Klimaschutz

Autorin warnt: "Konsum kann leicht in die Sucht führen"

Die schnelllebige Modeindustrie heizt die Klimakrise an. Eine, die "Fast Fashion" seit Jahren kritisiert, ist die Aktivistin und Autorin Nunu Kaller.

Lydia Matzka-Saboi
<em>"Heute"</em>-Redakteurin Lydia Matzka-Saboi sprach mit Buchautorin Nunu Kaller (links) über ethische Konsumentscheidungen.
"Heute"-Redakteurin Lydia Matzka-Saboi sprach mit Buchautorin Nunu Kaller (links) über ethische Konsumentscheidungen.
"Heute" / Denise Auer

Weltweit ist die Modeindustrie für rund zehn Prozent aller Treibhausgasemissionen verantwortlich, wobei allein in der Textilproduktion schätzungsweise 1,2 Milliarden Tonnen Treibhausgase pro Jahr in die Atmosphäre freigesetzt werden, wie etwa Zahlen von 2020 ergeben.

Die Bekleidungsbranche ist nach der Ölindustrie der zweitgrößte Umweltverschmutzer weltweit. Warum dennoch immer mehr gekauft wird und was gegen den Konsumwahn getan werden kann, verrät Autorin Nunu Kaller in "Heute For Future TV".

Konsumverzicht: "Wollte beweisen, wie stur ich bin"

Die Wienerin Nunu Kaller verzichtet freiwillig auf Konsum, sie arbeitete bei Greenpeace als Konsumentensprecherin, bevor sie sich als Nachhaltigkeitsberaterin selbständig machte.

Kaller hat drei Bücher geschrieben: 2013 erschien ihr erstes Buch mit dem Titel "Ich kauf nix!", 2018 folgte "Fuck Beauty! Warum uns der Wunsch nach makelloser Schönheit unglücklich macht - und was wir dagegen tun können" und 2021 erschien "Kauf mich! Auf der Suche nach dem guten Konsum".

Der Auslöser für ihre Shopping-Diät war "weder sozial noch ökologisch motiviert", sondern schlicht dem Gedanken geschuldet "ich kann beweisen, wie stur ich bin", lacht Kaller im Gespräch mit "Heute"-Klimajournalistin Lydia Matzka-Saboi.

Ein Jahr ohne Kleiderkauf

Dabei arbeitete sie damals bei einer Umweltschutzorganisation und wusste über die verheerenden Auswirkungen der Modeindustrie Bescheid. "Trotzdem habe ich das damals überhaupt nicht mit meinen eigenen Shoppinganfällen konnotiert", sagt Kaller. 2012/13 verzichtete sie ein Jahr lang auf den Kauf von neuen Kleidern. In dieser Zeit des Selbstexperiments hat sich Kaller näher mit den Produktionsbedingungen von "Fast Fashion" auseinander gesetzt, und das habe bei ihr "zu einem echten Paradigmenwechsel geführt".

Buchautorin, Konsumkritikerin und Nachhaltigkeitsberaterin Nunu Kaller (links) im Gespräch mit <em>"Heute"</em>-Redakteurin Lydia Matzka-Saboi.
Buchautorin, Konsumkritikerin und Nachhaltigkeitsberaterin Nunu Kaller (links) im Gespräch mit "Heute"-Redakteurin Lydia Matzka-Saboi.
Denise Auer

Was ist eigentlich guter Konsum?

Nunu Kaller: "In meinem Buch 'Kauf mich!' habe ich mir genau diese Frage gestellt: Was ist eigentlich ein guter Konsum? Denn der nachhaltige Konsum, wie er uns da draußen vorgegaukelt wird, so nach dem Motto, alles muss im grünen Mäntelchen daherkommen, ist es ja vielleicht auch nicht, solange wir unseren Konsum nicht reduzieren, und uns genau überlegen, was wir wirklich brauchen."

Konsum kurbelt Glückshormone an

Man könne "nicht nicht konsumieren", meint Kaller und definiert einen nachhaltigen Konsum vor allem als einen "bewussten und reduzierten Konsum". Außerdem wirke sich Konsum positiv auf unser Wohlbefinden aus. "Beim Einkaufen werden Glückshormone ausgestoßen, wir fühlen uns belohnt." Daher, warnt Kaller, "kann Konsum ganz leicht in die Sucht führen."

"Konsumsucht ist absolut im Kommen, sie ist gesellschaftlich akzeptiert, im Gegensatz zu anderen Süchten nicht negativ konnotiert, ganz im Gegenteil", sagt Kaller. "Der Textilkonsum ist ein bisschen wie das kleine Glück!"

Ein guter Konsum bedeute für Kaller, "dass man die großen Konzerne meidet, stattdessen lieber regional bei kleinen Öko-Labels einkauft". Es müsse "auch nicht immer der Neukauf sein, denn es gibt wirklich gute Second Hand-Portale", sagt Kaller. "Man kann probieren, selbst zu produzieren oder zu tauschen. Und das Allerwichtigste, das wir leider viel zu oft vergessen, man kann in den eigenen Kleiderschrank schauen, was uns inspiriert!"

"Heute For Future TV" ist donnerstags auf allen Kanälen der R9-Gruppe (W24, KurierTV, NÖN N1, etc.) um 16:30 Uhr sowie samstags um 9:30 Uhr (Wh.) und auf YouTube/@heuteat zu sehen. Es moderieren Amra Durić und Lydia Matzka-Saboi.

Kaller warnt vor Greenwashing großer Ketten

Die Aktivistin warnt darüber hinaus vor Greenwashing. Auch große Textilkonzerne bieten nämlich Mode mit Nachhaltigkeitsversprechen an, und zwar weil die Textilriesen laut Kaller "eine Zielgruppe entdeckt haben", nämlich jene Menschen, "die schnelllebige Mode auf Kosten von Mensch und Umwelt ablehnen".

Kaller nennt ein typisches Beispiel für Konsumententäuschung: Ein kürzlich in einem Geschäft entdecktes Kleid bestand laut Werbung aus "51 Prozent recyceltem Polyester". "Abgesehen davon, dass auch recyceltes Polyester genau die gleichen Umweltschäden anrichtet wie neues Polyester", erklärt Kaller, fand sie am Etikett des Kleides selbst keinerlei Angaben über die Herkunft des Polyesters. "Dort hieß es nur 100 Prozent Polyester." Es fehle der Branche an Transparenz, sowie glaubwürdige Zertifikate, nach denen sich Konsumenten richten könnten, meint Kaller.

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