Warnstufe erhöht
Terror-Angst um Olympia, Fußball-EM und Eurovision
Nach dem jüngsten Terroranschlag in Moskau verschärft sich auch die Sicherheitslage im Rest von Europa. Terrorexperte Johannes Saal ordnet ein.
Im Mai findet in Schweden der Eurovision Song Contest, im Juni die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und im Juli die Olympischen Spiele in Frankreich statt. Die Eröffnungsfeier in Paris soll zum ersten Mal unter freiem Himmel stattfinden (siehe Box).
Als Reaktion auf den Terrorangriff nahe Moskau vom letzten Freitag hat Frankreich nun die höchste Terrorstufe ausgerufen. Diese ermöglicht zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie Patrouillen an öffentlichen Orten wie Bahnhöfen, Flughäfen oder religiösen Institutionen.
Auch in Deutschland und Schweden wird vor einer erhöhten Anschlagsgefahr gewarnt. Doch was bedeutet die erhöhte Terrorgefahr für diese Großveranstaltungen? Terrorexperte Johannes Saal schätzt die Lage ein.
Olympia-Eröffnungsfeier unter freiem Himmel
Zum ersten Mal in der Geschichte der Olympischen Spiele soll die Eröffnungsfeier im Freien stattfinden. Die Festlichkeiten sind in Paris entlang der Seine und Sehenswürdigkeiten wie der Notre-Dame, der Pont des Arts und dem Eiffelturm geplant, die Athletinnen und Athleten sollen mittels Spezialbooten auf dem Fluss transportiert werden.
Eine Alternative für die Olympia-Eröffnungsfeier in der Innenstadt gebe es nicht, sagte die französische Sportministerin. Gegebenenfalls ließen sich die Sicherheitszonen um die Sehenswürdigkeiten erweitern. Doch: Es fehlen weiterhin rund 7.000 Sicherheitskräfte. Derzeit werden gar Pensionistinnen und Pensionisten zur Mitarbeit aufgerufen.
"Seit 2015 keinen so koordinierten Angriff gesehen"
"Die aktuelle Sicherheitslage bereitet mir Sorgen. Seit 2015 haben wir keinen solch koordinierten Anschlag mehr gesehen wie denjenigen in Moskau", sagt Saal gegenüber "20 Minuten". Am 13. November 2015 wurden an sechs verschiedenen Orten, darunter die Konzerthalle "Bataclan", Attentate durchgeführt, 130 Menschen starben.
Terrororganisationen hätten in letzter Zeit vor allem Orte und Veranstaltungen ins Visier genommen, wo viele Menschen zusammenkämen, die Situation schlecht überschaubar sei und schnell Panik ausbrechen könne, so Saal. Doch: "Stadien oder Arenen selbst sind nur selten von Anschlägen betroffen. Grund dafür sind die verschärften Kontrollen und zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen."
"Herausforderung wird die Sicherung des Luftraums"
Gefährlicher hingegen seien zum Beispiel die Plätze vor den Veranstaltungsorten oder die Wege dahin, wo sich Menschen ansammelten, wie etwa im Fall des Anschlags auf schwedische Fußballfans in Belgien im Oktober 2023.
Diese Herausforderung stellt sich nun auch den Veranstaltern der Olympiade in Paris: Wie sichert man die Eröffnungszeremonie unter freiem Himmel ab? "Es gibt eine Reihe von Sicherheitsmaßnahmen: Zugänge für Fahrzeuge können etwa verbarrikadiert, hohe Polizeipräsenzen in der Stadt sichergestellt und Bereiche durch Zäune abgesperrt und gesichert werden", erklärt Saal. Auch der Geheimdienst arbeite sicherlich im Hintergrund mit.
"Es stellen sich aber Herausforderungen wie die Sicherung des Luftraums. Wir wissen, dass es beim IS Einheiten gibt, die in der Vergangenheit mit Drohnen experimentiert haben." In Europa habe man einen Angriff mit Drohnen bisher nicht gesehen – trotzdem gibt es bereits in mehreren europäischen Ländern auf Drohnen spezialisierte Polizeitruppen, darunter auch in Frankreich. Während Olympia soll zudem die Luftwaffe potenzielle Drohnen abfangen.
"Absage wäre ein Eingeständnis gegenüber den Terroristen"
Der IS stelle derzeit die größte Gefahr für terroristische Anschläge dar – doch hinsichtlich des Eurovision Song Contests und der Teilnahme Israels könnten auch die Hamas oder der Islamische Dschihad aktiv werden, so Saal.
Dass die Veranstaltungen aufgrund der erhöhten Terrorgefahr abgesagt werden, glaubt Saal nicht. Einerseits entstünden dadurch enorme finanzielle Schäden für die Veranstalter. "Aber viel wichtiger: Es wäre ein Eingeständnis gegenüber den Terroristen. Ihr Ziel ist es, Angst zu verbreiten – mit einer Absage wäre dies erreicht."
Soll man die kommenden Monate also Großevents fernbleiben? "Nein", betont Saal. "Grundsätzlich sollte man sich nicht allzu sehr verunsichern lassen – solche potenziellen Anschläge haben ja auch immer ein psychologisches Ziel." Rein statistisch gesehen sei das Risiko, selbst Opfer eines Anschlags zu werden, relativ gering.