Othmar Karas im ORF
"War nie ein Parteisoldat, ich bin keine Sprechpuppe"
Die EU-Kommission will die ungarische Ratspräsidentschaft boykottieren. Othmar Karas, Ex-Vizepräsident des EU-Parlaments, wird im ORF dazu deutlich.
Seit 1. Juli hat Budapest turnusmäßig (wechselt alle sechs Monate) den Ratsvorsitz der EU inne – der ungarische Premier Viktor Orban verärgert mit seiner Polit-Show aber das Gremium und muss sich nun Boykott-Forderungen gegen seine Funktion im EU-Rat stellen. In Österreich fehlt bisher eine einheitliche Linie in dieser Causa. "Orban hat einen Tabubruch begangen, über den man diskutieren muss", erklärte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), man sollte allerdings auf einen Tabubruch Orbans nicht mit einem weiteren Tabubruch reagieren.
Klarer positionierte sich dagegen der ehemalige Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas (ÖVP), am späten Dienstagabend in der "ZIB2" bei Moderator Armin Wolf. Orban "setzt drei fatale Signale", so Karas, er wolle die liberale Demokratie gegen eine autoritäre ersetzen, tue so, als wäre er der Einzige in der EU, der Frieden wolle, was absolut nicht der Wahrheit entspreche, und er torpediere die EU, indem er die Einigkeit der Mitglieder angreife. Deswegen könne Karas auch die Boykott-Forderungen gegen Orbans Ratsvorsitz verstehen.
Postenentzug Orbans "ist rechtlich nicht möglich"
"Auch ein Viktor Orban kann nicht tun und lassen, was er will", so Karas. Rufe danach, Orban zu konfrontieren statt zu boykottieren, konnte Karas dagegen nicht nachvollziehen, denn: Der Boykott würde sich gegen den Ratsvorsitz richten, mit der Person Orban werde dagegen normal verhandelt – "es werden Gespräche miteinander geführt, wie es der Sache entspricht". Wäre es denn sinnvoll, Orban den Posten wieder zu entziehen? "Das ist rechtlich nicht möglich", so Karas, das sei von den Mitgliedsstaaten bereits geprüft worden.
Bei der Frage, wie sicher eine Mehrheit für Ursula von der Leyen bei der Wiederwahl zur EU-Kommissionspräsidentin sei, wurde Karas sogar kurz emotional. "Ich würde das nicht auf diese Ebene schieben", so Karas an Moderator Wolf. Es gehe um Orban, der sich überhöhe und tue, als spreche er für die Europäische Union, das lasse sich nicht vereinfacht auf die Frage nach einer Mehrheit herunterbrechen. Die demokratische Mehrheit gebe es, es müsse niemand nach links oder rechts "schielen", so der Politiker.
"Bestätigung für meine Arbeit der letzten Jahre"
Karas freute sich wiederum darüber, dass viele Stimmen in ihm einen geeigneten Kandidaten für das Amt des österreichischen EU-Kommissars sehen würden – bekanntlich ist die ÖVP-Grünen-Regierung in dieser Causa uneins. Die Zustimmung für seine Person sei für Karas "eine Bestätigung für meine Arbeit der letzten Jahre". Dass in der ÖVP, die Karas öffentlich kritisiert hatte, weil sie nicht mehr für "die Mitte" stehe, die Zustimmung nicht so groß sei, tat Karas ab. "Ich war nie ein Parteisoldat, ich bin keine Sprechpuppe", so Karas. Wenn man so etwas suche, "dann bin ich der Falsche". Generell stehe er aber für das Amt "zur Verfügung".