Frau und Job weg

Sexsüchtiger aus Wien hatte seit 2018 keinen Sex mehr

Lukas M. ist seit vielen Jahren sexsüchtig. Wie das seine Ehe und auch sein Leben beeinflusst hat, erzählt er im persönlichen Gespräch mit "Heute".

Daniela Hamberger
Sexsüchtiger aus Wien hatte seit 2018 keinen Sex mehr
Lukas S. kämpft seit vielen Jahren mit seiner Sexsucht.
Pixabay/Heute

Was für viele nach einer schlechten Ausrede für einen Seitensprung klingt, ist für Betroffene ein großes Problem, denn sie leiden an Hypersexualität oder umgangssprachlich "Sexsucht" genannt. Der Wiener Lukas M. (48) – Name von der Redaktion geändert – ist einer dieser Betroffenen. Im "Heute"-Gespräch erklärt er, wie es ist, mit zwanghaftem Sexualverhalten zu leben.

"Ich bin seit meiner Kindheit sexsüchtig"

Begonnen habe alles schon relativ früh, als er als Kind spätabends "Softsexfilme" im Kabelfernsehen gesehen hat. "Ging sich das nicht aus, nahm ich die Filme auf VHS Kassetten auf und schaute sie mir an, wenn niemand zu Hause war", erzählt Lukas. Obwohl er noch ein Kind war, habe er Frauen bereits sexualisiert und auch Voyeurismus spielte eine große Rolle in seinem Leben.

Als der Wiener etwas älter war, wollte er nachstellen, was er zuvor in den Pornos gesehen hat. "Ich habe täglich stundenlang Pornos konsumiert und mir immer den Typ Frau gesucht, der mir schon als kleiner Junge gefallen hat. Sex hat mein Leben bestimmt. Meine Laune war extrem davon abhängig und auf Dauer habe ich auch meine Lebenslust komplett verloren".

Süchtig nach Frauen und Liebe

Neben dem sexuellen Verlangen, das er Frauen gegenüber spürt und das sich auch in obsessiven Gesten in der Öffentlichkeit zeigt, spielt aber auch Liebe ein zentrales Thema. "Für ein romantisches Verhältnis gebe ich mein Leben auf. Ich passe mich meiner Partnerin voll und ganz an, verliere mich in ihr und bekomme das Gefühl, kein eigenes, unabhängiges Leben mehr führen zu können". Auch in seiner Ehe machte er sich vollkommen abhängig.

Enormer Leidensdruck – "Ich war ein Looser"

Lukas hat extrem unter der Sucht gelitten und obwohl er wusste, dass etwas nicht stimmte, fand er lange keinen Ausweg. "Die Krux mit der Sucht ist, dass sie einem im Endeffekt nie das liefert, was man will. Man braucht immer mehr davon und man wird sehr unglücklich". Auch der berufliche Erfolg blieb deswegen aus. "In der Vergangenheit war Arbeit nur dazu da, um Geld zu verdienen. Meine Einstellung dazu war fragwürdig und ich habe auch während der Arbeitszeit Pornos konsumiert. Auch stand meine Liebesbeziehung immer über allem und ich habe die Arbeit nach und nach vernachlässigt".

Dadurch fehlte das Geld für die Familie, er ist Vater von drei Kindern (14, 21 und 23) und die Probleme wurden für ihn unlösbar. "Meine Exfrau konnte uns damals natürlich nicht alle alleine erhalten und folglich ging auch meine Ehe in die Brüche".

Schlussendlich ließ sich seine Frau scheiden – das war ein Weckruf für ihn, um sein Leben zu ändern. "Meine Exfrau drohte mir oft mit Scheidung und machte die Drohung eines Tages auch wahr. Und im Nachhinein bin ich darüber froh. Ich war 40 und fühlte mich wie der größte Loser. Aber dann suchte ich mir endlich Hilfe und machte den ersten Schritt in mein neues Leben".

Mit sich selbst ins Reine kommen

Nur wenige Menschen wissen von seiner Sucht, denn er möchte nicht, dass ihn andere verurteilen. "Meine drei Kinder wissen, dass ich mich sonntags mit anderen Süchtigen treffe, aber nicht, um welche Sucht es sich handelt". 2016 ist er aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und hat einen Job in einer Immobilieninvestmentfirma bekommen, wo er auch heute noch tätig ist. Seit die Scheidung 2018 abgeschlossen war, lebt er als Single und hatte bisher auch keine Partnerschaft mehr. "Ich bin noch nicht bereit, eine Beziehung einzugehen und treffe auch niemanden".

"Du musst lernen mit der Sucht zu leben"

Seine Sucht kann nicht "geheilt" werden, das große Ziel ist es nun, so damit leben zu lernen, dass er ein einigermaßen normales Leben führen kann. "Für mich wird es nie möglich sein, wie ein 'normaler Mensch' Pornos zu konsumieren oder zu masturbieren. Das Verlangen kann ich nicht kontrollieren, aber ich lerne gerade, dass ich auch ohne diese Dinge ein bedeutungsvolles Leben haben kann. Ich muss sie aus meinem Leben streichen."

Programm für Sexsüchtige

Lukas hat sich Hilfe im Rahmen einer Selbsthilfegruppe geholt, die sich mit Sex- und Liebessucht beschäftigt. In einem 12-Schritte-Programm lernen die Betroffenen aufzuhören und "clean" zu bleiben. "Es geht um einen Lebenswandel. Der Austausch mit anderen ist in so einem Fall besonders wichtig, da man niemals so ehrlich sein kann, wie in diesem Umfeld. Denn wir leiden alle am selben Problem".

Die Arbeit an sich selbst erfolgt mit einem Sponsor, also einem erfahrenen Süchtigen in Genesung. "Es ist wichtig einen Menschen im Leben zu haben, der zuhört, Ratschläge gibt und immer erreichbar ist, wenn man einmal nicht weiter weiß". Lukas ist mittlerweile selbst so weit fortgeschritten, dass er zwei andere Süchtige betreuen darf. Seit 2018 hatte er nach eigenen Angaben keinen Sex und konsumierte auch keine Pornos mehr.

"Nur für heute"

Mit diesem Motto gehen die Betroffenen der Selbsthilfegruppe durchs Leben. "Heute geht es mir gut, ich hatte keine Rückfälle und verspüre kein Verlangen. Aber wie es mit Süchten so ist, man weiß nie, was morgen kommt. Daher muss man täglich hart an sich arbeiten". Das Gelernte im echten Leben umzusetzen, ist eine große Herausforderung.

"Man muss auch auf sich selbst sehr viel Rücksicht nehmen – Selfcare ist besonders wichtig. Denn nur dann kann ich auch mit meinem Umfeld gut umgehen". Lukas hadert immer wieder mit Momenten aus der Vergangenheit, wo er Menschen mit seinem Verhalten verletzte. "Umso wichtiger ist es, sich regelmäßig auszutauschen und ein besserer Mensch zu werden". Im Programm gibt es auch die Möglichkeit an einem Datingplan zu arbeiten, sollte man sich wieder bereit fühlen eine neue Partnerschaft einzugehen. "Aktuell lebe ich aber lieber nur für mich selbst".

Die Selbsthilfegruppe für Sexsüchtige bietet anonyme Gespräche, egal ob per E-Mail, telefonisch oder auch persönlich im Rahmen eines Meetings. "Ich rate jedem, der unsicher ist, sich an uns zu wenden. Das ist der erste Schritt zu einem besseren und erfüllteren Leben".

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    21.12.2014: Magdeburg-Terrorist war bekannter Anti-Islam-Aktivist. Der mutmaßliche Täter des Anschlags von Magdeburg erhob schwere Vorwürfe gegen Deutschland und unterstützte Frauen, die aus Saudi-Arabien flüchteten.
    REUTERS
    DH
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