Wien
"Kunden verkaufen uns schon ihre Goldzähne im Geschäft"
Das Wiener Traditionsgeschäft "Kirsch Antiquitäten" geriet zuletzt ins Strudeln. Doch auch die Kunden leiden unter Corona und verkaufen Edelmetalle.
Das schmucke Geschäft für Gold, Antikes und alte Möbel in der Wiener Innenstadt besteht seit 1849. "Bei uns kauften schon Waldheim und Kirchschläger, wir sind älter als das Sacher", erzählt die 81-jährige Inhaberin Helga Juliana Mejouscheg stolz. Doch jetzt droht das Aus: Denn Lockdowns und das geringe Geschäft hinterließen Spuren. "So eine Krise wie Corona aber haben wir in unserer 172-jährigen Geschichte noch nie erlebt", legt sich Geschäftsführer und Sohn Wolfgang fest. Aufgeben will der Junior noch nicht: Schon im November sorgte er mit einer kreativer Drive-in Idee für Aufsehen.
"Politik ist für Unternehmersterben verantwortlich"
Nun aber wird es ernst: Die Corona-Hilfen kommen verspätet und decken nur die Miete ab – zum (Über)Leben bleibt am Monatsende nichts – die Familie muss an ihr Erspartes. "Für Corona kann wirklich niemand was, aber fürs Sterben der Unternehmer ist direkt die Politik verantwortlich", poltert Ronny Walter. Der Präsident der freiheitlichen Wirtschaft und WKO-Handelsfunktionär fordert praxisorientierte Lösungen und warnt: "Ohne ihre Gewinne droht den Händlern der Privatkonkurs." Schon die SVA-Beiträge, die bald fällig werden, könnten für viele nicht mehr zu bezahlen sein, befürchtet er.
"Kunden verkaufen ihr Zahngold"
Doch auch die Kundschaft steckt im finanziellen Fiasko. "Wir kaufen ja auch Wertgegenstände und die Leute bringen uns schon ihre Goldzähne ins Geschäft", berichtet Mejouscheg. Ihr 43-jähriger Sohn, selbst Kunsthandwerker und Tischler soll der gelernten Tapeziererin bald nachfolgen, wie sie schon ihrem Vater und der seinem nachfolgte. Doch er sorgt sich um die Zukunft: "Wenn es so weiter geht – gehen wir ein."