Elf Titel als Mann
Transfrau Petrillo geht bei Paralympics an den Start
Knapp zwei Wochen vor dem Start der Paralympischen Spiele gibt es große Aufregung. Die Transfrau Valentina Petrillo darf an den Start gehen.
Am 28. August beginnt die Jagd nach den paralympischen Medaillen in Paris. Doch schon jetzt ist eine Diskussion um die Chancengleichheit der teilnehmenden Athleten entbrannt. Im Mittelpunkt dabei steht Valentina Petrillo, eine sehbehinderte Leichtathletin, die in der Klasse T12 über die 200 Meter und 400 Meter antritt – und damit als erste Transfrau bei den Paralympics. Petrillo wurde als Mann geboren, hieß früher Fabrizio und ist Vater zweier Kinder. Noch als Mann gewann Valentina Petrillo elf nationale Titel. "Ich kann es immer noch nicht glauben und bleibe mit beiden Beinen auf dem Boden, weil ich meine Chance, in Tokio dabei zu sein, knapp verpasst habe", wurde die Italienerin in der "New York Post" zitiert.
2019 schloss Valentina Petrillo eine Hormontherapie ab. Seit 2020 darf die Italienerin bei den Frauen an den Start gehen. Schon im Jahr darauf wandten sich 30 Athletinnen an den italienischen Leichtathletikverband und an das Sportministerium, wollten den Ausschluss Petrillos von Frauen-Bewerben erwirken. Dazu kam es aber nicht, die Italienerin holte etwa bei der Para-WM 2023 zwei Bronzemedaillen.
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Blinde Spanierin darf nicht starten
Nun wird die Debatte um Chancengleichheit bei Paralympics, wo die Einteilung in Klassen und die Vergleichbarkeit von Beeinträchtigungen ohnehin schwierig ist, neu entfacht. Weil Petrillo an den Paralympics teilnimmt, schaffte es die Spanierin Melani Berges nicht nach Paris, sie war im Halbfinale der Ausscheidungswettkämpfe hinter Petrillo gelandet. "Unsere Athletin Melani Berges hat die Chance verloren, sich für die Paralympics zu qualifizieren. Grund ist die Teilnahme des Mannes Fabrizio ,Valentina´ Petrillo, der anstelle von ihr startet. Das ist unfair", hieß es etwa vonseiten der spanischen Anwältin Irene Aguiar.
Allerdings erfüllt die Italienerin die Vorgaben von World Para Athletics, diese erlauben einen Start, wenn die Person rechtlich als Frau anerkannt ist. "Wir müssen unsere Regeln respektieren, wir können sie nicht brechen", sagte Andrew Parsons, Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees.
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Petrillo selbst meinte gegenüber der "BBC": "Der historische Wert, die erste Transfrau zu sein, die an den Paralympics teilnimmt, ist ein wichtiges Symbol für Inklusion." Vorwürfe, ihr Start sei unfair, wischte Petrillo beiseite: "Ich habe nicht mehr dieselbe Energie wie früher, habe zehn Kilo abgenommen. Mir ist immer kalt, mein Schlaf ist nicht mehr derselbe, ich habe Stimmungsschwankungen."
Aufregung wegen Olympia-Boxerinnen
Zuletzt gab es auch Aufregung bei den Olympischen Spielen, weil die beiden Boxerinnen Imane Khelif (Algerien) und Lin Yu-Ting (Taiwan) starten durften, jeweils Gold gewannen, obwohl beide zuvor nach einem nicht näher definierten Geschlechtstest des Box-Weltverbandes IBA bei der Weltmeisterschaft 2023 disqualifiziert worden waren. Angeblich wegen zu hoher Testosteronwerte. Der Unterschied allerdings: Khelif und Lin wurden als Frauen geboren und lebten stets als Frauen.
Petrillo hat aufgrund des Stargardt-Syndroms eine Sehbehinderung und nur 1/50 der Sehkraft. Dies wurde im Alter von 14 Jahren entdeckt. 2018 begann Petrillo, als Frau zu leben.
Die Paralympics beginnen am 28. August, dauern bis zum 8. September.
Auf den Punkt gebracht
- Knapp zwei Wochen vor dem Start der Paralympischen Spiele in Paris sorgt die Teilnahme der Transfrau Valentina Petrillo für Diskussionen über Chancengleichheit
- Petrillo, eine sehbehinderte Leichtathletin, tritt als erste Transfrau in der Klasse T12 über 200 und 400 Meter an
- Obwohl sie die Vorgaben von World Para Athletics erfüllt, wird ihre Teilnahme von einigen kritisiert, da sie anderen Athletinnen die Qualifikation verwehrt hat
- Trotzdem betont Petrillo den historischen Wert ihrer Teilnahme als Symbol für Inklusion