"Es ging nicht mehr"

Thiem-Opa: "Dominics Chaos wurde durch Frauen besser"

Tennis-Held Dominic Thiem tritt in der Wiener Stadthalle ab. Er selbst ist erleichtert, dass es vorbei ist. In seiner Familie gibt es auch Wehmut.

Martin Huber
Thiem-Opa: "Dominics Chaos wurde durch Frauen besser"
Opa Josef, Tennis-Ass Dominic Thiem: "Er machte sich selbst den größten Druck."
GEPA

"Ich werde viele Taschentücher in die Stadthalle mitnehmen", sagt Josef Müllner zu "Heute".

Nicht einmal eine Minute dauert das Gespräch, dann kommen dem Thiem-Opa die Tränen. "Ich kann jetzt nicht anders", sagt er. "Alle Großväter sind stolz auf ihre Enkel – und ich ganz besonders. Dominic hat viel erreicht. Es war eine wunderschöne Zeit mit ihm."

"Es schließt sich der Kreis"

Am Sonntag sagt eine heimische Sportgröße Adieu. Der US-Open-Champion von 2020 gibt in der Wiener Stadthalle eine Abschiedsparty (live ServusTV, ab 18.55 Uhr). Nächsten Dienstag könnte die Ex-Nummer-3 der Welt bei den "Erste Bank Open" – dort, wo 2011 mit dem Sieg gegen Thomas Muster alles begann – nach seinem Erstrunden-Spiel in die Tennis-Pension gehen.

"Es war immer klar, dass ich hier aufhören werde", sagt Thiem. "Es schließt sich der Kreis. Und es wird auch Erleichterung dabei sein." Mit einem Gefühlsausbruch rechnet er nicht. Emotional habe er sich schon vom Leben als Profisportler distanziert.

Dominic simulierte am Strand eine Stunde lang Vorhandschläge in der Luft
Wolfgang Thiem
Vater von Dominic Thiem

Nicht jeder in der Familie Thiem nimmt den Rücktritt so gelassen wie der Tennis-Held. Je älter das Familienmitglied, desto größer scheint die Wehmut zu sein.

Dominic Thiem wurde in eine tennisverrückte Familie hinein geboren. Seine Eltern Wolfgang und Karin sind Tennistrainer. Als Einjähriger spielt Dominic mit einem Fliegenpracker und einem Luftballon Tennis im Wohnzimmer. Trainervater Wolfgang erzählt "Heute" später über seinen ältesten Sohn: "Er war ein bissl hyperaktiv." Untermauert wird die These mit einer Urlaubsepisode der Thiems aus dem Jahr 1997 am Strand in Griechenland. "Wir gingen am Meer entlang. Dominic simulierte eine Stunde lang Vorhandschläge in der Luft. Die Leute dachten sicher: ,Der hat ein bissl einen Klopfer.‘"

Galanacht des Sports 2024

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    Alle Gewinner und Gewinnerinnen der Sporthilfe-Gala in der Wiener Stadthalle.
    Alle Gewinner und Gewinnerinnen der Sporthilfe-Gala in der Wiener Stadthalle.
    Gepa

    Wenn Langzeit-Trainer Günter Bresnik als Architekt der großen Thiem-Karriere gilt, dann war Opa Josef zumindest ein extrem fleißiger und wichtiger LKW-Fahrer. Er brachte das Tennisjuwel oft nach der Schule zum Training in die Südstadt. Hinten auf der Rückbank gab es dann das Essen aus der Tupperbox. Der Opa war es auch, der die ersten Turnierreisen mit Dominic ins Ausland machte.

    Plötzlich stieg ich im Hotel Atom ab
    Josef Müllner
    Opa von Dominic Thiem

    Ihre gemeinsame Reise Richtung Weltspitze begann in einem Audi 80.

    "Ich war für die Osteuropa-Reisen zuständig, seine Mama für die schönen Ziele", erinnert sich Müllner. "Ich war gerade in Pension gegangen, als Dominic im Ausland zu spielen begann. Es passte vom Timing perfekt."

    Mehr als zehn Stunden sind sie oft mit dem Auto von Turnier zu Turnier gefahren. "In Tschechien habe ich einmal in der Früh das Fenster aufgemacht und das Atomkraftwerk war nur ein paar Meter weg." Müllner, der Vater von Karin Thiem, war zuvor 41 Jahre im Außendienst. "Plötzlich stieg ich im Hotel Atom ab in der Slowakei. Es war anstrengend, aber schön. Es ging zurück an die Basis."

    Lili Paul-Roncalli als Werbegesicht

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      Lili Paul-Roncalli hat eine Dirndl-Kollektion für Stockerpoint entworfen und wirbt dafür.
      Lili Paul-Roncalli hat eine Dirndl-Kollektion für Stockerpoint entworfen und wirbt dafür.
      Stockerpoint/Instagram

      U10-Turniersieg mit Herren-Racket

      "Ich war Chauffeur und Mini-Manager, habe für das Essen und ein Bett gesorgt", sagt Müllner. "Es war ja kein Trainer mit. Ich habe auch mit ihm eingeschlagen. Trainerausbildung hatte ich keine, aber den Ball brachte ich zurück."

      Wenn der Thiem-Opa so von früher erzählt, dann wird seine Stimme immer wieder brüchig. Die Wertschätzung für seinen Enkel liegt in der Luft. "Dominic war immer lieb. Er wusste damals schon, was sich gehört."

      Sein schönster Moment? "Ein U10-Turnier in Pula. Am Start waren alle Kinder, wo die Eltern glaubten, aus dem Junior wird was. Dominic war der Kleinste und schaffte es bis ins Finale. Dort spielte er gegen den eineinhalb Köpfe größeren George Morgan aus England."

      Der kam später nicht in die Top 500. Er sollte in seiner Karriere 30.000 Dollar und nicht 30 Millionen wie Thiem verdienen.

      "Dominic riss im Finale bei zwei Schlägern die Saite. Dann hat er sich auf das Bankerl gesetzt und dem Schiri die kaputten Schläger gezeigt. Der hat nur gesagt, dass es weitergeht. Eine Turniermitarbeiterin brachte ihm dann einen Herren-Schläger. Damit hat er das Turnier gewonnen."

      Nur ein Baum hielt unseren Audi 80 auf
      Josef Müllner
      Opa von Dominic Thiem

      Seine schlimmste Stunde? "Ein Turnier in San Marino. Es regnete nur. Dominic war 13 und mit der neu erlernten einhändigen Rückhand ohne Chance. Vor der Heimreise rollte unser Audi 80 am Parkplatz die Böschung runter – nur ein Baum hielt ihn auf."

      Die langen Autofahrten nützte der Thiem-Opa, um seinem Enkel Wesentliches mit auf den Lebensweg zu geben. "Es war die Zeit da. Ich wollte immer, dass er viel liest." Allgemeinbildung sei ihm wichtig gewesen. Als Dominic mit 16 Jahren die Schule für die Tenniskarriere abbricht, findet der Opa das nicht gut. "Heute weiß ich, dass es gut so war."

      "Aber auch Dominic wollte mich von seinen Weisheiten überzeugen", grinst Müllner. "Er wollte mir sein Chaos beibringen. Er sagte: ,Ein Tennisspieler lebt aus dem Koffer.' Ich wollte ihn dann vom Kasten überzeugen." Nachsatz: "Dominics Chaos wurde im Laufe der Jahre besser, das liegt an den Frauen. Jetzt ist er ja schon länger mit Lili liiert."

      Dominic machte sich selbst den größten Druck, aber es ging nicht mehr
      Josef Müllner
      Opa von Dominic Thiem

      Den Opa schmerzt der Rücktritt. Er versteht aber auch die Erleichterung bei Dominic, der 17 ATP-Titel gewann und fünfeinhalb Jahre in den Top 10 war.

      "Er machte sich selbst den größten Druck, aber es ging nicht mehr. Er hat seine Vorhand nach der Handgelenkverletzung nicht mehr schnalzen lassen können, auch bei der Rückhand spürte er Schmerzen. Er wollte ganz oben mitspielen, nicht auf Platz 80 oder 90 herumgrundeln.“

      Was wünscht er Dominic für die Zukunft?

      "Dass er seinen Weg findet. Er ist naturverbunden, will jetzt alternativ leben. Was sich Dominic vornimmt, zieht er auch durch. Das war beim Ziel Grand-Slam-Sieg auch so." Nachsatz: "Eines noch: Spaß soll er in Zukunft haben."

      So wie früher im Audi 80.

      Auf den Punkt gebracht

      • Dominic Thiem, der US-Open-Champion von 2020, beendet seine Karriere in der Wiener Stadthalle, was bei seiner Familie, insbesondere seinem Großvater Josef Müllner, große Emotionen auslöst
      • Müllner, der Thiem auf vielen Reisen begleitete, erinnert sich wehmütig an die gemeinsame Zeit und wünscht seinem Enkel für die Zukunft viel Erfolg und Freude
      mh
      Akt.
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