22 Jahre Kampf um Rente
Unfall mit schweren Folgen: Wiener muss von 900 € leben
Jozo J. (58) hatte 2002 unverschuldet am Weg zur Arbeit einen schweren Autounfall. Seitdem kämpft er um eine AUVA-Versehrtenrente.
Chronische Schmerzen, keine Kraft in der rechten Hand und im Arm, Nebel vor den Augen, Tinnitus, Schlafprobleme und eingeschränkte Beweglichkeit der Schulter: Ein Autounfall am 31. Juli 2002 hat für Jozo J. (58) bis heute schwere Folgen.
"Wir waren am Weg zur Arbeit, ich saß am Beifahrersitz. Obwohl wir die Rechtskommenden waren, hat uns ein anderer Autofahrer abgeschossen", erinnert sich der gebürtige Kroate, der seit 1992 in Wien lebt.
Winzige Glassplitter in Arm, Kiefer und Kopf
Das Auto wurde einige Meter weit geschleudert, erst ein Müllcontainer brachte das Fahrzeug zum Stehen, bohrte sich sogar teilweise durch das Autodach: "Das Beifahrerfenster zersprang in 1.000 Stücke, die winzigen Glassplitter bohrten sich in meinen rechten Arm, den Kiefer und den Kopf", erzählt der 58-Jährige.
Einige Glassplitter wurden dem Lagerarbeiter in mehreren Eingriffen entfernt, manche stecken aber noch immer in seinem Körper: "Die Splitter haben leider einen wichtigen Nerv (Nervus ulnaris, Anm.) beschädigt, seitdem habe ich große Probleme. Wenn ich mit der Hand arbeite, schwillt sie an, bei Anstrengung habe ich generell keine Kraft mehr im Arm. Dann fällt mir schon mal ein Glas hinunter", berichtet Jozo J.
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AUVA wies Antrag auf Versehrtenrente ab
Nach einem sechswöchigen Krankenstand kehrte er wieder an seinen Arbeitsplatz in einer Spedition zurück, doch Schmerzen und die eingeschränkte Beweglichkeit (von der Schulter bis in die Finger) und fehlende Kraft machten das Arbeiten beinahe unmöglich – 2006 wurde Jozo J. gekündigt.
Bei einem (privaten) Arztbesuch erklärte ihm der Mediziner, dass er Anspruch auf eine Versehrtenrente und Schmerzengeld hätte. Jozo J. reichte daher 2004 erstmals einen Antrag bei der AUVA ein – dieser wurde jedoch abgelehnt. Eine Klage am Wiener Arbeits- und Sozialgericht wurde zudem abgewiesen.
„Ich habe Befunde von Fachärzten, die mir eine verminderte Nervenleitgeschwindigkeit und eine dauernde Schädigung des Nervus ulnaris bestätigen“
2007 stellte Jozo J. erneut einen Antrag auf Versehrtenrente, dieser wurde ebenfalls abgewiesen. Die Causa ging vor Gericht, Sachverständigen-Gutachten bescheinigten ihm eine 10 %-ige Minderung der Erwerbsfähigkeit – für den Bezug einer Versehrtenrente sind allerdings 20 % notwendig. 2014 probierte es der Wiener noch ein drittes Mal – wieder ohne Erfolg.
"Ich habe Befunde von Fachärzten, die mir eine verminderte Nervenleitgeschwindigkeit und eine dauernde Schädigung des Nervus ulnaris bestätigen. Diese Befunde wurden aber zu den Verhandlungen nicht zugelassen. Die Gerichts-Gutachter kamen zu einem anderen Ergebnis, daher wurden die Klagen immer abgewiesen", meint Jozo J.
Für AMS nicht vermittelbar
Aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit geriet er zudem in finanzielle Schwierigkeiten, die Familie verlor die Wohnung in Wien: "2008 musste ich meine Frau und meine Kinder nach Kroatien zurückschicken. Mich hat zum Glück eine Tante in Wien aufgenommen." 2016 kamen Frau und Kinder wieder zurück – mithilfe von Verwandten und einer Gemeindewohnung schaffte es die Familie trotz schwerer Krankheit von Jozo J.'s Frau, durchzukommen.
Der 58-Jährige ist zwar beim AMS gemeldet und musste bereits mehrere Kurse absolvieren, ist aber (laut AMS) nicht vermittelbar: "Ich bekomme Notstandshilfe und lebe von rund 900 Euro im Monat. Ich fühle mich herumgeschubst und weiß nicht mehr weiter. Für das AMS bin ich nicht vermittelbar, aber die AUVA lehnt eine Rente ab", ist der 58-Jährige verzweifelt. Trotzdem will er nicht aufgeben und nötigenfalls erneut einen Antrag auf Versehrtenrente stellen.
Keine Versehrtenrente für Jozo J.
Auf "Heute"-Nachfrage heißt es zum Fall von Jozo J. seitens der AUVA: "Der Versicherte hatte am 31. Juli 2002 einen Arbeits(Weg)unfall; aus den Verletzungen ergab sich keine berentungsfähige Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Die AUVA hat den Antrag auf Gewährung einer Versehrtenrente daher mit Bescheid vom 12. Mai 2004 abgewiesen. Die gegen den Bescheid erhobene Klage wurde abgewiesen und die Entscheidung der AUVA damit bestätigt."
2007 beantragte Jozo J. eine Neufeststellung der Rente aufgrund von Verschlechterungen der Unfallfolgen: "Die AUVA hat dies mit Bescheid vom 12. Februar 2008 abgelehnt, weil eine Verschlechterung nicht vorlag. Auch diese Entscheidung wurde vor dem Sozialgericht bekämpft, die AUVA bekam allerdings auch in diesem Fall recht."
Neue Untersuchung durchgeführt
Seitens der AUVA werde der unfallkausale Zustand beurteilt: "Dieser entspricht – gerichtlich bestätigt – einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 %. Aus Sicht der AUVA ist daher wesentlich, dass unfallkausal keine berentungsfähige Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt", heißt es abschließend. Nach der "Heute"-Anfrage erhielt Jozo J. allerdings von der AUVA einen Neuantrag zugeschickt, zudem wurde er vor kurzem zu einer medizinischen Untersuchung geladen. Das Ergebnis wird der 58-Jährige in den kommenden Wochen erhalten.
Auf den Punkt gebracht
- Jozo kämpft seit 20 Jahren um eine Versehrtenrente aufgrund eines Autounfalls, der zu chronischen Schmerzen, eingeschränkter Beweglichkeit und anderen gesundheitlichen Problemen geführt hat
- Trotz mehrerer abgelehnter Anträge und finanzieller Schwierigkeiten gibt er nicht auf und plant, erneut einen Antrag zu stellen
- Die AUVA bestätigt jedoch, dass laut ihrer Beurteilung keine berentungsfähige Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliegt