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So sieht Verhungern aus Sicht der Eisbären aus

US-Forscher bestätigen, wovor Naturschützer schon lange warnen: Viele Eisbären finden nicht mehr genügend Beute, um satt zu werden.

Heute Redaktion
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Altersschwach oder ausgehungert? Diese Frage taucht jedes Mal auf, wenn Bilder von völlig entkräfteten Eisbären um die Welt gehen – auch bei den 20-Minuten-Lesern. Eine Antwort liefern nun Forscher um Anthony Pagano vom Alaska Science Center in Anchorage im Fachjournal "Science".

Das Team hatte zwischen 2014 und 2016 jeweils neun Weibchen in der kanadischen Polarmeerregion Beaufort Sea gefangen, untersucht, mit GPS-Kameras ausgestattet und wieder freigelassen.

Nach rund anderthalb Wochen fingen sie die Tiere wieder ein, um ihnen die Technik abzunehmen, sie erneut zu wiegen und die Daten auszulesen. So konnten die Forscher sehen, was und wie viel die Eisbärinnen in der Zwischenzeit gegessen hatten.

Wie ein immer schneller werdendes Laufband

Aus den gesammelten Daten berechneten Pagano und seine Kollegen dann den Energieverbrauch der Eisbären. Dabei zeigte sich, dass dieser im Untersuchungszeitraum 1,6-mal höher war als noch in den 1990er-Jahren.

Verantwortlich dafür könnte laut den Forschern das Schwinden des Packeises sein, das sich laut Wissenschaftlern der University of Colorado jährlich um 14 Prozent zurückzieht. George Durner vom Geologischen Dienst der USA verglich die Lage im Juni 2017 mit einem immer schneller werdenden Laufband:

Chronisch unterernährt

Die Eisbären müssten deswegen größere Strecken überwinden, um Beute zu finden, so das Team um Pagano. Um den Energiebedarf zu decken, müsste ein Eisbärweibchen alle zehn bis zwölf Tage eine erwachsene Robbe oder 19 Robbenbabys fressen.

Doch offensichtlich ist das leichter gesagt als getan. Von den jeweils neun untersuchten Tieren schafften das im Schnitt nur vier. Vier weitere verloren im Beobachtungszeitraum rund zehn Prozent ihres Körpergewichts. Und das, obwohl die Untersuchung zu einer Zeit stattfand, in der die Tiere die Mehrheit ihres Körperfetts ansetzen sollten.

Das alles verheißt nichts Gutes, wie es in der Studie heißt: "Mehr Bewegung, verursacht durch den Verlust an Meereis, wird sich wahrscheinlich negativ auf den Fortpflanzungserfolg der Eisbären auswirken, und letztendlich auch auf ihren Bestand."

Im Dezember 2017 ging dieses Video aus der Arktis um die Welt. Es zeigt drastisch die Folgen des Klimawandels für Eisbären. (Video: Tamedia/Paul Nicklen)

(red)