Putins Spione haben unsere Spitzen-Politiker im Visier – mit dieser Aussage schlug der Leiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, am Sonntag hohe Wellen.
"Auch in Österreich stehen Politiker bestimmter Parteien und Entscheidungsträger im Fokus der Russen, was Desinformation betrifft", zitierte der "Kurier" aus einem Interview mit ihm. Besonders ein Teil dieses Satzes sorgte für Aufsehen: "Politiker bestimmter Parteien". Wen genau meinte er damit?
Im Ö1-Morgenjournal am Dienstag wurde Haijawi-Pirchner genau damit – und auch der aktuellen Gefährdungslage islamistischer Anschläge in Österreich – konfrontiert.
Im Radio-Interview ruderte er plötzlich zurück, wollte nicht irgendwelche Parteien im Besonderen gemeint haben: "Das habe ich in der Form nicht gesagt. Es stehen selbstverständlich sämtliche politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger im Fokus [...]."
Der DSN-Chef stellte danach wortreich klar, dass man eine Trennlinie zwischen zwei Fronten der russischen Spionagetätigkeit ziehen müsse. "Was möchte ein Regime, wie das russische aktuell? Einerseits durch Spionagehandlungen Wissen aus Österreich heraustransportieren – wir haben viele internationale Organisationen in Wien, wir sind EU-Mitglied und liegen im Herzen Europas."
Dabei würden Putins Spione nicht zwischen den Parteien unterscheiden, auch Entscheidungsträger von Organisationen, Wirtschaft und Wissenschaft stünden im Visier. Das beinhalte auch Cyberangriffe auf Einzelpersonen wie Parlamentarier.
Brisant wurde es beim Andererseits: "Die Desinformationskampagnen sollen zur Beeinflussung in Europa führen. Und so ist es auch in Österreich." Selbst unser neutrales Land wird vom Kreml in seinen hybriden Krieg gegen die Ukraine einbezogen – unter anderem, weil Österreich eine Stimme innerhalb der EU hat.
Haijawi-Pirchner bestätigte auf Nachbohren des Ö1-Moderators, dass die "Echoräume russlandaffiner Parteien" ganz gezielt mit Desinformation geflutet würden: "Selbstverständlich. Hier sind auch ganz klar rechtsextreme Kanäle immer wieder auch voll mit russischer Propaganda. [...] Das stellt die Republik aktuell vor ein Problem".
Gerade in diesem Superwahl-Jahr mit EU- und Nationalratsentscheidungen bestehe die Gefahr, dass auch die breite Masse der Bevölkerung beeinflusst werden solle, um ein Kreml-genehmes Ergebnis zu erzielen. Eine Gefahr, die auch das Verteidigungsministerium und Bundesheer jüngst bei ihrer Präsentation des aktuellen Risikobildes identifizierten.
So werde auf gesellschaftliche Konflikte abgezielt, um in die Gefühlswelt der Menschen einzudringen und emotionale Reaktionen hervorzurufen, weiß Generalmajor Peter Vorhofer. Aktuelle Spaltkeile, die von außen in die Bevölkerung getrieben werden, seien etwa die Einstellung zum Ukraine-Krieg, der NATO und der EU. Mit dieser Art hybrider Kriegsführung sollen vor allem demokratische Systeme des Westens geschwächt werden.
Die Wiener Polizei steht nun auch selbst im Fokus einer Affäre rund um die Russland-Wahl am 17. März. Mehrere Beamte hatten nach ihrem Einsatz rund um die Botschaft das Gebäude mit Geschenksäcken mit dem russischen Staatswappen darauf in der Hand verlassen. Mit einem solchen Gebaren soll nun Schluss sein, erklärt ein Sprecher der Landespolizeidirektion Wien der APA.
Die eingesetzten Polizisten und Mitarbeiter des Landesamts Staatsschutz und Extremismus (LSE) in zivil seien nicht nur vor der Botschaft postiert gewesen, sondern auch häufig ein und aus gegangen. Die Begründung eines der Gesetzeshüter dafür: ein verfügbares Klo. Rund um ihren Stuhlgang wurden sie aber offenbar auch von den Russen verköstigt und beschenkt.
Was genau in den Sackerln war, wollte der Polizeisprecher nicht verraten. Es seien "Gegenstände geringen Wertes" und deshalb auch keine Verfehlung nach dem Beamtendienstrechtsgesetz gewesen. Der schiefe Eindruck bleibt aber. Die betreffenden Beamten seien dahingehend sensibilisiert worden.