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Was Binge Watching mit deinem Gehirn macht

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Dank Netflix und Co. ist es aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken: Den ganzen Tag zu Hause gemütlich auf dem Sofa die Lieblingsserie durchschauen. Doch das so genannte "Binge Watching" hat Auswirkungen auf unser Gehirn.

Fast jede Folge endet mit einem Cliffhanger. Eine spannende Verfolgungsjagd, ein Mord oder eine andere Gefahr für unseren Lieblingshelden und zack! Die Episode ist zu Ende. Also schauen wir gleich im Anschluss die nächste und dann noch eine weitere und noch eine.

Dank Streamingdiensten salonfähig

Dem Sog einer guten Geschichte kann man sich nur schwer entziehen. Netflix und andere Streamingdienste haben das so genannte "Binge Watching" salonfähig gemacht. Damit wird ein Serienmarathon bezeichnet, also das Schauen von mehreren Folgen einer Fernsehserie am Stück.

2015 wurde es vom "Collins English Dictionary" zum Wort des Jahres gewählt. Während wir früher im TV jede Woche auf die nächste Folge unserer Lieblingsserie warten mussten, schauen wir heute dank Video-on-Demand-Anbieter eine ganze Staffel am Stück.

Doch das ist bekanntermaßen nicht gut für unseren Schlaf. Zudem schadet es auch unserem Gedächtnis. Forscher der University of Melbourne haben die Auswirkungen von "Binge-Watching" untersucht. In einer Studie sahen Teilnehmer dieselbe Serie, in ganz unterschiedlichen Zeitabständen.

Die "Binge-Watcher"konnten sich zwar 24 Stunden später besser an die letzte Folge erinnern, nach 140 Tagen erzielten die wöchentlichen Zuschauer jedoch bessere Ergebnisse. Wenn wir also eine Serie am Stück schauen, erinnern wir uns eine Weile später nur mehr schlecht an den Inhalt. Doch woran liegt das?

Binge-Watcher können Informationen schlechter verarbeiten

Laut Edgar Erdfelder, dem Leiter des Lehrstuhls für kognitive Psychologie an der Universität Mannheim, hängt das mit dem normalen Lernprozess des Menschen zusammen. Wir lernen besser, wenn wir uns Inhalte verteilt zu Gemüte führen.

Zu viel Masse auf einmal ist nicht förderlich. Ähnlich wie zu Schulzeiten, wenn wir für einen Test lernen mussten. Martin Brandt, ebenfalls Professor in Mannheim erklärt: "Wenn wir fünf Stunden Zeit haben, um Vokabeln zu lernen, sollten wir diese fünf Stunden auf fünf Tage verteilen, anstatt sie an einem Tag zu lernen. Langfristig bleibt damit mehr hängen."

Binge-Watcher können relevante Informationen also schlechter verarbeiten und fallen somit leistungsschwächer aus. Zudem bleibt laut Forschern auch der Abrufeffekt aus. Jene Personen, die sich Folgen in gewissen Zeitabständen ansehen, müssen sich aktiv an die vorige Episode erinnern. Wenn sie aber unmittelbar davor gesehen werden, bleibt dieser Effekt aus und somit arbeitet das Gehirn weniger.

Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit

Warum machen Serien eigentlich so süchtig? "Sie befriedigen das Urbedürfnis nach Wiederholung", sagt der Kulturwissenschaftler Johannes Binotto von der Universität Zürich.

Zudem bieten sie Eskapismus und erfüllen das zutiefst menschliche Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit. Der entscheidende Suchtfaktor stellt laut Sozialpsychologen die Identifikation oder Sympathie, die man als Zuschauer für einen bestimmten Charakter entwickelt, dar.

Die Tatsache das oft gleich eine ganze Staffel auf der Streaming-Plattform zur Verfügung steht, hat laut Netflix-Verantwortlichen folgende Hintergründe. Wenn man wöchentlich eine Folge online stellen würde, hätte das den Effekt, dass die Nutzer über Monate jeweils nur ihre aktuelle Lieblingsserie sehen. Ted Sarandos, der bei Netflix für die inhaltliche Ausrichtung zuständig ist erklärt: "Schauen sie hingegen am Stück, könne man sie früher für das nächste Angebot gewinnen und sie bleiben stärker an Netflix gebunden."

Welche Serie schaust du? Erzähl' uns davon in den Kommentaren!