Für Claudia S. (Name geändert) ist das Heizen eine große finanzielle Herausforderung.
Sabine Hertel
Claudia S. (Name und Alter von der Redaktion geändert) lebt von etwa 1.300 Euro im Monat. 900 Euro gehen alleine in die Fixkosten, die Abrechnung fürs Heizen per Fernwärme hat sich im letzten Jahr verdoppelt.
"Alles kann ich sowieso nicht zahlen"
Die 54-Jährige lebt mit ihrem Kind in Wien. Früher hat sie als Verkäuferin gearbeitet, wurde aber wegen einer Krankheit gekündigt. Sie bezieht Notstandshilfe und bekommt Unterhalt für das Kind. Zuletzt hat sie aber noch Mindestsicherung beantragt, weil sie ihre Kosten trotzdem nicht stemmen kann. Denn sie dreht jeden Cent zweimal um, beim Einkaufen reicht es meist nur für das Billigste.
"Alles kann ich sowieso nicht zahlen. Es ist ein Überlegen. Was hab ich schon länger nicht bezahlt? Dann bezahl ich das diesmal, damit ich keine Mahnungen bekomme", schildert S. ihre Situation. Um bei den Heizkosten zu sparen, heizt sie inzwischen fast gar nicht mehr, setzt daheim auf dickere Kleidung. "Ich zieh dann eben eine Weste an, aber es ist natürlich trotzdem kalt. Ich selbst würde es aushalten, aber ich will, dass mein Kind es warm hat", so die Mama.
"Spare, wo es geht"
Die Altbau-Wohnung ist nur schwer zu beheizen, die Fenster sind alt, es zieht oft. Also dreht sie die Heizung nur kurz in der Früh auf, damit es warm ist, bevor das Kind in die Schule geht. "Ich spare wo es geht. Es sind gar nicht mal die variablen Kosten, die Fixkosten sind einfach so enorm gestiegen", erzählt die Wienerin. Die Kosten fürs Heizen betragen inzwischen bei jeder Rechnung 189 Euro.
Trotzdem sind viele "normale" Aktivitäten für sie nicht denkbar. "Natürlich würde ich gern mal mit meinem Kind auf einen Weihnachtsmarkt gehen, aber das kann ich mir nicht leisten. Und für meinen kaputten Rücken wäre eigentlich schon lange ein neues Bett fällig, aber irgendwo muss man halt zurückstecken", so Claudia S.
Überwindung, sich Hilfe zu suchen
Von der Politik wünscht sie sich mehr Unterstützung für Kinder in Armut. "Klar sind die Bonusse an sich super, aber die helfen halt nur einmal und nicht längerfristig. Ich muss meinem Kind immer erklären, dass wir zurückstecken müssen. Das tut als Mama schon weh. Aber irgendwie kommen wir durch", lächelt die Wienerin gequält.
Gerade am Anfang sei es ihr peinlich gewesen, ihre Geschichte zu erzählen. Es war eine Überwindung, sich Hilfe zu suchen. "Am Sozialamt ist man oft nur eine Nummer, nur wenn man Glück hat, bekommt man einen Betreuer der halbwegs freundlich ist", schildert S. Deshalb ist sie auch so froh über die Unterstützung durch die Volkshilfe. Durch ein Projekt bekommt jetzt für ein Jahr lang monatlich zusätzlich 100 Euro. "Das ist eine große Hilfe für mich, und dafür bin ich auch sehr dankbar!"
"Erschreckende Situation"
Claudia S. ist Teil des Projektes "Mut Schaffen" der Volkshilfe. Bei dem Projekt geht es darum, Familien längerfristig zu unterstützen, erklärt Bereichsleiterin Judith Ranftler. Für ein Jahr bekommen die Familien pro Kind 100 Euro. Die können sie prinzipiell ausgeben, wofür sie wollen – "denn wir gehen davon aus, dass die Familien selbst Experten darin sind, was sie genau brauchen", erklärt Ranflter. Die Ausgaben werden natürlich trotzdem von Sozialarbeitern kontrolliert.
"Wir finden aber, dass diese Freiheit wichtig ist. Die Leute leben so in Armut, dass sie teilweise 'normale' Bedürfnisse schon als Luxus sehen. Die Kinder trauen sich auch um nichts mehr fragen, weil sie die Situation besser mitbekommen, als man glaubt", schildert die Bereichsleiterin und erzählt von Volksschülern, die auf den Cent genau die Miet- und Energiekosten aufzählen können. "Das ist erschreckend!"
Projekt: "Mut schaffen"
Das Projekt "Mut schaffen" der Volkshilfe gibt es seit 2019. Armutsbetroffene Familien werden mit 100 Euro pro Kind unterstützt, haben aber an sich sehr viele Freiheiten in der Ausgabe dieses Geldes. Das Projekt finanziert sich gänzlich durch Spenden. Weitere Infos und die Spendenmöglichkeit gibt es auf volkshilfe.at/meine-spende/jetzt-spenden/donations/kinderarmut-abschaffen/
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