Bündnis Sahra Wagenknecht
Wagenknecht-Partei will keine AfD-Überläufer annehmen
Das "Bündnis Sahra Wagenknecht - für Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) hat sich zur Partei formiert. Die Ambition ist es, Volkspartei zu werden.
Die Ex-Linke Sahra Wagenknecht (54) hat am Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin ihre neue Partei vorgestellt. Das "Bündnis Sahra Wagenknecht - für Vernunft und Gerechtigkeit" (BSW) wurde am selben Tag von 44 Erstmitgliedern formal gegründet. Die Doppelspitze des Vorstands bilden Wagenknecht selbst sowie ihre Mitstreiterin und ehemalige Linkspolitikerin Amira Mohamed Ali. Mohamed Ali war zuletzt Vorsitzende der mittlerweile aufgelösten Bundestagsfraktion der Linkspartei.
Zur Europawahl am 9. Juni 2024 wird das BSW erstmalig antreten mit den Spitzenkandidaten und Ex-Linken Fabio De Masi und dem langjährigen SPD-Politiker Thomas Geisel. Spitzenkandidaten für die ostdeutschen Landtagswahlen im September sollen noch bekanntgegeben werden.
Alternative zur rechten Alternative: Konkurrenz für die AfD
Wagenknecht hofft, mit ihrer Partei auch ehemalige AfD-Wähler abzufangen. Laut einer Studie aus Belfast sei die Wagenknecht-Partei eine große Gefahr für die AfD. Ihre Wählerschaft ist vor allem kulturell konservativ, skeptisch gegenüber Migration und unzufrieden mit der bestehenden Demokratie in Deutschland.
Während die Partei sich klar gegen rechtsextreme Tendenzen positioniert hat, glaubt Wagenknecht, dass viele Wähler die AfD aus Wut und Enttäuschung auf die gegenwärtige Politik wählen. Diese Menschen gelte es, fürs BSW zu gewinnen. "Wir bringen eine Partei an den Start, damit all die Menschen, die auch aus Wut, aus Verzweiflung, aber eben nicht, weil sie rechts sind, jetzt darüber nachdenken, AfD zu wählen oder das auch schon gemacht haben, damit diese Menschen eine seriöse Adresse haben", so Wagenknecht in Berlin.
Ehemalige AfD-Parteimitglieder seien jedoch nicht willkommen im BSW. Es gelte ein "kontrollierter" Parteizuwachs, um demokratiefeindliche Tendenzen innerhalb der Partei auszuschließen.
Auf Schmusekurs mit Putin?
Sahra Wagenknecht wurde in der Vergangenheit immer wieder eine Nähe zu Russland vorgeworfen. Ähnlich wie die AfD stellt sich auch das BSW gegen Putin-Sanktionen im Ukraine-Krieg. Eine Russlandnähe dementiert die Partei jedoch vehement. Europa-Spitzenkandidat De Masi betonte, dass er bei Recherchen zur Wirecard-Affäre selbst "von einem Russen-Spion ins Visier" genommen worden war. Auch Spendengelder aus Russland sollten nicht alarmieren - von insgesamt unter 12.500 Euro aus dem Ausland stammten rund 5000 Euro von außerhalb der EU. Gerade einmal 75 Euro davon seien aus Russland gewesen.
Migration, Rente, Klimapolitik
In den nächsten 20 bis 40 Jahren ist das Ziel des BSW, sich als Volkspartei in Deutschland zu etablieren. Ein detailliertes Parteiprogramm will die Partei "bis zur Bundestagswahl" vorlegen. Mit daran beteiligt sein sollen nicht nur hauptberufliche Politiker, sondern auch Bürger und Experten. Die Kernpunkte aber sind bereits bekannt: reduzierte Migration, "die unser Land und seine Infrastruktur nicht überfordert", bessere Renten und "gut bezahlte, sichere Arbeitsplätze", ein "gerechtes Steuersystem" sowie eine Klimapolitik, die eine völlige Abkehr von Verbrennungsmotoren nicht mitträgt. Auch in der Außenpolitik pocht das BSW auf Veränderungen. In der Ukraine wie in Gaza sollen Friedensverhandlungen die derzeitigen Waffenlieferungen ablösen.
Unterstützung in der Bevölkerung
Scharfe Kritik übte Wagenknecht hingegen an der derzeitigen Ampel-Koalition aus: "Sie erleben eine Regierung, die keinen Plan hat." Laut einer Insa-Umfrage für "Bild" vom vergangenen Dezember würde das BSW bei Bundestagswahlen auf 12 Prozent kommen. Bei einer ARD-Umfrage gaben kürzlich 36 Prozent der Befragten an, dass eine Wagenknecht-Partei positiv für Deutschland sei. Der erste Parteitag des BSW soll am 27. Jänner stattfinden.