Mundfäule
Skorbut – alte Seefahrerkrankheit wieder aufgetaucht
Einst von Seefahrern gefürchtet, ist Skorbut laut einem neuen Bericht kein Relikt der Vergangenheit. Kanadische Ärzte hatten nun einen Fall.
In früheren Zeiten war Skorbut von Seeleuten "mehr als jede andere Krankheit" gefürchtet. Diese Krankheit kostete zwischen dem späten 15. und der Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als zwei Millionen Seeleute das Leben. Verursacht wird sie durch einen extremen Vitamin-C-Mangel. Anzeichen sind Zahnfleischbluten, Zahnverlust, Blutergüsse bei der leichtesten Berührung, Lethargie, geschwollene Gliedmaßen und schmerzende Gelenke. Vitamin C spielt eine wesentliche Rolle bei vielen Stoffwechselprozessen, der Produktion von Kollagen und der Wundheilung.
Heute, wo alles im Überfluss vorhanden ist, ist ein Vitamin-C-Mangel praktisch unmöglich, möchte man meinen. Dem ist aber nicht so, wie ein neuer Bericht im Canadian Medical Association Journal (CMAJ) zeigt.
Immobilität und soziale Isolation
Der Bericht schildert die Skorbut-Diagnose einer 65-jährigen Frau, die vergangenes Jahr wegen Beinschwäche in die Notaufnahme eines Krankenhauses in der Innenstadt von Toronto (Kanada) kam. Aufgrund von Mobilitätsproblemen und geringer sozialer Unterstützung war sie nur begrenzt in der Lage, Lebensmittel einzukaufen und Mahlzeiten zuzubereiten. Sie ernährte sich fast ausschließlich von Dosensuppe, Dosenthunfisch, Weißbrot und Schmelzkäse – ohne frische Produkte. Sie nahm auch keine Vitamine oder Nahrungsergänzungsmittel zu sich.
Vitamin-C-Quellen
Da unser Körper Vitamin C nicht selbst bilden kann, muss es zugeführt werden und ist unverzichtbar, weil es an einer Vielzahl an Stoffwechselprozessen beteiligt ist. Unter anderem am Aufbau von Bindegewebe, Knochen, Knorpeln und Zahnfleisch. Außerdem schützt es die Zellen vor Schäden.
Die Hauptlieferungsquellen für Vitamin C sind Obst und Gemüse. Hagebutten mit 1.250 mg Vitamin C/100 g sind da Spitzenreiter, gefolgt von Sanddorn (450 mg), schwarzen Johannisbeeren (170 mg) und Petersilie (160 mg). Im Vergleich dazu ist der Vitamin C-Gehalt in der Zitrone mit 50 mg sogar recht niedrig. Aber auch rote Paprika oder Brokkoli enthalten vergleichsweise viel Vitamin C. Weiters Kiwi, Zitrone, Orange, Mandarine, Cranberrys, Erdbeeren.
Vermutlich kein Einzelfall
Eine detaillierte Bewertung der Sozial- und Ernährungsgeschichte der Patientin aus Toronto half den Ärzten, bei ihr Skorbut zu diagnostizieren. Die Ärzte beobachteten Hautläsionen, Zahnfleischveränderungen und Anämie (Blutarmut), neben anderen Symptomen. Skorbut hat zahlreiche Risikofaktoren. Patienten mit niedrigem sozioökonomischem Status, die nicht genügend hochwertige Lebensmittel zu sich nehmen, oder ältere isolierte Erwachsene haben laut den Forschern ein höheres Risiko für die Krankheit.
Nachdem die Ärzte bei der Frau einen schweren Fall von Skorbut diagnostiziert hatten, verabreichten sie ihr sieben Tage lang 1.000 mg intravenöses Vitamin C und anschließend täglich 1.000 mg orales Vitamin C. "Ihre Unterschenkelschwäche begann sich nach Beginn der Vitamin-C-Behandlung zu bessern", schreiben die Forscher. Später wurde sie in einer Rehabilitationseinrichtung behandelt.
Auf den Punkt gebracht
- Ein neuer Bericht im Canadian Medical Association Journal (CMAJ) zeigt, dass Skorbut, eine Krankheit, die durch extremen Vitamin-C-Mangel verursacht wird und einst von Seeleuten gefürchtet war, auch heute noch auftreten kann
- Kanadische Ärzte diagnostizierten bei einer 65-jährigen Frau in Toronto Skorbut, da sie aufgrund von Mobilitätsproblemen und sozialer Isolation fast ausschließlich von nährstoffarmen Lebensmitteln lebte; nach einer Vitamin-C-Behandlung besserte sich ihr Zustand