Keine Hilfe

Vater verzweifelt: Frau und Töchter in Psychiatrie

Seine Frau und beide Kinder sind psychisch krank: Alex F. erzählt, mit welchen Problemen Angehörige und Betroffene zu kämpfen haben. 

Christine Ziechert
Vater verzweifelt: Frau und Töchter in Psychiatrie
Alex F. kämpfte für seine Frau und seine Töchter an vielen Fronten (Symbolbild).
Getty Images/iStockphoto

Seit elf Jahren muss Alex F. (49) besonders stark sein – für seine Frau, seine beiden Töchter und sich selbst. Bei seiner Frau Isabella und seiner älteren Tochter Anna (21) wurden eine Bipolare Störung, bei seiner jüngeren Tochter Ella (17, alle Namen geändert) eine Borderline-Störung und Bulimie diagnostiziert. Sein Fazit: "Wir sind von vielen enttäuscht worden. Im Grunde stehst du allein da."

Die Leidensgeschichte der Familie begann 2012: "Damals hatte Isabella einen Zusammenbruch, sie erhielt die Diagnose Bipolare Störung. Ich hatte davor noch nie mit psychischen Erkrankungen zu tun gehabt, bin dadurch ins kalte Wasser gestoßen worden. Aber ich habe meine Frau unterstützt und wollte unbedingt für die Kinder da sein", erinnert sich der 49-Jährige im Gespräch mit "Heute".

In der Schule hatte Anna manische Phasen, doch dann ist sie sehr tief abgestürzt. Sie hatte sogar Selbstmord-Gedanken
Alex F.
Vater

Die Wienerin wurde in die Psychiatrie des Otto-Wagner-Spitals (jetzt Klinik Penzing) eingeliefert: "Das war dort die pure Katastrophe, schlimmer als in einem Horrorfilm. Ich konnte sie dort rausholen, sie wurde dann ins AKH verlegt", erzählt Alex F. Nach etwa einem Jahr war Isabella medikamentös gut eingestellt, kehrte wieder in die Familie zurück: "2014 war dann ein super Jahr für uns."

Doch das war nur die Ruhe vor dem Sturm: Vor rund fünf Jahren wurde Anna in der Schule – einer HLW in Niederösterreich – psychisch auffällig: "Bei ihr wurde ebenfalls eine Bipolare Störung festgestellt. In der Schule hatte sie manische Phasen, doch dann ist sie sehr tief abgestürzt. Sie hatte sogar Selbstmord-Gedanken", berichtet der gelernte Elektrotechniker.

Schule drängte auf eine Abmeldung

Nach einem Aufenthalt in der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Rosenhügel (Hietzing) ging es der Jugendlichen besser – aber: "Die Schule ist leider nicht hinter uns gestanden. Sie wollten Anna weghaben und haben auf eine Abmeldung gedrängt. Die Schulärztin hat dann zu uns gemeint: 'Halten's noch ein bissl durch, die Direktorin geht bald in Pension.' Anna hat dann die Klasse wiederholt und schließlich die Matura mit gutem Erfolg abgeschlossen", erklärt Alex F.

Weniger "Glück" hatte die jüngere Tochter Ella (17): Nachdem sie das erste Jahr an ihrer Traumschule – eine Höhere Bundeslehranstalt in Ottakring – erfolgreich absolviert hatte, fingen die Probleme an: "Sie wurde depressiv und entwickelte eine Essstörung. Sie war eine Zeit lang krankgeschrieben, dann kam sie schließlich in die Psychiatrie am Rosenhügel", erläutert ihr Vater.

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    Sabine Hertel
    Aufgrund eines tragischen Ereignisses ist Ella in ein ganz tiefes Loch gefallen. Es war überhaupt nicht daran zu denken, dass sie in die Schule zurückkehrt
    Alex F.
    Vater

    Nachdem Ella im November 2022 entlassen wurde, erfuhr sie von einem tragischen Ereignis aus ihrem nahen Umfeld: "Dadurch ist sie in ein ganz tiefes Loch gefallen, die Psychiaterin hat die Medikation hochgefahren. Es war überhaupt nicht daran zu denken, dass sie in die Schule zurückkehrt", erinnert sich Alex F.

    Um Ella den Einstieg in den (Schul-)Alltag zu erleichtern, recherchierte er im Internet und stieß auf das Programm "WUK CoachingPlus" für Jugendliche mit psychischer Beeinträchtigung: "Um daran teilzunehmen, darf man aber nicht schon an einer anderen Schule angemeldet sein. Ich schrieb daher der Direktion von Ellas Schule, ob wir sie abmelden können und danach garantiert wieder einen Schulplatz für sie erhalten würden. Aber ich bin damit auf taube Ohren gestoßen. Es hieß nur: 'Wenn es Ellas Gesundheit förderlich ist, kann ich sie jederzeit abmelden", so der 49-Jährige.

    Monatelange Suche nach Kassen-Therapieplatz

    Nachdem Mitschüler/Innen der Jugendlichen vor dem heurigen Schulstart zu verstehen gaben, dass sie "nicht mehr erwünscht ist", schaffte es Ella nicht, die Schule zu besuchen. Sie wurde daher von der Direktion abgemeldet. Neben all diesen Schul-Problemen kam für Alex F. auch noch ein Ärzte-Marathon dazu: "Als Ella noch krankgeschrieben war, mussten wir alle drei Wochen eine neue Arzt-Bestätigung holen, dass sie nicht in der Lage ist, die Schule zu besuchen. Dazu kam die monatelange Suche nach einem Kassen-Therapieplatz. Bisher haben wir die Kosten für die Therapien immer selbst gestemmt, aber irgendwann geht es nicht mehr."

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      Die App bietet in Summe 59 Einheiten aus unterschiedlichen Bereichen und enthält Videos, Informationselemente, Quizze und Übungen.
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      edupression

      Alex F. wandte sich an sämtliche Vereine, die Kassen-Plätze anbieten, an die Krankenkassa selbst sowie an alle Parteien: Über die Vermittlung eines Grünen Nationalratsabgeordneten konnte schließlich ein Therapieplatz für Ella gefunden werden: "Sie kämpft sich jetzt wieder zurück ins Leben und arbeitet sehr brav an sich. Aber wir haben noch einen langen Weg vor uns. Alle ihre Freunde haben sich abgewendet, was es ihr auch sehr schwer macht", so der Wiener.

      Jugendliche bekommen nur augenscheinlich Hilfe. Die Politik muss endlich Geld in die Hand nehmen!
      Alex F.
      Vater

      "Was erschwerend für Betroffene dazu kommt ist, dass man von Freunden, Verwandten und der Gesellschaft nach einer gewissen Zeit isoliert lebt. Keiner will mehr Kontakt haben. Sogar die Schule – das haben wir bei beiden Töchtern erlebt – möchte das Kapitel nach anfänglichem Verständnis und Anteilnahme abschließen. Wir mussten viele Schwierigkeiten überwinden, ganz ohne Unterstützung", zieht Alex F. eine ernüchternde Bilanz.

      Wie viele andere betroffene Eltern fordert der 49-Jährige Taten von den politisch Verantwortlichen: "Jugendliche bekommen nur augenscheinlich Hilfe. Die Kassen-Psychotherapeuten sind überlastet, bei Spitälern wie der Kinder- und Jugenpsychiatrie am Rosenhügel wird eingespart. Die Politik muss endlich Geld in die Hand nehmen, um Institute, Psychologen und Psychiater zu unterstützen. Schließlich geht es um die psychische Gesundheit unserer Jugend!", ist Alex F. überzeugt.

      cz
      Akt.