Politik
"Soldat Allahs" droht Macher von "Islam-Karte" mit Tod
Mouhanad Khorchide (49) ist wissenschaftlicher Leiter der umstrittenen "Islam-Landkarte". Mittlerweile wurde er sogar schon mit dem Tod bedroht.
Am Donnerstag präsentierte Integrationsministerin Susanne Raab zusammen mit Islam-Experten die "Islam-Landkarte", die insgesamt 623 muslimische Verbände, Organisationen und Moscheen auflistet. Neben Ednan Aslan ist auch Mouhanad Khorchide in das Projekt involviert und sitzt gemeinsam mit der Ministerin und anderen Vertretern des Projekts am Tisch, als die Islam-Landkarte präsentiert wird. Khorchide ist Wissenschaftlicher Beirat der Dokumentationsstelle für politischen Islam.
Noch am Nachmittag taucht ein Video im Netz auf, in dem ein "Soldat Allahs" den 49-Jährigen als "Ungläubigen" beschimpft. In radikal-islamischen Kreisen gleicht das einem Mord-Aufruf. Khorchide verständigt noch am selben Tag die Polizei. Im Interview mit Krone-Starinterviewerin Conny Bischofsberger erklärt er, wie es ihm mit dem Hass, der ihm entgegengebracht wird, geht.
Bis zu 50 Morddrohungen täglich
Seit bereits acht Jahren stehe er unter Polizeischutz, auch sein Sohn habe im Alter von 13 Jahren schon Todesdrohungen via SMS erhalten. Im Laufe seiner Karriere habe es Tage gegeben, an denen bis zu 50 Morddrohungen bei ihm eingingen. Aus Sicherheitsgründen findet das Interview an einem geheimen Ort statt. Entmutigen lassen will sich Khorchide dennoch nicht. Er sieht es als seine Verpflichtung an, einen "Islam europäischer Prägung" zu etablieren. Denn da wo rechtsstaatliche Prinzipien und demokratische Grundwerte nicht Teil des Selbstverständnisses der Muslime seien, werde es gefährlich.
Von vielen Muslimen habe er Zuspruch für die Landkarte bekommen, weil diese kompakt und transparent einzelne Organisationen aufzeige und zu welchen Dachverbänden etwa einzelne Moscheen gehörten. Die Kritik an seiner Person und die andauernden Bedrohungen würden aus drei bestimmten Ecken kommen, führt der Islamexperte aus.
Probleme bei großen Dachverbänden
Am Donnerstag seien drei akribisch ausgearbeitete Dossiers über die drei größten islamischen Dachverbände in Österreich präsentiert worden. Dabei sei jeder davon problematisch. Khorchide führt aus, dass es etwa bei manchen ATIB-Moscheen eine Nähe zur türkischen Regierung und der Märtyrerideologie gebe. Hier gebe es Fälle, in denen Kinder Märtyrer-Szenen nachspielen würden.
Milli Görüs sei auch ein problematischer Verband, weil sich diese auf antisemitische sowie antiwestliche Ideologien des Gründervaters Necmettin Erbakan, einem türkischen Politiker, berufen würden. Bei den Grauen Wölfen gebe es laut Khorchide den Vorwurf, nationalistisch zu sein. "Das alles ist hochproblematisch", wird er in der "Krone" zitiert.
Lob für Politik
Als die drei größten Probleme bezeichnet Khorchide die "Aufklärung, Stellung der Frau und den Antisemitismus". Er fordert eine "Aufklärung im Sinne einer Etablierung eines zeitgemäßen, europäisch geprägten Islams". Was die Stellung der Frauen anbelangt, so hätten diese noch immer keinen gleichberechtigten Zugang zu Moscheen, "und das im 21. Jahrhundert!". Auch beim Thema Antisemitismus hätten etwa erst jüngst Demonstrationen in der Innenstadt gezeigt, dass es hier "Nachholbedarf" gebe.
Für Österreich und die politischen Verantwortlichen hat Khorchide nur lobende Worte übrig: "Man muss wirklich sagen, dass Österreich sich der Gefahr des politischen Islam als erstes europäisches Land mit viel Mut gestellt hat. Man wartet nicht, bis Bomben fliegen oder Gewalt ausgeübt wird, sondern schaut da hin, wo die Ideologie entsteht", analysiert er das Agieren der Entscheidungsträger.