Ukraine
"Ukrainische Gegenoffensive ist kein Hollywood-Film"
Wolodimir Selenski sieht Fortschritte bei der Gegenoffensive seiner Streitkräfte. Gleichzeitig bemängelt er die Erwartungshaltung westlicher Experten.
"Die ukrainischen Streitkräfte bewegen sich vorwärts. Trotz allem und ungeachtet dessen, was alle sagen, kommen wir voran, und das ist das Wichtigste. Wir sind in Bewegung", teilte Selenski am Samstag bei Telegram mit. Die Ukraine hatte zuletzt immer wieder kritisiert, dass westliche Experten von einem schleppenden Fortgang der Offensive ohne die erwarteten Durchbrüche an der Frontlinie sprachen. Auch Selenski hatte erklärt, die Offensive sei kein Hollywood-Film.
Er sei stolz auf den Mut und die Treffsicherheit der ukrainischen Schützen, teilte Selenski auch bei X (vormals Twitter) mit. Er veröffentlichte dazu Fotos von Explosionen bei den Einsätzen im Kriegsgebiet. Er sei den Soldaten der 47. Artilleriebrigade dankbar für die wirksame Verteidigung "unseres Landes" in den Gebieten Saporischschja, Donezk und Sumy und für "ihre Stärke in unseren nördlichen Regionen".
Die Ukraine verteidigt sich mit westlicher Hilfe seit mehr als anderthalb Jahren gegen die russische Invasion, die Kremlchef Wladimir Putin am 24. Februar 2022 begonnen hatte. Bei einer seit Wochen laufenden Gegenoffensive wollen die Streitkräfte die teils von russischen Truppen besetzten Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson komplett befreien. Auch die schon 2014 völkerrechtswidrig annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim will sich Kiew bei der Offensive zurückholen.
Zwei Schiffe passieren Getreidekorridor trotz Blockade
Trotz der russischen Seeblockade haben nach Angaben Selenskis zwei weitere Frachtschiffe den von Kiew eingerichteten Getreidekorridor passiert. "Die Ukraine stellt die Freiheit der Seefahrt im Schwarzen Meer wieder her", teilte er am Samstagabend auf X mit. Nach dem Ausstieg Russlands aus dem Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer versucht Kiew, den Export trotz des Risikos durch Moskauer Angriffe zu organisieren. Russland hatte gedroht, Schiffe, die ukrainische Häfen anlaufen, als Träger militärischer Fracht anzusehen. Das Verlassen der ukrainischen Häfen gilt demnach als geringeres Risiko.
"Ich danke allen unseren Hafenarbeitern und allen, die das sichere Funktionieren des Korridors gewährleisten", sagte Selenski. Er forderte die westlichen Verbündeten zudem auf, noch mehr Flugabwehrsysteme zu liefern. "Zusammen können wir die Freiheit der Seefahrt im Schwarzen Meer und darüber hinaus schützen." Auch in seiner abendlichen Videobotschaft sagte Selenski, dass die Sicherheit der für den Export ukrainischer Güter in die Welt wichtigen Hafenregion Odessa wieder hergestellt werden müsse.
Details zu den Schiffen, die nun erfolgreich ausgelaufen waren, nannte Selenski nicht. Allerdings war schon am Vortag auf dem Internetportal Marinetraffic, das Schiffsbewegungen anzeigt, zu sehen, wie zwei Frachter den südukrainischen Schwarzmeerhafen Piwdennyj circa 20 Kilometer östlich von Odessa verliessen.
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An diesem Montag ist in der russischen Schwarzmeermetropole Sotschi ein Treffen von Kremlchef Wladimir Putin mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geplant. Dabei soll es auch um eine mögliche Wiederaufnahme des Getreideabkommens gehen.