"Stimmung aggressiv"
Tesla macht Kontrollbesuche bei kranken Mitarbeitern
Wegen hohen Krankheitszahlen führt Tesla unangekündigte Hausbesuche bei krankgeschrieben Mitarbeitern durch. Die Gewerkschaft ist entsetzt.
Spioniert Tesla seinen Angestellten hinterher? Seit Kurzem besuchen Manager der Berliner Teslafabrik im brandenburgischen Grünheide krankgeschriebene Mitarbeiter Zuhause, wie das "Handelsblatt" zuerst berichtete. Ohne Vorankündigung klingelten die Chefs plötzlich an der Haustür – Gewerkschafter sind alarmiert.
Grund für die extreme Maßnahme ist der überdurchschnittliche Mitarbeiterausfall im deutschen Werk. Von 12.000 Mitarbeitern meldeten sich im August 17 Prozent krank, im September seien es mit elf Prozent noch immer sehr viele gewesen. Im Bundesschnitt liegt die Krankheitsrate im Autobau nach einer Statistik der Krankenkasse DAK 2023 nur bei 5,2 Prozent.
Mitarbeiter bei Hausbesuchen "latent aggrssiv"
Zwischen den Auto-Bossen und Gewerkschaft ist wegen der "Kontrollen" ein Riesen-Zoff entstanden. Teslas Personalchef Erik Demmler verteidigt die Maßnahme auf einer Betriebsversammlung letzten Donnerstag: "Das hat nichts mit Generalverdacht zu tun. Wir haben uns einfach mal 30 Mitarbeiter ausgesucht, die entsprechende Auffälligkeiten hatten, die sich ziemlich lange im Krankenstand befinden, aber auch viele Erstbescheide. Und was wir vorgefunden haben, war sehr, sehr gemischt."
Laut Medienberichten hatte der Konzern Elon Musk es zuvor mit einem Anreizsystem versucht. Angestellte mit wenigen Krankheitszeiten sollten so einen zusätzlichen Bonus erhalten. Wer weniger als fünf Prozent der Arbeitszeit fehlt, sollten 1.000 Euro Prämie bekommen.
Scheinbar hat das Anreizsystem nicht funktioniert. Gegenüber dem "Handelsblatt" berichtete Werksleiter Demmler von den unterschiedlichsten Reaktionen auf die unangekündigten Hausbesuchen. Manche Mitarbeiter hätten "wirklich die Tür aufgemacht", sagte Demmler. "Aber es gab halt auch die Leute, wo wir definitiv das Gefühl hatten: Die Tür ging auf und man dachte schon, na gut, die können, das weiß man ja nie. Aber das Wollen ist halt schon gescheitert."
Kranke unter Druck gesetzt
Dabei seien die Tesla-Chefs nicht gekommen, um Forderungen zu stellen oder Kritik zu üben, versicherte der Personalchef laut "Handelsblatt". Man habe einfach nur fragen wollen: "Wie geht es dir? Können wir dir irgendwie helfen?" Dieses Ansinnen sei meist abgeblockt worden. Demmler: "Die Resonanz bei sehr vielen war schon latent aggressiv."
Die Gewerkschaft kritisiert die Maßnahme: "Beschäftigte aus fast allen Bereichen des Werks berichteten von extrem hoher Arbeitsbelastung", sagte der IG Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze: Kranke würden unter Druck gesetzt. "Wenn Personal fehlt, werden die Kranken unter Druck gesetzt und die noch Gesunden mit zusätzlicher Arbeit überlastet. Wenn die Werkleitung den Krankenstand wirklich senken will, sollte sie diesen Teufelskreis durchbrechen."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Tesla führt unangekündigte Hausbesuche bei krankgeschriebenen Mitarbeitern in der Berliner Fabrik durch, um den hohen Krankenstand zu überprüfen, was zu Spannungen mit der Gewerkschaft führt
- Trotz der Verteidigung der Maßnahme durch Teslas Personalchef, der betont, dass es nicht um Generalverdacht gehe, sondern um Unterstützung, fühlen sich viele Mitarbeiter unter Druck gesetzt und reagieren aggressiv