Neuwahlen am Sonntag
Vučić's Macht bröckelt – Serbien-Präsident muss zittern
Am Sonntag finden in Serbien vorgezogene Neuwahlen statt. Das Oppositionsbündnis könnte für viel Ärger bei Präsident Aleksandar Vučić sorgen.
Das Jahr 2023 war ein sehr turbulentes Jahr für Serbien. Zwei Amokläufe, eine Debatte über illegale Waffen im Land und wochenlange Proteste gegen die serbische Regierung bzw. den serbischen Präsidenten. Vučić rief daraufhin Neuwahlen aus – wohl um seine Macht weiter zu festigen und der Opposition keinen Aufwind zu geben. Die serbische Bevölkerung geht am Sonntag somit zum zweiten Mal innerhalb von nur eineinhalb Jahren wählen.
Opposition wittert Chance
Hat 2022 die Fortschrittspartei (SNS) noch rund 60 Prozent aller Stimmen erhalten, sehen sie Umfragen heuer nur noch bei rund 40 Prozent. Das proeuropäische Oppositionsbündnis "Serbien gegen die Gewalt" steht bei rund 26 Prozent. Da die SNS die meisten Medien kontrolliert, wäre ein solches Ergebnis durchaus beachtlich – und aus Sicht von Vučić unbequem.
Am selben Tag finden in der serbischen Hauptstadt Belgrad Kommunalwahlen statt. Dort sei der SNS-Bürgermeister Aleksander Šapić nicht sonderlich beliebt bei der Bürgern, so die serbische Menschenrechtsaktivistin Nataša Kandić gegenüber der "Kleinen Zeitung". Im Falle einer Niederlage der Vučić-Partei könnten auch andere Städte verloren gehen. "Wenn Belgrad fällt, fällt ganz Serbien", so die Aktivistin.
"Frustration ist da"
Entscheidend sei, dass die Serben auch zur Urne gehen. Eine hohe Wahlbeteiligung würde wohl der Opposition in die Hände spielen, vermutet Südosteuropa-Experte Florian Bieber von der Universität Graz im "Kurier". Die Amokläufe im Frühling könnten genauso wie die "Geht raus und wählt!"-Kampagne als Push-Faktor für die serbische Bevölkerung gelten. "Die Frustration ist da, weshalb die Wahlbeteiligung höher sein könnte als bei vorangegangenen Wahlen", so Bieber. Entscheidend werde, ob die Opposition auch nach der Wahl geeint bleibt. Es gebe im Bündnis viele inhaltliche und personelle Differenzen, die eine langfristige Zusammenarbeit schwierig machen könnten.
Und wenn Vučić gewinnt?
Wie man so schön sagt sind Umfragen wie Parfüm. Man kann daran riechen, man soll aber nicht davon trinken. Daher wird erst bei der ersten Hochrechnung klar sein, wie es mit Serbien weitergeht. Dass die Vučić-Partei SNS die Parlamentswahl verliert, gilt ohnehin als ausgeschlossen. Gewinnen Vučić & Co. werde die EU die Möglichkeit haben, gezielt Druck auf Serbien auszuüben, es gebe laut Kandić wichtige Fragen, die geklärt werden müssen. "Warum finden keine Ermittlungen nach dem Vorfall in Banjska statt? Wer wird die Verantwortung dafür tragen? Wie geht es mit der Staatlichkeit des Kosovos weiter?", zählte die Aktivistin auf.
Sollte Serbien die Implementierung des europäischen Vorschlags nicht umsetzen, verfüge die EU über genug Mechanismen, um auf Serbien einzuwirken. "Die EU hat einen großen Einfluss auf Serbien und die meiste Unterstützung kommt ebenfalls aus der EU", so Kandić.