Attentat in Solingen

Vater des Täters: "Unmöglich, dass er so etwas tut"

In einem Interview äußert die Familie des mutmaßlichen Attentäters von Solingen ihren Unglauben über die Anschuldigung gegen Issa al H.

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Vater des Täters: "Unmöglich, dass er so etwas tut"
In Solingen soll der 26-jährige Syrer Issa al H. drei Menschen bei einer Messerattacke getötet haben. DNA auf der gefundenen Tatwaffe überführt ihn.
Uli Deck/dpa

Das deutsche Nachrichtenmagazin "Spiegel" reiste nach Damaskus in Syrien, um die Familie des mutmaßlichen Attentäters von Solingen zu treffen. Vater Chalaf al H., seine Frau und zwei Schwestern von Issa al H. leben in einem der ärmlichsten Viertel der Stadt. Das Gespräch mit ihnen gibt tiefe Einblicke in das Leben und die Gedanken der Angehörigen.

Die Familie, ursprünglich aus der Gegend um Deir al-Sor, musste in den letzten Jahren aufgrund des Krieges mehrfach fliehen. Die Lebensumstände der al Hs. sind prekär: Vier Personen teilen sich einen Raum, und der Vater, ein pensionierter Militär, erhält eine kleine Rente, während die Mutter als Brotverkäuferin ein wenig dazuverdient. Zwei Söhne, die in der Türkei arbeiten, schicken gelegentlich Geld.

Issa al H. war kein religiöser Mensch

Schwester Fatima und Vater Chalaf äußerten im Gespräch ihre tiefe Bestürzung und ihren Unglauben darüber, dass der 26 Jahre alte Issa, den sie auf den Fotos eindeutig wiedererkannten, in den Anschlag verwickelt sein soll. "Ich habe gebetet, dass es ein Missverständnis ist. Wir sind vor all diesen Problemen, der Gewalt geflohen. Ich denke, unser Sohn könnte so etwas nicht tun", sagte Chalaf.

Fatima betonte, dass Issa immer ein fröhlicher, geselliger Mensch gewesen sie, der weder besonders religiös noch in irgendwelche extremistischen Gruppen involviert gewesen sei. "Als er noch hier war, haben wir ihm immer gesagt, er solle aufstehen und beten. Er sagte: 'Okay' – aber er tat es nicht. Er betete einmal am Tag und fastete nicht. Er sagte immer: 'Ich kann das Fasten nicht ertragen. Ich kann nicht den ganzen Monat Ramadan fasten; ich werde schwach, und mir wird schwindlig'", erinnerte sich die Schwester.

Zwei Jahre in der Türkei

Der Vater kann nicht glauben, dass sein Sohn zu einer solchen Tat fähig ist und vermutet, dass Issa möglicherweise unter dem Einfluss von jemandem oder etwas gestanden haben könnte. "Es ist unmöglich, dass mein Sohn so etwas tun könnte. Ich habe ihn mit meinen eigenen Händen aufgezogen."

Fatima beschrieb, dass Issa, bevor er nach Deutschland ging, zwei Jahre in der Türkei gelebt habe, nachdem die Familie mehrfach vor den Kämpfern der Terrormiliz Islamischer Staat geflohen sei. "Mein Vater hatte Angst um ihn wegen der maskierten Männer", sagte Fatima. Chalaf al H. wusste, dass der IS "junge Männer zwangsweise rekrutierte", ihr Bruder sei damals noch ein Teenager gewesen.

In Deutschland heiraten und sich eine Zukunft sichern

Weil in der Türkei die Gefahr bestand, dass Issa al H. wieder nach Syrien abschoben wird, entschied sich der junge Mann, weiter nach Deutschland zu reisen. "Der Plan war, dass er sich niederlässt, heiratet und seine Zukunft sichert. Wir dachten, Deutschland sei ein guter Ort, weit weg, und von dort werden keine Menschen abgeschoben."

Könnte Issa al H. sich aber dann doch in Deutschland dem IS angeschlossen haben? "Diese Leute haben unser Land zerstört und unsere Kinder vertrieben. Es ist unmöglich, dass unser Issa bei ihnen ist. Er hat ein gutes Herz. Er wäre nicht bei klarem Verstand, er wäre nicht zurechnungsfähig. Wir stehen alle noch unter Schock und sind fassungslos. Wir beten, dass er nicht derjenige ist, der es getan hat", so der Vater.

Auf die Frage, was er seinem Sohn sagen würde, wenn er ihn sprechen könnte, antwortet Chalaf al H., dass er ihn nur fragen würde, warum er das getan habe. Trotz der schweren Vorwürfe halten die Eltern an der Überzeugung fest, dass ihr Sohn unschuldig ist.

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Familie des mutmaßlichen Attentäters von Solingen, Issa al H., äußert in einem Interview ihren Unglauben und ihre Bestürzung über die Anschuldigungen gegen ihn
    • Sie betonen, dass Issa kein religiöser Mensch war und vermuten, dass er möglicherweise unter fremdem Einfluss gehandelt haben könnte, während sie weiterhin an seine Unschuld glauben
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