Debatte um Mindestsicherung

SPÖ schlägt Alarm: Trotz Arbeit arm – Kinder leiden!

Hitzige Debatte zur Mindestsicherung im Wiener Landtag. Grüne und SPÖ kritisieren, dass Menschen gegeneinander ausgespielt werden.

Christoph Weichsler
SPÖ schlägt Alarm: Trotz Arbeit arm – Kinder leiden!
Die Landtagssitzung am Mittwoch war geprägt von heftigen Diskussionen.
Auer

Nächstes Kapitel im heftigen Polit-Streit. Wie "Heute" berichtete, fand am Mittwoch im Wiener Landtag eine Sondersitzung – erneut zum Thema Mindestsicherung und Sozialstaat – statt. Einberufen wurde die Sitzung von der FPÖ, nachdem bekannt wurde, dass eine Familie 6.000 Euro ohne Arbeit bekommt (Mindestsicherung, Wohnbeihilfe, Familienbeihilfe). Der SPÖ-Abgeordnete Kurt Wagner stellte klar, dass rund 10.000 Menschen in Wien von ihrem Einkommen – trotz Erwerbstätigkeit – nicht leben können und deswegen auf Mindestsicherung angewiesen sind. Wagner kritisierte, dass eine bestimmte Fraktion in dieser Debatte bewusst versucht, Neid zu schüren und die Gesellschaft zu spalten.

"Dänisches Modell" nicht umsetzbar!

Die Opposition – ÖVP und FPÖ – fordert immer wieder die Einführung des "Dänischen Modells" – Erklärung in der Infobox. Wagner nahm dazu Stellung, laut ihm sei diese Regelung gesetzlich nicht umsetzbar. Es brauche stattdessen eine bundesweit einheitliche Lösung für die Mindestsicherung. Er ergänzte: "Wien steht dabei fest zu dem Grundsatz, jenen zu helfen, die es am dringendsten brauchen – besonders Kindern!" Wagner zitierte den früheren Wiener Stadtrat Julius Tandler und forderte, "Kindern Paläste zu bauen".

Das "Dänische Modell" kombiniert hohe Sozialleistungen mit strengen Auflagen für Arbeitslose, wie verpflichtende Weiterbildungen und schnelle Arbeitsvermittlung. Es beinhaltet Wartefristen und kann Ausländer diskriminieren, weshalb es in Österreich als schwer umsetzbar gilt. (Agenda Austria)

Ein Kind ist ein Kind – und jedes Kind ist für uns gleich viel wert
Marina Hanke
SPÖ-Gemeinderätin

SPÖ-Abgeordnete Marina Hanke unterstützt die Position mit einem Faktencheck: 37 Prozent der Mindestsicherungsbezieher sind Kinder, 9 Prozent Erwachsene und 11 Prozent sind Pensionisten oder Menschen mit Behinderungen. Hanke machte deutlich, dass viele der Bezieher – sogenannte "Aufstocker*innen" – trotz Arbeit nicht genug verdienen. Sie kritisierte die Regierung dafür, dass besonders Alleinerziehende und ihre Kinder unter den Kürzungen leiden. "Ein Kind ist ein Kind – und jedes Kind ist für uns gleich viel wert", betonte Hanke und verurteilte die von der Opposition als "Rührseligkeit" abgetane soziale Verantwortung. Die Polemik gegen Ausländer und Flüchtlinge diene laut Hanke nur dazu, von der gescheiterten Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung abzulenken.

Marina Hanke (SPÖ): Besonders Alleinerziehende und ihre Kinder leiden unter den Kürzungen.
Marina Hanke (SPÖ): Besonders Alleinerziehende und ihre Kinder leiden unter den Kürzungen.
Helmut Graf

NEOS-Konrad: "sozialpolitischen Fleckerlteppich"

NEOS-Abgeordneter Jörg Konrad erinnerte die FPÖ in seiner Rede an ihre Verantwortung während der Koalition mit der ÖVP. "Sie haben unserem Land mit diesem Beschluss aus rein populistischen Gründen einen sozialpolitischen Fleckerlteppich beschert", kritisierte er. Dennoch sei es "vollkommen klar", dass sich Arbeit auszahlen müsse. Konrad sprach sich daher für ein einheitliches System aus, das durch das AMS verwaltet wird. Gleichzeitig nutzte er die Gelegenheit, um für eine pinke Regierungsbeteiligung nach der nächsten Nationalratswahl zu werben.

Grüne: Schutz vor Kinderarmut

Georg Prack von den Grünen setzte sich für vermehrten Schutz von Kindern ein. Die Mindestsicherung sei dafür ein sehr wichtiges Instrument gegen Kinderarmut. Diskriminierungen jeglicher Art kritisiert Prack: "Es darf keine Rolle spielen, welche Religion, Hautfarbe oder Herkunft ein Kind hat – der Schutz von Kindern entscheidet, ob wir eine zivilisierte Gesellschaft sind." In Wien wird die Kindermindestsicherung an der Armutsgefährdungsschwelle gemessen, doch in anderen Bundesländern würden Kinder trotz Unterstützung weiterhin unter der Armutsschwelle leben, warnte Prack.

Georg Prack (Grüne, im Bild mit Wiens Grünen-Chefin Judith Pühringer): Mindestsicherung ist ein wichtiges Instrument gegen Kinderarmut.
Georg Prack (Grüne, im Bild mit Wiens Grünen-Chefin Judith Pühringer): Mindestsicherung ist ein wichtiges Instrument gegen Kinderarmut.
Helmut Graf

Am Ende der Sitzung fanden die Anträge der Opposition keine Mehrheit. Dagegen wurden die Vorschläge der SPÖ und NEOS zur bundesweiten Regelung der Sozialhilfe sowie ein Antrag zur Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge mehrheitlich angenommen.

Auf den Punkt gebracht

  • In einer hitzigen Debatte im Wiener Landtag kritisierten SPÖ und Grüne die aktuelle Mindestsicherungspolitik und warnten vor der Spaltung der Gesellschaft durch Neid
  • Sie betonten die Notwendigkeit einer bundesweit einheitlichen Lösung und setzten sich besonders für den Schutz von Kindern vor Armut ein, während die Opposition mit ihren Anträgen keine Mehrheit fand
CW
Akt.