Putin verschärft Angriffe
Ukraine ohne Strom: "Realität, in der wir alle leben"
Während in der Schweiz politisiert wurde, verschärfte Moskau seine Angriffe auf die Ukraine. Die folgenden Stromausfälle werden vermehrt zum Problem.
Moskau hat über das Wochenende seine Angriffe auf das Nachbarland weiter verstärkt. Immer schwerere Stromausfälle bestimmen den Alltag der Menschen, angekündigte und unangekündigte.
Die russischen Bomben haben gut die Hälfte der Stromversorgung des Landes kaputt geschossen, und es dürfte noch schlimmer werden, warnt jetzt der Energieversorger Ukrenergo. Die Ukrainer müssten sich darauf einstellen, bis zu zwölf Stunden am Tag keinen Strom zu haben.
"An die Luftangriffe haben sich die meisten von uns gewöhnt", sagt Serhey aus Kiew zu 20 Minuten. "Aber die stören unseren Alltag fast weniger als die Stromausfälle." Spitäler, Läden und Büros sind auf Generatoren angewiesen. Gleichzeitig steigt der Strompreis durch die Decke.
"Batterie von einem Porsche Taycan"
Immerhin: Es gibt Alternativen. "Smarte Leute haben mit Batterien von elektrischen Autos experimentiert, die sie daheim zu einer Stromquelle umbauten – quasi zu einer Powerbank für die ganze Wohnung. Auch ich habe so eine Batterie, von einem Porsche Taycan. Sie speist Boiler, Waschmaschine und selbst der stromfressende Ofen würde gehen."
Gerade für Familien mit Kindern und für die älteren Menschen sei der von Angriffen und Stromausfällen geprägte Alltag schwer zu stemmen. "Doch viele haben sich nach über zwei Jahren Krieg arrangiert. Wir haben uns damit abgefunden: Es ist die Realität, in der wir alle leben."
Verschlechterung in kommenden Wochen
Die App "Kiew Digital" ist eine Hilfe. Sie benachrichtigt einen, wenn man nur noch 15 Minuten Zeit hat, um zu kochen, zu waschen oder warm zu duschen. Oder auch Lift zu fahren – Serhey zum Beispiel wohnt im 22. Stock eines Hochhauses.
Angesichts der anhaltenden russischen Angriffe auf die Energieinfrastruktur wurden weitere drastische Einschränkungen bei der Stromversorgung angekündigt. "In den kommenden Wochen wird sich die Situation im Vergleich zu heute stark verschlechtern", sagte der Chef des staatlichen Energieversorgers Ukrenergo, Wolodymyr Kydrytsky.
Notstromimporte reichen nicht mehr
Die Versorgungslage werde sich nicht vor Ende Juli verbessern. Zu den systematischen russischen Angriffen auf Wärme- und Wasserkraftwerke kämen möglicherweise Wartungsarbeiten an Atomkraftwerken und schlechte Wetterbedingungen.
Die Notstromimporte aus den Nachbarländern Rumänien, Polen, Ungarn und Moldau reichten "aufgrund des Ausmaßes der Schäden" nicht aus, um das Stromnetz aufrechtzuerhalten, hatte Ukrenergo bereits Anfang Juni erklärt.
Präsident Wolodimir Selenksi sagte kürzlich, das Land könne im Vergleich zum Vorjahr nur noch halb so viel Strom produzieren. Es könnte Jahre dauern, bis die ukrainische Stromindustrie wieder vollständig hergestellt ist.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Russland hat seine Angriffe auf die Ukraine verstärkt
- Das führt zu massiven Stromausfällen
- Betroffene wie Serhey aus Kiew sagen, das würde den Alltag stärker beeinträchtigen als die Luftangriffe
- Es wird mit Batterien aus Elektroautos getüftelt, mit "Powerbanks für die Wohnung"
- Die Situation dürfte sich in den kommenden Wochen weiter verschlechtern
- Die Bevölkerung muss sich auf tägliche Ausfälle von bis zu zwölf Stunden gefasst machen