Ukraine

So terrorisieren Putins Wagner-Söldner Russlands Städte

Der Chef der Söldner-Truppe Wagner rekrutierte im Herbst in Gefängnissen. Nun kehrten viele Verurteilte in die Heimat zurück und sorgen für Unmut. 

Werbung für die Wagner-Gruppe in der russischen Hauptstadt Moskau.
Werbung für die Wagner-Gruppe in der russischen Hauptstadt Moskau.
REUTERS

Söldner der Wagner-Gruppe unter Jewgeni Prigoschin sind für Putin eine wichtige Ergänzung zu den russischen Streitkräften. Besonders im umkämpften Osten der Ukraine nehmen die Söldner eine große Rolle ein. Wie "Heute" berichtete, verließen kürzlich über 5.000 aus Gefängnissen rekrutierte, verurteilte Straftäter die Front, um in die Heimat zurückzukehren. Für sechs Monate im Krieg wurde ihnen eine Freilassung versprochen – das scheint sich nun vielerorts zu rächen. 

"Trinkt nicht zu viel, nehmt keine Drogen und vergewaltigt keine Weiber", das richtet Wagner-Chef Prigoschin in einem viralen Video an Kämpfer seiner Söldner-Truppe, die nach sechsmonatiger Dienstzeit nach Hause dürfen. Ein Großteil davon wurde zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, manche sogar wegen Mordes. Einige Wochen später scheint klar, wovor sich die russische Öffentlichkeit fürchtete – Prigoschins Schattenarmee terrorisiert die russischen Städte und sorgt für Angst und Schrecken.

"Kranker Bastard"

In den vergangenen Tagen mehrten sich Berichte über Übergriffe und sogar Mordfälle. Besonders hohe Wellen schlug ein Fall in Zchinwali in Südossetien: Hier soll ein Wagner-Söldner einen Mann mit geistiger Behinderung ermordet haben, wie der "Guardian" berichtet. Ein Video zeigt demnach, wie er den 38-jährigen "Zugri", der in der Stadt wegen seiner Freundlichkeit hohe Beliebtheit genoss, verfolgt und tritt, bis dieser an den Folgen stirbt

Ein weiterer, vergleichbarer Fall ereignete sich in Nowyj Burec, einem kleinen Ort 600 Kilometer von Moskau entfernt. Als bekannt wurde, dass ein verurteilte Mörder in das Dorf zurückkehren werde, trat die Gemeinde zusammen. Gemeinsam wollte man den Mann am 28. März aus der Stadt schaffen. Doch nur einen Tag später erschlug der 28-Jährige eine 85-Jährige mit einer Axt. "Putin und Prigoschin sind für ihren Tod verantwortlich. Sie haben einen kranken Bastard zurück in die Gesellschaft entlassen", so Angehörige der Ermordeten zum "Guardian". 

Prigoschins eigene Agenda

Als Prigoschin im Herbst in Gefängnissen rekrutierte, lockte er mit einer besonderen Belohnung. Für sechs Monate an der Front sollten die Insassen – unabhängig von der Strafe, die sie eigentlich noch abzusitzen hätten – völlige Straffreiheit erhalten. So kam es also, dass über 5.000 Kriminelle wieder auf die russische Gesellschaft losgelassen werden. Das dürfte Prigoschin nicht unrecht sein. 

Denn er verfolgt eigene Pläne. Früher ein devoter Anhänger Putins, verfolgt er nun eine eigene Agenda. Manche Beobachter sehen die nun zurückkehrenden Söldner als verlängerten Arm Prigoschins, der so an Einfluss gewinnt, quasi eine eigene paramilitärische Einheit in Russland aufbaut. Auch die Polizei nimmt es mit den freigelassenen Söldnern nicht so ernst: Viele von ihnen werden trotz erheblicher Indizien oder sogar Beweise für Straftaten einfach wieder freigelassen. 

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    Wagner-Chef <a data-li-document-ref="100255572" href="https://www.heute.at/g/-100255572">Jewgeni Prigoschin</a> in einem Video, das ihn mit russischer Fahne auf dem Rathaus von Bachmut zeigen soll. Es wurde am 3. April 2023 veröffentlicht.
    Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in einem Video, das ihn mit russischer Fahne auf dem Rathaus von Bachmut zeigen soll. Es wurde am 3. April 2023 veröffentlicht.
    Concord Press Service/Handout via REUTERS