Brasilien

Ureinwohner kriegen Internet – Jugend wird pornosüchtig

Seit neun Monaten hat der Marubo-Stamm in Brasilien verändert: Viele Mitglieder sind nun süchtig nach sozialen Medien und Pornos.

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Ureinwohner kriegen Internet – Jugend wird pornosüchtig
Im Amazonas-Reservat Vale do Javeri in Brasilien leben die Marubos und sieben weitere Stämme (Archivfoto).
Gary Calton / Eyevine / picturedesk.com

Ein abgelegener Stamm im Amazonasgebiet in Brasilien hat dank Elon Musks Unternehmen  endlich einen Internetanschluss. Doch ein Segen scheint das nicht zu sein: Die Hälfte der Stammesmitglieder sei nun süchtig nach Social-Media- und Pornos, klagt die andere Hälfte. Die Gesellschaft sei tief gespalten.

Im September vergangenen Jahres begann es: In der Gemeinde des Marubo-Stammes mit 2.000 Einwohnern wurde der Starlink-Dienst des Tesla-Gründers eingeführt. Damit bekamen die Indigene zum ersten Mal eine Internetverbindung. "Als es begann, waren alle glücklich", sagte die 73-jährige Tsainama Marubo zur "New York Times". "Aber jetzt ist alles schlimmer geworden. Junge Leute sind durch das Internet faul geworden, sie lernen die Lebensweise der Weissen."

Jeder ist dabei so vertieft, dass er manchmal nicht einmal mit seiner eigenen Familie spricht.
Stammmitglied Alfredo Marubo

Ältere Stammesmitglieder machen sich Sorgen

Normalerweise lebten die Marubo keusch, sogar Küssen in der Öffentlichkeit wurde kritisiert – aber jetzt, nach der Einführung des superschnellen Internetdienstes, stünden sämtliche Anstandsregeln auf dem Kopf, meint Alfredo Marubo (Anm. d. Redaktion: Alle Mitglieder des Stammes tragen den Familiennamen Marubo): Viele junge Marubo-Männer teilten sich in Gruppenchats Pornovideos, bei einigen von ihnen habe er sogar bereits "aggressiveres Sexualverhalten" beobachtet.

"Wir machen uns Sorgen, dass junge Leute es ausprobieren wollen", sagte er über die perversen Sexakte, die sie nun auf den Bildschirmen haben. Außerdem: "Jeder ist dabei so vertieft, dass er manchmal nicht einmal mit seiner eigenen Familie spricht."

Opfer von Fake News und Betrügereien

Der New Yorker Journalist Jack Nicas besuchte den Marubo-Stamm kürzlich. Er kann die Beschwerden der älteren Menschen bestätigen: Die Indigenen lebten eine "neue Lebensweise", viele sitzen stundenlang "gebeugt über ihre Telefone, tippen, schicken Sprachnachrichten und sehen sich Videoclips an".

Zwei Marubo-Kinder im Reservat im Javari-Tal. Viehzucht und Goldminenschiffe gefährden den Lebensraum der Indigenen.
Zwei Marubo-Kinder im Reservat im Javari-Tal. Viehzucht und Goldminenschiffe gefährden den Lebensraum der Indigenen.
Gary Calton / Eyevine / picturedesk.com

"Ich sah zwei Buben, die einfach ein Video nach dem anderen von Neymar Junior schauten", so Nicas. Andere werden mit "Fake News gefüttert", fielen auf Betrügereien herein, konsumierten Pornos oder seien nach sozialen Netzwerken und gewalttätigen Videospielen süchtig.

Internet wird tagsüber abgestellt

Obwohl das Internet viele Vorteile gebracht habe, wie etwa die Kommunikation bei einem medizinischen Notfall oder der Austausch mit anderen Dörfern, sei das Internet für die meisten auch eine Falle.

Es störe zudem die Jagd und die Landwirtschaft, die für Lebensstil des Stammes notwendig sei, meint Nicas. Mittlerweile mussten die Marubo ein paar Regeln einführen: So gibt es jetzt Internet "nur noch mehrere Stunden morgens und mehrere Stunden abends und dann den ganzen Sonntag über".

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