"Weltklasse-Parade"

Sechs Prozent entschieden über Österreichs EM-Aus

Christoph Baumgartner hatte im EM-Achtelfinale gegen die Türkei den Ausgleich am Kopf. Aber: Keeper Mert Günok packte eine Weltklasse-Parade aus.

Erich Elsigan
Sechs Prozent entschieden über Österreichs EM-Aus
Christoph Baumgartner hadert mit dem Kopfball in letzter Minute.
GEPA

Fußball-Fans kennen den Expected-Goal-Wert. Er gibt an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass aus einer Chance ein Tor entsteht. Bei einem Elfmeter wird dieser mit 0,77 angegeben.

Christoph Baumgartner köpfelte im EM-Achtelfinale gegen die Türkei in Minute 95 auf das Gehäuse des mit 2:1 führenden ÖFB-Gegners. Der Computer spuckte aus, dass der gut platzierte Versuch einen xG-Wert von 0,94 erreichte. Sprich: Die Wahrscheinlichkeit, dass Goalie Mert Günok den Ball hält, lag bei sechs (!) Prozent. Der Besiktas-Keeper behielt dennoch die Oberhand, lenkte das Leder mit einem spektakulären Reflex aus der Gefahrenzone.

Österreich gegen die Türkei – die besten Bilder

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    Die Türkei geht gegen Österreich mit 1:0 in Führung.
    Die Türkei geht gegen Österreich mit 1:0 in Führung.
    Reuters

    "Ich habe nicht so viel falsch gemacht. Ich köpfle ihn auf den Boden gegen die Laufrichtung, das war einfach eine unglaubliche Parade. So ist der Fußball leider", erzählte der bitter enttäuschte Schütze kurz vor Mitternacht in den Stadien-Katakomben.

    "Das war eine der besten Paraden, die ich je live auf dem Platz gesehen habe", gestand auch Michael Gregoritsch. "Der war extrem schwer zu halten. Für mich ein sicheres Tor." Nicolas Seiwald war ähnlicher Meinung. "Es war brutal, wie er den rauskratzt. Der Tormann hat einen Glückstag erwischt. Bitter. Ich bin mir sicher, dass wir es in der Verlängerung gedreht hätten."

    Fakt ist: Österreich verpasste wie 2001 das EM-Viertelfinale. Noch in der Nacht trat die Mannschaft die zweistündige Busreise ins Schlosshotel Berlin an, wo die Kicker seit 21 Tagen ein zweites Zuhause hatten. Wer konnte, legte sich nieder. Anderen gingen die Szenen der turbulenten 1:2-Pleite gegen die Türken durch den Kopf. Das Hirn ratterte.

    In der Früh war ein letztes Gespräch mit Teamchef Ralf Rangnick geplant. Danach hieß es Koffer packen - und ausziehen.

    "Wir hatten uns erhofft, dass es noch weitergeht, aber ich kann uns keinen Vorwurf machen", sprach der Frust aus Florian Grillitsch. "Es ist schwer zu akzeptieren." Teamchef Ralf Rangnick: "Ich kann es eigentlich selber noch nicht glauben, dass wir tatsächlich die Heimreise antreten sollen. Es fühlt sich sinnlos und unverdient an."

    Der ÖFB verzichtet am Mittwoch in Berlin auf Medientermine, bereitet alles für die Heimreise vor. Ein gemeinsamer Empfang in Wien ist nicht vorgesehen - die Spieler werden in Berlin in die "Freiheit" entlassen.

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