Finanzielle Vorsorge
Sie (31) will junge Frauen zu "Rich Bitch Omas" machen
Stephanie Köllinger hat es sich zum Ziel gemacht, möglichst viele Frauen zu motivieren, sich aktiv um ihre Altersvorsorge und Finanzen zu kümmern.
Stephanie Köllinger (31) lebt im Schweizer Kanton Zug und arbeitete fünf Jahre lang als Sozialarbeiterin und Fachperson für Altersfragen bei Pro Senectute. Zurzeit ist sie in der Ausbildung zur diplomierten Finanzberaterin IAF. Seit kurzem ist sie selbständig und organisiert regelmäßig Weiterbildungen, Workshops und Online-Kurse zu Vorsorge- und Finanzthemen. Mit dem Schweizer Nachrichtenportal "20 Minuten" sprach die 31-Jährige jetzt über Armut und "Rich Bitch Omas":
Stephanie, du befasst dich mit Finanzen und Altersvorsorge. Was ist der größte Fehler, den viele begehen?
Sich nicht um die eigenen Finanzen zu kümmern. Ich erlebe immer wieder, dass sich Menschen gar nicht bewusst sind, wie sie mit Geld umgehen und keine Ahnung von der Altersvorsorge haben. Das kann – vor allem auf die Pensionierung hin – schwerwiegende Folgen haben.
Deine Workshops richten sich vor allem an Frauen. Weshalb?
Altersarmut ist weiblich. Ich wurde während meiner Zeit bei Pro Senectute täglich mit dem Thema Altersarmut konfrontiert. Die Schicksale einiger Frauen haben mich mitgenommen. Beispielsweise war da eine Frau, die jahrelang gut verdient und ein finanziell stabiles Leben führte. Dann verliebte sich ihr Ehemann neu, es folgte die Scheidung und dann der finanzielle Zusammenbruch. Sie musste mit Beginn der Pension ihren Lebensstandard komplett ändern und herunterfahren. Und dies, obwohl sie ihr ganzes Leben gearbeitet hat und kinderlos ist.
„Frauen interessieren sich leider wenig für Vorsorge und Finanzen.“
Weshalb trifft die Altersarmut vor allem Frauen?
Es sind verschiedene Faktoren. Frauen sparen gemäß Bundesamt für Statistik durchschnittlich 33 Prozent weniger in der Altersvorsorge als Männer. Das ist unter anderem auf die familiäre Rollenverteilung zurückzuführen. In den meisten Fällen reduzieren Frauen ihr Pensum viel stärker als Männer, sobald Kinder da sind. Dadurch werden weniger Beiträge in die AHV und Pensionskasse bezahlt und sie erhalten später weniger Rente. Und leider erlebe ich auch immer wieder, dass Frauen sich eher wenig für Vorsorge und Finanzen interessieren und entsprechend auch seltener Geld anlegen.
Was kann man tun, um im Alter finanziell gut abgesichert zu sein?
Zuerst sollte man sich mit der eigenen finanziellen Situation und dem "Money Mindset" befassen – und das so früh wie möglich. Mit 50 ist es oft schon zu spät. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, sich für das Alter finanziell abzusichern. In meinen Workshops erkläre ich nicht nur das 3-Säulen-System, sondern zeige gleich 9 Säulen auf – Vorsorge ist nämlich nicht nur das, was uns der Staat vorgibt, sondern es gibt viele weitere Möglichkeiten, wie man die Vorsorge verbessern kann.
Was verstehst du unter "Money Mindset"?
Wir alle haben eine andere Einstellung zu Geld, die geprägt ist durch unsere eigenen Erfahrungen und wie unsere Eltern und unser Umfeld damit umgegangen sind. Was wir in der Kindheit in Bezug auf Finanzen vorgelebt und gelernt haben, spiegelt sich im Erwachsenenalter oftmals wider. Haben Vater und Mutter viel über Geld gestritten, kann es sein, dass man es als etwas Schlechtes sieht und dementsprechend auch handelt. Diese negativen Glaubenssätze sollte man auflösen und versuchen, in positive umzuwandeln. Denn nur wer eine positive Einstellung zum Thema Finanzen hat und an sich selber glaubt, kann finanziell erfolgreich sein.
Die Bevölkerung ist mit Inflation und Teuerung in vielen Bereichen konfrontiert. Ist eine gute Altersvorsorge ein Privileg der Reichen?
Je weniger Geld man hat, desto weniger kann man natürlich in die Altersvorsorge investieren. Aber dennoch: Der Verzicht lohnt sich für die Zukunft. Ansonsten wird man im Alter weiter in eine Negativspirale gezogen.
Auf Instagram gibst du Tipps, wie man eine "Rich Bitch Oma" werden kann. Was rätst du jungen Menschen, die das werden wollen?
Verschuldet euch nicht! Junge Menschen tendieren dazu, sich Dinge zu kaufen, die sie sich nicht leisten können. So einfach wie es klingt: Spare so lange, bis du dir das Auto leisten kannst, anstatt es zu leasen. Ich hatte schon Kontakt mit 20-Jährigen, die bereits 30.000 Franken Schulden haben. Ein gesunder Umgang mit den eigenen Finanzen ist sehr wichtig, dazu gehört auch, sich Wissen zum Thema Vorsorge und Finanzen anzueignen. Und: Investitionen in die eigene Bildung sind immer gut.