Nationalratswahl 2024

Völliges Koalitions-Chaos – FPÖ spielt Trumpfkarte aus

Kaum ist die Nationalratswahl geschlagen, geht der Streit um Koalitionsvarianten los. Die FPÖ spielt dabei eine beachtenswerte Trumpfkarte aus.

Newsdesk Heute
Völliges Koalitions-Chaos – FPÖ spielt Trumpfkarte aus
Wer mit wem? Kaum eine Frage dürfte nach der Wahl schwieriger zu beantworten sein als diese.
Helmut Graf

Kaum lagen am Sonntag die ersten Hochrechnungen vor, ging bei den Spitzenkandidaten auch schon das Feilschen ums Regieren los. Die schwer geschlagene ÖVP beziehungsweise Partei-Chef Karl Nehammer sprach von einem "bitteren" Ergebnis, hielt aber "Gespräche" nun für "das Wichtigste".

"Das Ergebnis der SPÖ ist nicht das, was man sich wünschen würde", erklärte SPÖ-Chef Andreas Babler, der die "Hand ausstreckt", denn seine Partei sei da, Verantwortung zu übernehmen.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger wollte "schauen, was gemeinsam geht", Grünen-Chef Werner Kogler war sich sicher, beim Regieren "unseren Beitrag zu leisten".

FPÖ-Chef Herbert Kickl mit Trumpfkarte

Die Gunst der Stunde nutzte der Wahlsieger, FPÖ-Chef Herbert Kickl: "Der Wähler ein Machtwort gesprochen", "wir sind bereit, auch eine Regierung zu führen". Im ORF damit konfrontiert, dass keine der anderen Parteien mit ihm eine Regierung bilden wolle, spielte Kickl eine Trumpfkarte aus und brachte damit die anderen Spitzenkandidaten in Erklärungsnot.

"Klarer, als es heute gewesen ist, kann es ja nicht sein", so der FPÖ-Chef, "unsere Hand ist ausgestreckt, in alle Richtungen. Ich bin für Gespräche mit allen bereit". Nachsatz: Jetzt müssten die anderen Parteien zeigen, wie ernst sie Demokratie wirklich nehmen würden.

Was die Wähler in Österreich nun wirklich wollen

Spannend wird es, wenn es darum geht, was die Wähler wirklich wollen – und das zeigt eine ORF-Wahlbefragung zur Nationalratswahl 2024 (1.248 Befragte, ±2,8 Prozentpunkte) von Foresight/ISA im Auftrag des ORF.

Traditionell wollen die jeweiligen Partei-Wähler ihre Partei in einer Regierung sehen – bei der ÖVP 95 Prozent, bei der SPÖ 98 Prozent, bei der FPÖ 96 Prozent, bei den Grünen 98 Prozent und bei den NEOS 94 Prozent.

Völlig unterschiedlich fallen aber die Antworten aus, wenn es um eine andere Partei, also einen möglichen Koalitionspartner geht.

FPÖ-Wähler wollen ÖVP-Partner, umgekehrt aber nicht

FPÖ-Wähler würden demnach am liebsten die ÖVP (61 Prozent) in einer gemeinsamen Regierung sehen, die anderen Parteien kommen kaum in den Wünschen vor: SPÖ 17 Prozent, NEOS 11 Prozent, Grüne 1 Prozent.

Umgekehrt fällt diese Koalitions-Liebe aber nicht auf fruchtbaren Boden. ÖVP-Wähler würden sich demnach am ehesten die NEOS als Partner wünschen (40 Prozent), könnten auch mit der SPÖ gut leben (39 Prozent). FPÖ (26 Prozent) und Grüne (22 Prozent) bevorzugt da nur rund jeder vierte ÖVP-Wähler.

Grünen-Wähler liebäugeln mit der SPÖ, die mit der ÖVP

Die Grünen-Wähler würden sich wiederum am ehesten in einer Koalition mit der SPÖ wohlfühlen (61 Prozent), auch ginge es mit den NEOS (40 Prozent), nur bedingt mit der ÖVP (28 Prozent) und so gut wie gar nicht mit der FPÖ (7 Prozent). Bei den roten Wählern fällt dies auf wenig Gegenliebe, denn die bevorzugen zu 46 Prozent die ÖVP und zu 35 Prozent die NEOS, die Grünen folgen erst auf Platz 3 mit 34 Prozent. Gemeinsamkeit: Auch unter den SPÖ-Wählern gibt es nur 5 Prozent, die gerne mit der FPÖ würden.

Österreich wählt – alle Parteien, Kandidaten, der Wahltag

1/64
Gehe zur Galerie
    Herbert Kickl  - erster Auftritt nach dem Wahlsieg bei der Nationalratswahl.
    Herbert Kickl - erster Auftritt nach dem Wahlsieg bei der Nationalratswahl.
    Helmut Graf

    Alle Befragten ziehen wiederum ÖVP und SPÖ der FPÖ vor

    Unter den NEOS-Wählern sieht es nicht viel anders aus: 53 Prozent würden gerne die ÖVP in einer Regierung sehen, 35 Prozent die Grünen, 33 Prozent die SPÖ und 11 Prozent die FPÖ. Kurios wird es, wenn man schließlich alle Befragten in einer Liste analysiert, also auch jene der Kleinparteien. Obwohl die FPÖ die Wahl deutlich vor der ÖVP gewinnen konnte, sieht es anders aus, wenn es um das Regieren geht.

    Da wünschen sich nämlich 60 Prozent der Wähler die ÖVP in der Regierung, dahinter überraschend 48 Prozent die SPÖ und nur 37 Prozent die FPÖ, 33 Prozent die NEOS und 27 Prozent die Grünen. Das Argumentieren mit dem Wählerwillen könnte also spannend werden.

    Österreichweite Demonstration gegen Rechts am Wahltag 2024

    1/9
    Gehe zur Galerie
      In Wien und in ganz Österreich wird am Wahltag gegen die FPÖ demonstriert.
      In Wien und in ganz Österreich wird am Wahltag gegen die FPÖ demonstriert.
      ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

      Auf den Punkt gebracht

      • Nach der Nationalratswahl 2024 entbrennt ein heftiger Streit um mögliche Koalitionen, wobei die FPÖ unter Herbert Kickl eine entscheidende Trumpfkarte ausspielt
      • Trotz des Wahlsiegs der FPÖ zeigen Umfragen, dass die Mehrheit der Wähler die ÖVP und SPÖ in der Regierung bevorzugen, was die Koalitionsverhandlungen besonders spannend macht
      red
      Akt.