Sozialleben

Über Generationen – Empathie kann vererbt werden

Eine neue Studie liefert den Beweis, dass sich Empathie über Generationen hinweg weitervererbt. Neben der Familie sind Freundschaften sehr wichtig.

Heute Life
Über Generationen – Empathie kann vererbt werden
Je empathischer die Mütter zu ihren Kindern sind, desto empathischer werden auch die Kinder zu Freunden und ihren eigenen Kindern.
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Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft eines Menschen, Emotionen und Empfindungen einer anderen Person zu erkennen und nachzuempfinden. Der Begriff "Einfühlungsvermögen" beschreibt es ebenso gut. Die Fähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, ist eine wichtige Voraussetzung für gute Beziehungen, die Lösung von Konflikten, die Vorbeugung von Gewaltverbrechen, gute Kommunikation und Beziehungen im Erwachsenenalter.

In der Regel wird Empathie im sozialen Miteinander erlernt. In der Kinderpsychologie geht man davon aus, dass sich eine bewusste Empathie gegen Ende des zweiten Lebensjahres entwickelt. Grundlage dafür ist die Auseinandersetzung mit anderen Menschen. Wie eine neue Studie der Universität von Virginia (USA) zeigt, kann Empathie kann von einer Generation zur nächsten weitergegeben werden.

Wenn wir empathische Kinder großziehen wollen, müssen wir ihnen aus erster Hand die Erfahrung vermitteln, dass sie verstanden und unterstützt werden.
Jessica Stern
Studienautorin, Universität von Virginia (USA)

Empathie über drei Generationen hinweg

In Langzeitstudie der Universität von Virginia (USA) wurden 184 Jugendliche über 25 Jahre lang beobachtet: vom Alter von 13 Jahren bis weit in die 30er Jahre hinein. Ab 1998 kamen die Jugendlichen jedes Jahr mit ihren Eltern und ihrem engsten Freund an die Universität, und ein Forscherteam zeichnete Videos ihrer Gespräche auf. Die Forscher beobachteten, wie viel Einfühlungsvermögen die Mutter ihrem 13-jährigen Sohn/Tochter entgegenbrachte, wenn der Teenager Hilfe bei einem Problem brauchte.

Das Einfühlungsvermögen wurde mittels Bewertung gemessen, wie präsent und engagiert die Mütter im Gespräch waren, ob sie das Problem ihres Teenagers richtig verstanden und wie viel Hilfe und emotionale Unterstützung sie anboten. Dann beobachteten die Forscher jedes Jahr, bis die Teenager 19 Jahre alt waren, ob sie dieselben Arten von empathischem Verhalten gegenüber ihren engen Freunden zeigten. Laut Studienleiterin Jessica Stern stellen die Interaktionen mit engen Freunden im Teenageralter ein "Trainingsfeld" dar, auf dem Jugendliche in ihren Beziehungen zu Gleichaltrigen Fürsorge üben und die Empathie, die sie durch ihre Mütter erfahren haben, weitergeben können. Es zeigte sich, dass die Empathie der Mütter gegenüber Teenagern im Alter von 13 Jahren die Empathie der Teenager für ihre engsten Freunde während der gesamten Jugendzeit bestimmte.

Von den Teenagern, die später selbst Kinder hatten, wurden diejenigen, die als Jugendliche mehr Einfühlungsvermögen für enge Freunde gezeigt hatten, als Erwachsene hilfsbereitere Eltern.

Mit gutem Beispiel vorangehen

"Wenn wir empathische Kinder großziehen wollen, müssen wir ihnen aus erster Hand die Erfahrung vermitteln, dass sie verstanden und unterstützt werden, und ihnen Gelegenheiten geben, diese Fähigkeiten mit Gleichaltrigen zu trainieren und zu verfeinern", so Stern.

So sei es beispielsweise auch möglich, einen Mangel an Empathie, den man in der Familie erlebt hat, durch unterstützende Freunde auszugleichen. Es stimmt zwar, dass man sich seine Familie nicht aussuchen kann, aber man kann sich seine Freunde aussuchen. Freundschaften, die von gegenseitigem Verständnis und Unterstützung geprägt sind, können also langfristige Auswirkungen auf die nächste Generation haben.

red
Akt.
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