Trendumkehr soll kommen
Spätere Pension & neue Steuern – das empfiehlt die OECD
Der Länderbericht der OECD gibt Empfehlungen für neue Maßnahmenpakete. Dabei soll es sich um Änderungen bei der Pension und Steuern handeln.
Im Abstand von etwa zwei Jahren durchleuchtet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jedes Mitgliedsland und fasst die Erkenntnisse dieser Analyse in einem umfassenden Bericht zusammen. Jener für Österreich wurde am Montag von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), OECD-Generalsekretär Mathias Cormann, Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) präsentiert.
Festgehalten wurde eine weitreichende Analyse und Ideen zu Maßnahmenpaketen für die wirtschaftliche Entwicklung sowie zu weiteren Themengebieten wie Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität, sozio-ökonomischen Aspekten bis hin zur grünen Transformation. Doch was bedeutet das genau für Österreich und welche Änderungen sollen kommen? – "Heute" klärt auf.
Pensionsalter anheben
Einer der ersten Kritikpunkte dabei sind die Ausgaben für Gesundheit, Langzeitpflege und Renten. Die Grundlage der aktuellen Politik bis 2060 wird dabei voraussichtlich um 5,8 Prozentpunkte des BIP steigen. "Ohne Maßnahmen zur Reduzierung oder Kompensation dieser Kosten wird das Schulden-BIP-Verhältnis möglicherweise auf einem nicht nachhaltigen Kurs liegen." Dabei werde Österreich 2030 eines der niedrigsten effektiven Erwerbsaustrittsalter in Europa haben und die Lebenserwartung gehöre zu den höchsten in der OECD.
Die Maßnahmen, welche hier umgesetzt werden sollten, betreffen vor allem die Pension. Das Antrittsalter sollte nämlich an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Zudem soll die Zahl der Frühzeitrenten reduziert werden, indem der Zugang zur Invaliditätsrenten reformiert wird. Außerdem sollen die Anreize für das "Weiterarbeiten im Alter" – also während der Pension – erhöht werden.
Höhere Steuern auf Tabak und Alkohol
Darüber hinaus sollten auch die Präventionsmaßnahmen für chronische Erkrankungen gestärkt werden, um die Ausgaben im Gesundheitssystem zu entlasten. Neue höhere Steuern und weitere Maßnahmenpakete gegen Alkohol und Tabakkonsum würden dadurch nicht nur die Gesundheitsausgaben senken, sondern erhöht auch die Lebenserwartung, was wiederum zu einer Anhebung der (dann gekoppelten) Pension führt.
Weiters wird empfohlen, dass es zu einer Verlagerung der Gesundheitsdienste weg von der Krankenhausversorgung kommt. Das soll durch die Stärkung der ambulanten Pflege geschehen und dadurch die langfristige finanzielle Tragfähigkeit des Gesundheitssystems gewährleisten.
Wiederkehrende Besteuerung von Immobilien
Änderungen sollte es zudem auch in der Besteuerung von Arbeit geben. Diese sollte auf andere Grundlagen wie "höherer Kohlenstoffsteuern und wiederkehrender Besteuerung von (sogenannten) unbeweglichem Eigentum" verlagert werden. Unter "unbeweglichem Eigentum" sind etwa Grundstücke und Immobilien gemeint.
Mehr qualitative Kinderbetreuung
Die von Kocher angesprochene "Trendumkehr" sieht der Bericht in der Betreuung von Kindern vor. Dieser kritisiert nämlich etwa das Fehlen einer qualitativen Kinderbetreuung, welche die Frauen an der Beteiligung im Arbeitsmarkt hindere. Deshalb brauche es eine Ausweitung der Kinderbetreuung, vor allem für benachteiligte Familien.
Zusätzlich sei hier auch an die Aufwertung der Anreize für eine ausgewogenere Nutzung des Elternurlaubs zwischen Müttern und Vätern angedacht. Immerhin zeigt der Bericht, dass die Erwerbsbeteiligung von Frauen im gebärfähigen Alter gering bleibt und nur 4 Prozent der Männer den "Papamonat" in Anspruch nehmen.
Anhebung der Kohlenstoffbepreisung
Letztlich soll es auch eine Ankurbelung der Kohlenstoffbepreisung geben, denn diese ist laut der OECD im Vergleich zu den führenden Ländern "relativ niedrig". Dabei sei auch an eine Reformierung der Pendlerpauschale gedacht, welche besser auf soziale und ökologische Umstände abzielt. Weiters gehört zu den "grünen Maßnahmen" auch die Ausweisung weiterer "Erneuerbare-Energie-Projekte", da diese von überwiegendem öffentlichem Interesse seien.
"Mahnende Worte"
Die SPÖ, NEOS und FPÖ zeigen sich nicht erfreut. "Nach Fiskalrat, Rechnungshof und EU-Kommission richtet jetzt auch die OECD mahnende Worte an die Bundesregierung", monierte Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker (NEOS). "Dass Minister Kocher heute davon spricht, dass man doch die Lohnnebenkosten senken könnte, ist fast schon als Eigensatire zu verstehe", polterte Loacker weiter.
Seit der ÖVP gehe es bergab
SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter merkt an: "Erstens: Österreich hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten gut entwickelt, bis die ÖVP den Kanzler gestellt hat. Seitdem verliert Österreich an Wirtschaftskraft, hat die höchste Teuerung in Westeuropa, sinkt der Wohlstand und das Defizit und die Schulden steigen."
"Zweitens: Die ÖVP steht mit ihrer Ideologie gegen die Empfehlungen der OECD, die Steuergerechtigkeit zu erhöhen, die Kinderbetreuung auszubauen, das Bildungssystem besser und gerechter zu machen", erklärte Matznetter weiter. Er forderte die Regierung erneut zu einem Kassensturz vor der Wahl auf: "Der Finanzminister muss endlich alle Zahlen auf den Tisch legen und den Wählerinnen und Wählern vor der Wahl reinen Wein einschenken. Die ÖVP hat Österreich ärmer gemacht".
"Fahrlässige Politik"
Auch FPÖ Wirtschaftssprecher Axel Kassegger kritisierte die Wirtschaftspolitik der Regierung scharf: "Von der ÖVP und den Grünen wurde in den letzten fünf Jahren alles nur Erdenkliche unternommen, um die Wettbewerbsfähigkeit von Österreichs Wirtschaft und Industrie im Namen des Klimaschutzes vollkommen zu zerstören." Die Politik der Regierung sei zudem "fahrlässig" und gefährde Österreichs Wirtschaft und die Wettbewerbsfähigkeit.
Auf den Punkt gebracht
- Die OECD hat ihren Länderbericht für Österreich vorgestellt, der eine umfassende Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung und Empfehlungen für die Zukunft enthält
- Die Regierung betont, bereits Maßnahmen ergriffen zu haben, während Oppositionsparteien wie NEOS, SPÖ und FPÖ die Wirtschaftspolitik der Regierung kritisieren und Reformen fordern