Wirtschaft
So schädlich sind Verpackungen tatsächlich
Food-Kuriere liefern Bestellungen mit viel Verpackungsmüll aus. Doch was würde ein Verzicht bringen?
Mehr als zwei Drittel der unter 30-Jährigen kaufen mindestens einmal pro Monat Essen bei Lieferservices, Take-aways oder in Restaurants. Das belegt eine Umfrage des deutschen Instituts Forsa. Viele Kuriere liefern das Essen mit viel Verpackungsmüll aus Plastik, Karton oder Aluminium aus. Mitglieder der Klimastreikbewegung fordern deshalb einen Verzicht: "Jeder, der ein Herz für unseren Planeten hat, sollte Lieferservices nicht mehr nutzen", sagt Jann Kessler von der Bewegung Klimastreik Schweiz.
Doch welchen positiven Effekt auf das Klima hätte ein solcher Verzicht? Das Institut für Energie- und Umweltforschung aus dem deutschen Heidelberg hat die Ökobilanz verschiedener Verpackungen verglichen.
Karton schneidet am besten ab
Bezogen auf den Verbrauch fossiler Ressourcen – also etwa Erdöl oder Kohle – schneiden Kartonverpackungen am besten ab. Dasselbe gilt bezogen auf den Ausstoß von CO2, das für den Klimawandel relevant ist. Karton hat gegenüber Aluminiumdosen eine um 54 Prozent bessere Bilanz, gegenüber Plastikbeuteln um 36 Prozent und gegenüber Glas um 60 Prozent.
Für die Herstellung einer Kartonverpackung mit dem Volumen von einem Liter werden demnach 233 Gramm CO2 ausgestoßen. Das entspricht, bezogen auf die Verbrauchswerte eines durchschnittlichen Neuwagens im Jahr 2018, einer Autofahrt von 1,7 Kilometern. Andere Verpackungen schneiden schlechter ab:
• Plastikbeutel: Für eine 1-Liter-Verpackung entstehen 367 Gramm CO2-Emissionen. Das entspricht einer Autofahrt von 2,7 Kilometern.
• Aluminiumdose: Für eine 1-Liter-Dose werden 512 Gramm CO2 ausgestoßen. Das entspricht 3,7 Kilometern Autofahrt.
• Glas: Für ein Glas mit einem Volumen von einem Liter werden CO2-Emissionen von 584 Gramm angegeben. Das entspricht einer Autofahrt von 4,2 Kilometern.
"Hebel bei der Menüwahl"
Die Verpackungen sind aber nicht das Schädlichste am Essen. Thomas Kägi von der Nachhaltigkeitsfirma Carbotech sagt, verschiedene Analysen zeigten, dass ihr Anteil im Vergleich zum Inhalt rund rund ein bis zehn Prozent ausmache. Martina Wyrsch, die Geschäftsführerin der Nachhaltigkeitsberatungsfirma Tiefgrün, sagt, der Anteil der Verpackung an der Umweltbelastung im Ernährungsbereich betrage "rund ein Prozent".
Viel mehr – nämlich rund 44 Prozent – machten Fleisch und tierische Produkte aus. "Einen großen Hebel haben wir bei der Menüwahl", so Wyrsch. "Entscheide ich mich für das vegetarische Gericht, kann ich die Umweltbelastung ungefähr halbieren. Wie das Essen verpackt ist, ist also sekundär." Wichtig sei, dass nur so viel Verpackung zum Einsatz komme, wie nötig und sinnvoll sei für den Transport.
"Kochen ist sicher sinnvoller"
Ob ein Verzicht auf Lieferdienste sinnvoll sei, könne nicht pauschal gesagt werden, so Wyrsch. So spiele etwa eine Rolle, wie häufig man diese beanspruche, wie weit der Lieferdienst entfernt sei und wie geliefert werde – mit Auto, Elektroroller oder mit dem Fahrrad. Zudem müsse man sich fragen, wie man sich sonst verpflegen würde. "Verglichen mit anderen MMaßnahmen, wie etwa für Europareisen konsequent den Zug zu nehmen anstatt das Flugzeug, ist der Verzicht auf Lieferdienste aus ökologischen Gründen doch eher von untergeordneter Bedeutung", so Wyrsch.
Ähnlich sieht es Thomas Kägi von Carbotech. "Wenn ich statt des Lieferdienstes selber zum Take-away fahre, kommt es wohl nicht drauf an", sagt er. "Aber auf einen Lieferdienst zu verzichten und sich Zeit zu nehmen, etwas Gutes zu kochen, wäre sicher sinnvoller."