Haustiere
AT-Tierschützer empört: "Ein Schritt vor, zwei zurück"
Bevor sich unser Nationalrat in die Sommerpause verabschiedet, lässt er die Tierschützer sogar mit drohenden Rückschritten zurück.
Die letzte Plenarsitzung des Nationalrats vor der Sommerpause neigt sich dem Ende zu, und die überfällige Novelle des Tierschutzgesetzes im Heimtierbereich steht wieder nicht auf der Tagesordnung. Stattdessen wurde ein aktueller Entwurf bekannt, der Tierschützer aus ganz Österreich die Haare zu Berge stehen lässt. Statt der dringend notwendigen Verbesserungen in den Bereichen Qualzucht und Welpenhandel drohen – offenbar auf Druck von Zuchtvereinen – sogar Rückschritte.
Qualzuchtwelpen-Import doch erlaubt?
So soll etwa der jetzt verbotene Import von Welpen mit Qualzuchtmerkmalen erlaubt werden. Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten, Verein gegen Tierfabriken (VGT) und Tierschutz Austria steigen auf die Barrikaden fordern die Regierung auf, sich ihrer Verantwortung gegenüber den Tieren und dem in Verfassungsrang stehenden Staatsziel Tierschutz bewusst zu werden.
Vorgeschichte
Zur Umsetzung des Tierschutz-Volksbegehrens (416.200 Unterstützer) fasste der Nationalrat im Dezember 2021 mit Dreiviertel-Mehrheit eine Entschließung. Diese sah eine Reihe von Verbesserungen im Heimtierbereich vor, darunter Maßnahmen gegen die Qualzucht und eine Positivliste für die Privathaltung von Wildtieren.
Anfang 2023 wurde ein Entwurf des Sozialministeriums öffentlich, der die Heimtier-Punkte der Entschließung ins Tierschutzgesetz umgesetzt hätte. Anschließende Lobby-Treffen zwischen Ministerium und Zuchtvereinen hätten nun offenbar zu einem zweiten, massiv verschlechterten Entwurf geführt, der in manchen Bereichen sogar hinter geltendes Recht zurückfällt.
Besonders auffällig sollen folgende Punkte sein, die den Welpenhandel sogar erleichtern würden:
- Tiere mit Qualzuchtmerkmalen dürften dann importiert und verkauft werden, solange sich diese noch nicht in Krankheitssymptomen manifestiert haben (was vor allem bei Welpen der Fall ist)
- Eine große Zahl an Tieren (z.B. bis zu 30 Katzen) soll bewilligungsfrei abgegeben werden können; es reicht eine formlose Zuchtmeldung, die nicht überprüft würde und mit der Welpenhändler auf Kleinanzeigen-Plattformen inserieren dürfen.
„"Warum will man dem Welpenhandel Tür und Tor öffnen ...?"“
"Warum wollen die Zuchtverbände dem Welpenhandel Tür und Tor öffnen?", fragt sich Vier Pfoten Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck. "Statt sie zu vergrößern, müssen die bestehenden Gesetzeslücken geschlossen werden, um dem unkontrollierten Welpenhandel einen Riegel vorzuschieben".
Verwässertes Qualzuchtverbot
Weitere Verschlechterungen gegenüber der geltenden Rechtslage betreffen die Qualzucht: So droht das Verbot der Ausstellung von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen massiv verwässert zu werden. Besonders gravierend: Zuchtvereine sollen vom Qualzuchtverbot weitgehend ausgenommen werden. Es reicht, dass sie ein Zuchtprogramm vorlegen, über das eine Kommission, in der die Vereine selbst vertreten sind, eine positive oder keine (!) Beurteilung trifft.
Alle Tiere in diesen Vereinsprogrammen dürfen dann zur Zucht verwendet werden, egal wie schwer sie von Qualzuchtmerkmalen betroffen sind. "Das ist völlig verrückt und nicht nur tierschutz-, sondern auch gleichheitswidrig. Das Gesetz muss natürlich für alle gleich gelten, egal ob sie irgendeinem Verein angehören oder nicht", ist Tierschutz-Austria-Präsidentin Madeleine Petrovic empört.
Dabei sind es gerade die Standards, nach denen diese Vereine züchten, die in vielen Fällen Qualzuchtmerkmale zulassen oder sogar verlangen. "Diesen willkürlichen Vereinsregeln steht das Staatsziel Tierschutz im Verfassungsrang gegenüber. Größer könnte der Unterschied in der Wertigkeit gar nicht sein! Die Regierung muss zur Besinnung kommen und den Entwurf für die Novellierung des Tierschutzgesetzes vom Kopf zurück auf die Beine stellen", fordert Martin Balluch, Obmann des Vereins gegen Tierfabriken.