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Vertuschte Kreisky eine Sailer-Vergewaltigung?

1974 wurde die österreichische Ski-Legende Toni Sailer in Polen einer Vergewaltigung bezichtigt. Es gab keine Anklage, keinen Prozess.

Heute Redaktion
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Fast 44 Jahre sind vergangen seit eine Anschuldigung der polnischen Justiz den österreichischen Ski-Sport und seine Fans erschütterte. Toni Sailer, ehemaliger österreichischer Ski-Star und Schauspieler, soll in Zakopane eine junge Frau vergewaltigt haben. Sailer war zu diesem Zeitpunkt in seiner Funktion als ÖSV-Alpindirektor in Polen. Toni Sailer wurde festgenommen und sein Reisepass abgenommen.

2017, mehr als vier Jahrzehnte nach dem Vorfall, rollt eine Recherche-Gemeinschaft österreichischer Journalisten den Fall nun neu auf. Das Ergebnis: Neue Erkenntnisse kamen dabei nicht wirklich ans Tageslicht. Dafür rückte ein fast in Vergessenheit geratener Kriminalfall um eine österreichische Sport-Ikone wieder in den Fokus der heimischen Medienlandschaft.

Causa Sailer neu aufgerollt

"Der Standard", "Dossier" und "Ö1" recherchierten gemeinsam in der Causa Sailer. Am Mittwoch präsentierten die Medien jeweils die Ergebnisse ihrer Nachforschungen. "Der Standard" druckte den "Akt Sailer" auf seine Titelseite, veröffentlichte die Story auch online. Im Wesentlichen geht es um den erstmals veröffentlichten Akt des österreichischen Justizministeriums. Das Blatt schreibt über die Rolle der damaligen Regierung, die in Polen für Sailer interveniert habe. Auch der damalige österreichische Regierungschef Bruno Kreisky habe dazu beigetragen, dass die polnische Staatsanwaltschaft im Dezember 1974 das Verfahren "aus Rücksicht auf Mangel an gesellschaftlichem Interesse" eingestellt habe.

Aus dem Vorwurf von "Notzucht" wurde "Körperverletzung". Die Herabstufung habe keine weitere Verfolgung von Amts wegen mehr gerechtfertigt. Das Opfer, eine 28-jährigen Frau, hätte eine Privatanklage einbringen können. Das sei aber nie geschehen. Österreichs Regierung habe also erfolgreich interveniert. Das Ansehen der Ski-Ikone wurde gewahrt.

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Nach der Veröffentlichung der Nachforschungen musste sich der "Standard" Kritik gefallen lassen. Der "Kurier" reagierte mit einem Bericht, in dem klar gestellt wurde, dass die Erkenntnisse nicht wirklich neu seien. Schon 1975 sei in einer Kolumne der Zeitung auf Kreiskys Rolle in der Causa Sailer hingewiesen worden. Der "Kurier" zitierte Sailer. Er habe damals gesagt: "Ich bin schuldlos."

Der Zeitpunkt der neuerlichen Berichterstattung ist nicht zufällig gewählt. Seit sich Nicola Werdenigg mit ihren Schilderungen von Gewalt im Ski-Sport an die Öffentlichkeit gewagt hat, häufen sich Berichte über sexuelle Übergriffe im Umfeld des ÖSV.

Das Leben des Toni Sailer



Anton Engelbert "Toni" Sailer verstarb am 24. August 2009 in Innsbruck an einem Gehirntumor. Zu Lebzeiten war er eine der prägendsten Figuren der heimischen Sportszene. Drei Mal Olympisches Gold und sieben Weltmeister-Titel machten ihn zu einer österreichischen Ski-Legende.

Sailer war ein Tausendsassa. Er besuchte eine Berliner Schauspielschule, spielte anschließend in zahlreichen Filmen mit. Ende der 60er-Jahre war er im Motorsport aktiv, fuhr Rennen mit Formel-V-Fahrzeugen. Zwischen 1972 und 1976 war er Cheftrainer und technischer Direktor des ÖSV. In dieser Zeit ereignete sich die angebliche Vergewaltigung. Die neu aufgerollte Recherche in dieser Causa konnte auch knapp 44 Jahre danach keine Aufklärung bringen. (Heute Sport)