Wahlen in Großbritannien
"Seid ihr beiden wirklich die Besten, die wir haben?"
Am Donnerstag wird es wegen der Parlamentswahlen spannend in Großbritannien. Wie groß wird die Niederlage der Konservativen ausfallen?
Ein Zuschauer bringt auf den Punkt, was in England vor den Parlamentswahlen viele denken: "Seid ihr beiden wirklich die Besten, die wir haben?", fragte der Mann beim letzten TV-Duell zwischen Premier Rishi Sunak (44) von den Konservativen und Keir Starmer (61) von den Sozialdemokraten.
Sunak, dessen Tories seit 14 Jahren an der Macht sind, steht massiv unter Druck. Und paradoxerweise vergrößern Nigel Farage und seine Reform-UK-Partei das Elend der Konservativen. Das Wichtigste zu den Neuwahlen.
Warum überhaupt Neuwahlen?
Premier Sunak regiert erst seit 20 Monaten, er hat sich in dieser Zeit beim Volk aber nicht beliebt gemacht. Zwei Drittel der Briten halten ihn gemäß Umfragen für einen schlechten Premier. Viele verzeihen ihm auch nicht, dass er mit seinem Rücktritt als Finanzminister 2022 zum Sturz von Premier Boris Johnson beigetragen hatte.
Von Sunak wurde erwartet, wieder Ruhe in die Wirtschaft und in die notorisch zerstrittenen Konservativen zu bringen. Tatsächlich ist zwar die Inflation gesunken und es gibt wieder leichtes Wachstum. Die Tories sind aber gespaltener denn je. So genießt Sunak weder Anerkennung noch Autorität.
Im Mai rief er schließlich vorzeitig Neuwahlen aus. Mittlerweile muss Sunak selbst in seinem eigenen Wahlkreis mit einem tiefen Taucher rechnen – obgleich Richmond in der Grafschaft Yorkshire eigentlich als sichere Tory-Hochburg gilt. Um die Sache für Sunak maximal unangenehm zu machen, sorgte ein mutmaßlicher Wettskandal für weiteren Unmut.
Umfragen und "Reform UK"
Die Konservativen liegen in Umfragen 20 Prozentpunkte hinter der oppositionellen Labour-Partei mit Keir Starmer als Vorsitzenden. Der Sozialdemokrat probiert, sich im Wahlkampf als die langersehnte Veränderung hervorzutun, und gilt bereits Wochen vor den Wahlen als ausgemachter Gewinner.
Aber auch die Rechtspopulisten von "Reform UK" um Nigel Farage (60) sind dabei, die britische Politik auf den Kopf zu stellen – wieder einmal. Sein Ukip-Aufstand hatte die Tories 2016 dazu gezwungen, das Referendum über die EU anzubieten, mit bekanntem Ausgang.
2019 blamierte Farage die Konservativen erneut, als seine Brexit-Partei die Tories bei den Wahlen zum EU-Parlament auf den fünften Platz zurückdrängte. Und jetzt stellt die Partei am Donnerstag erstmals Kandidaten in Wahlkreisen auf, in denen die Konservativen ebenfalls antreten. Farage und seine Reform-UK-Partei dürften massiv Stimmen erhalten. Laut Umfragewerten könnten sie satte 15 bis 16 Prozent erreichen – auf Kosten der Tories und zum Vorteil von Labour.
Farage und das Paradox
Für Herausforderer Keir Starmer könnte es kaum besser laufen, kommentieren britische Medien: Hätten die Sozialdemokraten vor den Wahlen einen Wunsch äußern dürfen, dann, "dass Farage zurückkehrt und die Tories angreift, damit sie sich zurücklehnen und zusehen können, wie die Rechte sich selbst auffrisst".
Gleichzeitig sieht das Wahlprogramm von "Reform UK" aus wie eine aufgemotzte To-do-Liste der Konservativen: Reform des Gesundheitssystems, niedrigere Steuern, scharfe Einwanderungskontrollen, abgespeckter Klimaschutz, Verbot der "Transgender-Ideologie" in Schulen.
Die Reform-Partei wolle "Konservatismus ohne Konservative bieten", kommentiert der britische "Spectator". "Gleichzeitig wird die Partei dazu beitragen, dass sich die Zahl der Abgeordneten im Parlament, die sich für diese Themen einsetzen, halbiert. Das ist das Paradoxe."
Auf den Punkt gebracht
- Die bevorstehenden Parlamentswahlen in Grossbritannien versprechen Spannung, da Premier Rishi Sunak und die Konservativen unter Druck stehen, während Nigel Farage und seine Reform-UK-Partei das Elend der Konservativen vergrößern
- Sunak, der seit 20 Monaten regiert, ist unbeliebt und die Konservativen liegen in Umfragen 20 Prozentpunkte hinter der Labour-Partei
- Farage und seine Partei könnten massiv Stimmen erhalten, was den Konservativen schaden und Labour zugutekommen würde