"Hetze, sinnlos"

Trotz Urteils: Bürgermeister verheimlicht sein Gehalt

Seit über einem Jahr verweigert ein Ortschef die Information, wie viel er verdient – selbst nach "Verurteilung" durch das Landes-Verwaltungsgericht.

Leo Stempfl
Trotz Urteils: Bürgermeister verheimlicht sein Gehalt
In der Idylle Fraxerns tobt ein heftiger Streit um die Übermittlung von vier Ziffern.
Robert Kalb / picturedesk.com

Bürgermeister leisten einen harten Job, den sie oft neben ihrem Brotberuf ausüben müssen, werden dafür aber auch entlohnt. In acht Bundesländern ist das an die Einwohnerzahlen gekoppelt. Der Ortschef einer niederösterreichischen Gemeinde mit unter 1.000 Einwohnern bekommt mit Stand 2023 rund 3.100 Euro brutto, ab 10.000 Einwohner gibt es schon das Doppelte. Im Burgenland sind die Gehälter grundsätzlich niedriger (2.600 Euro bis 500 Einwohner), in Salzburg deutlich höher (5.100 Euro bis 2.000 Einwohner).

Nur in einem Bundesland kann man es als Außenstehender schlichtweg nicht sagen. In Vorarlberg sind die Bezüge nicht nur an die Einwohner, sondern auch an die Nächtigungszahlen geknüpft. Bis 500 Bewohner ist so ein Gehalt von 2.100, aber auch bis zu 5.600 Euro möglich. Zwischen 2.000 und 3.000 Einwohner reicht die Spanne von 2.900 bis 9.300 Euro.

Bürgermeister verweigert Auskunft

Die "Vorarlberger Nachrichten" machten es sich deswegen im August vergangenen Jahres zur Aufgabe, die Bezüge sämtlicher Ländle-Bürgermeister zu recherchieren. Ein Mammutprojekt, das auf ungeahnten Widerstand stieß und die Behörden bis heute beschäftigt. Eigentlich müssten Gemeinden die entsprechende Verordnung auf ihrer Website veröffentlichen. 44 von 96 taten das aber nicht. Und selbst auf Nachfrage verweigerten viele Bürgermeister schlicht die Aussage, obwohl sie laut Auskunftsgesetz dazu verpflichtet wären.

Ein Gemeindeoberhaupt zeichnete sich dabei besonders aus: Steve Mayr, Bürgermeister der 700-Einwohner-Gemeinde Fraxern und ÖVP-Landtagsabgeordneter. "Es wäre einmal kreativ, wenn Sie etwas anderes finden würden, um das Sommerloch zu füllen, als die Hetze gegen die Politiker-Gehälter. Das ist einfach nur sinnlos, jedes Jahr dieselbe Leier", wetterte er 2023 auf "VN"-Anfrage. "Jedes Gehalt eines Bürgermeisters ist gesetzlich geregelt und recherchierbar. Wenn eine Redaktion das nicht zustande bringt, sollte sie über etwas anderes berichten."

LVwG watscht Orts-Chef ab

Recherchierbar war das aktuelle Gehalt aber eben nicht. Nach Ablauf der Frist, also sechs Monate später, wurde Säumnisbeschwerde eingebracht. Selbst darauf reagierte die Gemeinde nicht, Bürgermeister Mayr ließ lapidar ausrichten: "Ich hoffe, es geht Ihnen jetzt besser, gratuliere Ihnen zu Ihrem Werk. Ich habe immer noch andere, viel größere, Sorgen!" Schon bald sollte er tatsächlich größere Sorgen haben, denn das Landesverwaltungsgericht wurde eingeschaltet.

Dieses hat nun in einem Erkenntnis bestätigt, dass der Bürgermeister verpflichtet gewesen wäre, die Frage zu beantworten, weil sein Bezug eben nicht unmittelbar recherchierbar war. "Vielmehr ist offenkundig, dass die begehrte Auskunft mit geringem Aufwand erteilt werden kann." Auch wurde versäumt, den geforderten Bescheid über die Verweigerung auszustellen. Die Gemeinde hat also sowohl ihre Auskunftspflicht als auch die Entscheidungspflicht verletzt.

"Würde mich schämen"

Fast genau ein Jahr nach der Anfrage, die mit dem Tippen von vier Ziffern beantwortet hätte werden können, ist die Lage also glasklar und gerichtlich geklärt. Selbst Steve Mayr findet die Entscheidung "nachvollziehbar".

Und doch weigert er sich weiterhin, seine Bezüge aus Steuergeld offenzulegen. "Ich würde mich vor allen Steuerzahlern schämen, wenn ich das ausgelöst hätte", richtet er den "Vorarlberger Nachrichten" aus. Die Menschen würden hinter seinem Verhalten stehen, deswegen werde er sich zu diesem Fall nicht mehr äußern.

Update 13.30 Uhr

Nach Erscheinen der Berichte über das Erkenntnis übermittelte eine Gemeindemitarbeiterin den "VN" plötzlich doch einen Gehaltszettel des Bürgermeisters. Dessen Bezug fällt überraschenderweise weder besonders hoch noch besonders niedrig aus: 5051,09 Euro brutto.

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    Auf den Punkt gebracht

    • Der Bürgermeister einer niederösterreichischen Gemeinde weigert sich seit über einem Jahr, sein Gehalt offenzulegen, trotz eines Urteils des Landesverwaltungsgerichts, das ihn dazu verpflichtet
    • Die Gehälter von Bürgermeistern in Österreich variieren je nach Einwohnerzahl und sind in einigen Bundesländern an die Nächtigungszahlen geknüpft
    • Trotzdem verweigern viele Bürgermeister die Auskunft über ihre Bezüge, was zu rechtlichen Konsequenzen führt
    leo
    Akt.