvermutung gilt.

Wiener Linien zu Vorfall

Auch die Wiener Linien bedauern: "So etwas sollte nicht passieren. Als Wiener Linien stehen wir für Vielfalt und Respekt." Kommt es zu einem Vorfall, soll man umgehend die Notrufeinrichtungen betätigen, die Polizei rufen oder unser Sicherheits- und Servicepersonal kontaktieren, das besonders am Verkehrsknotenpunkt Westbahnhof immer vor Ort ist, heißt es.

Für alle Fahrgäste gilt: "Sollten Sie einen Vorfall beobachten, bitte nicht zögern, sondern Zivilcourage zeigen und Hilfe holen. Wir arbeiten eng mit der Polizei zusammen und stellen alle verfügbaren Informationen bereit, die zur Aufklärung beitragen können."

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    Helmut Graf, MAX SLOVENCIK / APA / picturedesk.com

    Auf den Punkt gebracht

    • Ein 22-jähriger Mann wurde am Westbahnhof in Wien von einem Unbekannten homophob beschimpft und getreten, nachdem er versehentlich die Schuhe des Angreifers berührt hatte
    • Das Opfer erhebt schwere Vorwürfe gegen die Polizei, die den Vorfall nicht ernst genommen habe
    • Trotz Ermittlungen und Überwachungskameras konnte der Täter nicht identifiziert werden
    • Der NEOS-Abgeordnete Yannick Shetty fordert bessere Schulungen für die Polizei im Umgang mit homophoben Angriffen
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