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US-Justiz-Ikone Ruth Bader Ginsburg ist tot

Die älteste Richterin am Supreme Court, Ruth Bader Ginsburg, ist am Freitag gestorben. Sie galt als Vorreiterin für Frauen- und Bürgerrechte.

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Menschen versammelten sich, um den Tod der Richterin des Obersten Gerichtshofes Ruth Bader Ginsburg auf den Stufen vor dem Obersten Gerichtshof zu betrauern
Menschen versammelten sich, um den Tod der Richterin des Obersten Gerichtshofes Ruth Bader Ginsburg auf den Stufen vor dem Obersten Gerichtshof zu betrauern
Credit TASOS KATOPODIS / AFP Getty / picturedesk.com

Die US-amerikanische Justiz-Ikone Ruth Bader Ginsburg ist tot. Die älteste Richterin am höchsten Gericht der Vereinigten Staaten, dem Supreme Court, starb am Freitag im Alter von 87 Jahren an den Folgen einer Bauchspeichelkrebserkrankung, wie das Gericht in Washington mitteilte. "Unsere Nation hat eine Juristin von historischer Statur verloren", hieß es in einer Erklärung des Obersten Richters John Roberts. Auch zukünftige Generationen würden sie als "eine unermüdliche und entschlossene Verfechterin der Gerechtigkeit" in Erinnerung behalten. Ginsburg starb demnach im Kreis ihrer Familie.

Der Supreme Court spielt eine prägende Rolle für Gesellschaft und Politik in den USA. Das Gericht verhandelt hoch umstrittene Themen wie Abtreibung, Waffenrecht, Gleichberechtigung und Einwanderung. Nicht selten haben die neun Richter das letzte Wort in Auseinandersetzungen um weichenstellende Gesetze und Verfügungen. Die gefällten Entscheidungen sind häufig von landesweiter Bedeutung und prägen die Auslegung von Gesetzen an unteren Gerichten über Jahre, teils Jahrzehnte.

Ginsburg übte ihr Amt an dem hochpolitischen Gericht bis zuletzt aus und galt als prominenteste Vertreterin des liberalen Flügels. Sie war in diesem Jahr mehrfach kurzzeitig im Krankenhaus behandelt worden.

"Unsere Nation hat eine Juristin von historischer Statur verloren": Ruth Bader Ginsburg ist tot.
"Unsere Nation hat eine Juristin von historischer Statur verloren": Ruth Bader Ginsburg ist tot.
Keystone

Trump soll vor Präsidentschaftswahl über Nachfolge entscheiden

Die republikanische Mehrheit im US-Senat will ungeachtet der nahenden Präsidentenwahl über die Nachfolge von Ruth Bader Ginsburg am Obersten Gericht abstimmen. Das kündigte Mehrheitsführer Mitch McConnell wenige Stunden nach der Bekanntgabe ihres Todes an. "Der von Präsident Trump nominierte Kandidat wird eine Abstimmung im Senat der Vereinigten Staaten bekommen", so McConnell. Angesichts der herausragenden Bedeutung der Richterposten am Supreme Court für grundsätzliche Weichenstellungen in der US-Gesellschaft dürfte diese Position eine heftige politische Kontroverse auslösen.

US-Präsident Donald Trump hatte bereits im August angekündigt, dass er versuchen werde, eine möglicherweise freiwerdende Position im Supreme Court selbst in den letzten Monaten seiner aktuellen Amtszeit nachzubesetzen. In einer ersten Reaktion nach einem Wahlkampfauftritt in Minnesota am Freitag sagte er nichts dazu. Er würdigte lediglich Ginsburg als "erstaunliche Frau, die ein erstaunliches Leben gelebt hat".

Später bezeichnete er sie auf Twitter als "Titanin des Rechts". Mit ihren Urteilen unter anderem zur Gleichberechtigung von Frauen und Menschen mit Behinderungen habe sie "alle Amerikaner und Generationen großartiger juristischer Denker inspiriert", erklärte Trump.

Demokraten wollen Wahlen abwarten

Im Jahr 2016 hatten die Republikaner unter Mitch McConnells Führung einen vom damaligen demokratischen Präsidenten Barack Obama nominierten Supreme-Court-Kandidaten im Senat blockiert – auch unter Hinweis auf die anstehende Präsidentenwahl.

Mit Blick auf die damalige Vorgehensweise rief nun der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, die Republikaner auf, erst unter dem nächsten Präsidenten über die Nachbesetzung zu entscheiden. Er wiederholte dabei exakt McConnells Worte von 2016.

Auch der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat dazu aufgerufen, in der aktuellen Amtszeit von Präsident Donald Trump keinen Nachfolger am Obersten Gericht der USA zu ernennen. "Ohne Zweifel sollten die Wähler den Präsidenten aussuchen, und der Präsident sollte den Richter dem Senat vorschlagen", sagte Biden am Freitag über die Reihenfolge der zu treffenden Entscheidungen. Das sei die Position, die der Senat einnehmen müsse.

Biden sagte, Ginsburg habe "als Richterin die höchsten amerikanischen Ideale" verkörpert. Er würdigte auch ihren bedeutenden Einsatz für die Gleichberechtigung der Frauen in Amerika. "Sie war eine Stimme für Freiheit" und habe unnachgiebig für Bürgerrechte gekämpft, sagte Biden.

Vorreiterin für Frauen- und Bürgerrechte

Ginsburg wurde 1993 vom damaligen demokratischen Präsidenten Bill Clinton für den Supreme Court nominiert – und wurde zur wohl bekanntesten Richterin. Die damals 60-Jährige war die zweite Frau überhaupt an dem Gericht. Auch in ihrer Studienzeit war sie eine der wenigen Frauen in einer Männerdomäne.

Einen Namen machte sich Ginsburg mit ihrer scharfen Argumentationsweise. Bekannt war sie auch als Vorreiterin für Frauen- und Bürgerrechte. Ihr Leben und Wirken ist Gegenstand mehrerer Filme und Bücher. Viele Liberale feiern sie als Ikone. Ihr Gesicht findet sich auf Souvenirs und als Graffiti an Hausfassaden.

Ginsburg hatte sich im August 2019 wegen eines bösartigen Tumors in der Bauchspeicheldrüse einer Strahlentherapie unterziehen müssen. Bereits im Jahr davor war sie an der Lunge operiert worden, nachdem Ärzte zwei bösartige Knoten gefunden hatten. Nach mehreren Krankenhausaufenthalten teilte sie im Juli 2020 mit, dass sie erneut an Krebs erkrankt sei und sich einer Chemotherapie unterziehe. Konsequenzen für ihren Posten am Supreme Court zog sie nicht: "Ich habe oft gesagt, dass ich Mitglied des Gerichts bleiben werde, so lange ich die Arbeit mit voller Kraft erledigen kann", hatte sie bei Bekanntgabe der Erkrankung erklärt.

Ginsburg selbst wollte einem Bericht zufolge, dass ihre freiwerdende Richterstelle am höchsten US-Gericht erst in der nächsten Präsidenten-Amtszeit besetzt wird. "Mein inbrünstigster Wunsch ist, dass ich nicht ersetzt werde, bis ein neuer Präsident im Amt ist", habe Ginsburg wenige Tage vor ihrem Tod gesagt, berichtete der Rundfunksender "NPR" unter Berufung auf ihre Enkelin Clara Spera.

Konservatives Übergewicht

Die Besetzung eines Richterpostens am Supreme Court ist ein großes Politikum. Mit der Ernennung kann der Präsident die Linie des obersten Gerichts mit seinen neun Richterstellen auf viele Jahre hinaus beeinflussen, denn die Richter werden auf Lebenszeit gewählt. Schon jetzt hat das oberste Gericht ein konservatives Übergewicht. Mit dem Tod Ginsburgs könnte sich dieses womöglich für lange Zeit festigen.

Derzeit gelten fünf Richter als konservativ, nach Ginsburgs Tod verbleiben noch drei im liberalen Block. Trump ernannte während seiner Amtszeit Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh. Die Berufung Kavanaughs war wegen Vorwürfen sexueller Übergriffe in den 1980er Jahren heftig umstritten.

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