Nach Österreich

Syrer verprügelt Sohn (7) – Frau flüchtet mit Kindern

Weil ihr Ex-Mann ihren Sohn spitalsreif schlug, zog Hiba die Reißleine. Sie flüchtete zu Fuß mit ihren Kindern von der Türkei nach Österreich.
Christine Ziechert
31.03.2025, 06:30

Vor zehn Jahren war die Welt von Hiba noch in Ordnung. Die heute 33-Jährige war in Aleppo (Syrien) als Englisch-Lehrerin tätig, unterrichtete Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren. "Zusätzlich habe ich noch in einem Unternehmen als Übersetzerin und Schreibkraft gearbeitet", erzählt die Syrerin im (auf Englisch geführten) Interview mit "Heute".

Doch der Bürgerkrieg änderte alles: Der IS feuerte hunderte Bomben und Granaten auf die Stadt ab – rund 220.000 Menschen starben laut den Vereinten Nationen allein im Jahr 2015. Millionen Syrer flüchteten – innerhalb des Landes, aber auch in Nachbarländer wie in die Türkei.

„Mein Mann hat unseren Sohn so brutal zusammengeschlagen, dass er ins Krankenhaus musste“
Hibaflüchtete mit ihren Kindern vor ihrem Ex-Mann

Auch Hiba machte sich mit ihrer Mutter und ihrem Bruder auf den Weg in die Türkei: "Ich habe dort meinen Mann kennengelernt, wir haben dann zwei Kinder bekommen", berichtet sie. Doch im Oktober 2022 zerbrach das Glück: "Er hat unseren Sohn so brutal zusammengeschlagen, dass er ins Krankenhaus musste und dort fünfmal operiert wurde."

Die 33-Jährige überlegte nicht lange: Um ihre Kinder zu schützen, floh sie erneut: "Wir waren dann fast 16 Tage lang unterwegs – hauptsächlich zu Fuß, einige Strecken haben wir auch mit dem Auto zurückgelegt. Wir wollten eigentlich nach Deutschland, sind dann aber in Österreich gelandet. Das Wichtigste für mich ist, meine Kinder zu beschützen!"

Hiba will wieder als Englisch-Lehrerin arbeiten

Mit ihrem Sohn (7) und ihrer Tochter (4) lebt die Alleinerzieherin – sie ist mittlerweile von ihrem Mann geschieden und hat keinen Kontakt zu ihm – nun in einer Einzimmerwohnung in Simmering, bezieht Mindestsicherung: "Ich zahle rund 500 Euro Miete. Etwas Anderes können wir uns im Moment nicht leisten. Es ist hart, aber trotzdem tausendmal besser, als mit einem brutalen Mann zusammen zu sein, der seine Kinder verletzt", erzählt Hiba.

Ansprechstellen für Gewalt-Betroffene

Frauenhelpline (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 222 555

Männernotruf (rund um die Uhr, kostenlos): 0800 246 247

Rat auf Draht: 147

Autonome Frauenhäuser: 01/ 544 08 20

Gewaltschutzzentren: +43 1 585 32 88

Weisser Ring: 0800 112 112

Die 33-Jährige hat um Asyl angesucht, absolviert derzeit Deutschkurse. "Ich habe jetzt gerade die Prüfung für A2 (untere Mittelstufe, Anm.) gemacht. Mein Deutsch muss perfekt sein, erst dann kann ich wieder Englischlehrerin sein. Ich werde auf jeden Fall alles versuchen, um einen Job zu bekommen – ich könnte mir auch vorstellen, als Krankenpflegerin oder im sozialen Bereich zu arbeiten", meint Hiba, die neben Englisch auch Französisch, Arabisch und Türkisch spricht.

„Ich versuche, mit der Mindestsicherung auszukommen – manchmal reicht es, manchmal auch nicht“
Hibaist Alleinerzieherin

Dass das Leben als Single-Mama nicht einfach ist, weiß Hiba nur zu gut. Unterstützung erhält sie vom Verein Mut. Seit rund einem halben Jahr holt sie sich im Gratis-Sozial-Greissler Lebensmittel und Hygieneartikel ab. Vor kurzem hat sie als eine von zehn Alleinerziehenden einen Energie-Gutschein vom Verein in Höhe von 150 Euro erhalten.

Jasna Saric, Leiterin der Not- und Obdachlosenhilfe beim Verein Mut (M.) mit Hiba (2.v.r.) und weiteren Alleinerzieherinnen.
Verein Mut

"Das war wirklich super, ich bin so dankbar dafür. Ich habe einen Großteil des Geldes für die Strom- und Gas-Rechnung verwendet. Ich versuche wirklich, mit der Mindestsicherung auszukommen – manchmal reicht es, manchmal auch nicht. Mein Ziel ist ein guter Job und ein regelmäßiges Einkommen. Der Weg dahin ist hart, vor allem am Anfang, aber wir werden diesen Neustart schaffen", meint Hiba, deren Kinder bereits gut Deutsch sprechen.

Keine Rückkehr nach Syrien

Eine Rückkehr nach Syrien kommt für die 33-Jährige trotz des Sturzes von Diktator Baschar al-Assad im vergangenen Dezember nicht infrage – zumindest vorerst: "Ich habe noch Freunde in Syrien. Sie haben mir dringend geraten, nicht zurückzukehren. Ich kann erst mit meinen Kindern zurück, wenn das Land wirklich sicher ist – so sicher wie Österreich. Dazu kommt die Angst, wie sie in Syrien auf mich als geschiedene Frau reagieren."

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