Mineralen geben Aufschluss

Sensation! Erstmals Alter des Neusiedler Sees enthüllt

Anhand des Bildungsalters von Mineralen konnte nun erstmals ermittelt werden, wie lange es den Neusiedler See im Burgenland bereits gibt.

André Wilding
Sensation! Erstmals Alter des Neusiedler Sees enthüllt
Der (zugefrorene) Neusiedler See im Burgenland.
Gerhard Wild / picturedesk.com

Ablagerungen in Seen können zur Altersbestimmung genutzt werden: Wenn man so tief in den Grund eines Sees bohrt, bis man dessen Basis erreicht und die älteste Schicht anschließend datiert, weiß man auch, seit wann es das Gewässer gibt.

Beim Neusiedlersee ist das allerdings nicht so einfach, da durch seine Charakteristika die herkömmlichen Methoden nicht anwendbar sind. Handelt es sich doch um einen extrem flachen See, um nicht zu sagen eine Pfütze, dessen Wassertiefe im Durchschnitt unter 1 Meter liegt und in dem in den Sommern starke Verdunstung herrscht. Durch die geringe Wassertiefe erreichen Wellen, die durch den Wind entstehen, den Grund des Sees und das Sediment wird dadurch laufend gemischt. Kurz: Es gibt keine basale Schicht, die datierbar wäre. Deshalb gab es bisher nur Spekulationen, seit wann es die Wasserbedeckung, die wir heute Neusiedlersee nennen, eigentlich gibt.

Paläo-Neusiedlersee

Nun konnten Forscher der BOKU gemeinsam mit Kolleg der Universitäten Wien und Innsbruck und der TU Graz dank neuer Methoden dem "Meer der Wiener" eine Geburtsurkunde ausstellen, die besagt, dass es den Paläo-Neusiedlersee, der von seiner Fläche her noch deutlich größer war, bereits vor zirka 25.000 Jahren gab.

In Österreichs größtem See bilden sich Karbonatminerale (magnesiumreicher Kalzit und Protodolomit), die aufgrund des speziellen Chemismus direkt aus dem Wasser auskristallisieren. "Unsere Hypothese war also: Wenn Wasser vorhanden ist, kommt es zur Bildung von Karbonatmineralen, auch wenn die Schlammschicht am Grund des Sees immer wieder gemischt wird. Wenn das stimmt, müssen kleine Minerale demnach jünger sein als größere.", erklärt Stephanie Neuhuber vom Institut für Angewandte Geologie der BOKU.

Die Forscher*innen separierten also verschieden großen Mineralen aus den oberen 20 Zentimetern des Sediments und teilten sie in 5 verschiedenen Korngrößen ein. Nachdem sie die Mineraltypen in jeder Fraktion bestimmt hatten, erfolge die Radiokohlenstoff-Datierung der Karbonatminerale und andere Untersuchungen zur Charakterisierung des Sediments wie stabile Isotope, Kohlenstoffgehalt sowie Gehalt an anderen Mineralen.

Mineralgröße als Indikator

Das Ergebnis der Untersuchungen bestätigte schließlich die Wachstums-Hypothese: kleinere Minerale (kleiner 0.2 µm) sind tatsächlich wesentlich jünger als größere Minerale (3 µm). Da verschiedene Größen datiert werden, kann die Wachstumsgeschwindigkeit der Minerale bestimmt werden – und es ist ein extrem langsamer linearer Zuwachs um 200-600 Nanometern pro 1000 Jahre. Dabei darf auch nicht vergessen werden, dass der See in der Vergangenheit immer wieder ausgetrocknet ist, wodurch das Mineralwachstum unterbrochen wurde.

Da der lineare Zuwachs bekannt ist, kann der Anfang des Prozesses, also wenn ein Mineral zu wachsen beginnt, indem sich die ersten Atome verbinden, mit einem Bildungsalter von rund 6.600 vor unserer Zeitrechnung berechnet werden. Das bedeutet, dass der See in seiner derzeitigen Form seit dieser Zeit besteht.

"In alten Seeablagerungen, die nahe Jois gefunden wurden und die heute nicht mehr mit Wasser bedeckt sind, wurde ein Bildungsalter von zirka 25.000 Jahren ermittelt. Das bedeutet, das der Paläo-Neusiedlersee, der eine viel größere Ausbreitung hatte, bereits zu dieser Zeit bestand", so Neuhuber.

Die Forschungsergebnisse wurden vor kurzem in "Sedimentology" veröffentlicht. Das Projekt wurde von der Hochschuljubiläumsstiftung der Stadt Wien und dem Back to Research Grant (jetzt: Maria Jahoda Grant) der Universität Wien gefördert.

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