Fussball
Schwab: "Yusuf Demir ist der Beste in seinem Alter"
Thessaloniki statt Wien! Für Stefan Schwab platzte der Traum vom Nationalteam im letzten Moment. Im "Heute"-Gespräch beschreibt er seine Gefühlslage.
14. November 2017: Franco Foda sitzt zum ersten Mal als Teamchef auf der ÖFB-Betreuerbank. Beim Debüt darf er sich über einen 2:1-Testspielsieg gegen Uruguay freuen. Wie auch Stefan Schwab, der in der 90. Minute für Marcel Sabitzer eingewechselt wird und zu seinem ersten Länderspiel-Einsatz kommt. Was nicht geplant war: Es sollte der bislang einzige bleiben.
Mit starken Leistungen bei PAOK Saloniki schien Schwab zuletzt den Sprung zurück in den Nationalteam-Kader geschafft zu haben. Doch wenige Tage vor der Abreise änderten sich die Corona-Quarantäne-Bestimmungen – und Foda musste 14 Spielern wieder absagen, darunter Schwab.
Im "Heute"-Gespräch verrät der Griechenland-Legionär, wie er mit der Situation umging, was er von ÖFB-Juwel Yusuf Demir hält – und was er an Österreich vermisst.
Herr Schwab Sie waren im ÖFB-Großkader, sind dann noch gestrichen worden. Haben Sie die Ausbootung schon verdaut?
"Es war natürlich eine Vorfreude da, wieder mal dabei zu sein und nach einigen Jahren das Nationaltrikot anzuziehen. Es wäre schön gewesen, die Chance zu bekommen, sich für die EM zu präsentieren. Ich bin gut drauf, bin in Form. Ich bin überzeugt, dass ich eine starke Leistung gezeigt hätte. Es tut weh, weil es für mich jetzt ganz eng wird mit der EM. Da braucht es ein kleines Wunder. Aber – so ehrlich muss man sein – dort soll die bestmögliche Mannschaft spielen. Und auf meiner Position haben wir einfach viele Stammspieler aus der deutschen Bundesliga, die für Furore sorgen. Es wird schwer, da reinzurutschen."
Wie hat Teamchef Franco Foda die Doch-Nicht-Nominierung begründet?
"Erstmal Respekt, dass er persönlich alle Spieler angerufen hat, um uns mitzuteilen, dass wir aus dem Kader gestrichen werden. Das macht auch nicht jeder Trainer, das war sehr korrekt. Großartig begründen musste er es nicht, die geänderten Quarantäne-Bestimmungen waren Erklärung genug."
Was können Sie noch besser machen, um beim nächsten Mal dabei zu sein?
"Schwierig zu sagen. Ich bin jetzt 30 Jahre alt, der Teamchef kennt mich sehr gut. Ich werde mich in den nächsten Jahren nicht mehr großartig verändern. Jeder weiß, was man von mir als Typ und Spieler bekommt. Ich werde mich weiter ins Zeug hauen und meine Scorerpunkte beim Klub machen."
Wie sieht Ihr Ersatzprogramm aus?
"Ich habe in dieser Saison schon knapp 40 Pflichtspiele bestritten. Wenn es so weitergeht, werden es am Ende um die 50 sein. Das ist schon sehr viel. Wir haben zu Beginn der Länderspiel-Pause drei Tage frei bekommen. Ich habe ausgespannt, Zeit mit der Familie genossen. Aktuell stehe ich wieder ganz normal im Training bei PAOK. Es geht nämlich heftig weiter. Es warten drei schwere Auswärtspartien.“
Sind Ihre PAOK-Kollegen verwundert, dass Sie in der Länderspiel-Pause nicht weg sind?
"Die griechischen Medien haben berichtet, dass ich zum ersten Mal seit 2017 wieder einberufen wurde. Die Teamkollegen und der Trainer haben mir gratuliert. Als dann später die Abberufung kam, waren einige verwundert, als sie mich gesehen haben. Es war bitter, weil ich schon alle Vorkehrungen getroffen hatte, mit Corona-Test und so weiter."
Mit Ercan Kara und Yusuf Demir sind zwei ehemalige Rapod-Kollegen von Ihnen beim Nationalteam. Sie kennen sie gut. Wie schätzen Sie die beiden ein?
"Stimmt, ich durfte beide live erleben. Ercan hat einen kometenhaften Aufstieg gemacht. Ich kann mich gut erinnern, als er im Winter 2020 zu Rapid kam. Wir sind ins Trainingslager in die Türkei geflogen. Wir sind im Bus gesessen, haben gleich gequatscht. Da habe ich gemerkt, dass er ein sehr selbstbewusster Typ mit großen Zielen ist. Aber keiner, der nur irgendwas daher schwafelt, sondern das auch am Trainingsplatz zeigt. Er hat hart gearbeitet. Er holt aus seiner Physis sehr viel raus, setzt den Körper gut ein. Bei ihm sieht man, was im Fußball möglich ist, wenn man hart an sich arbeitet. Es freut mich sehr, dass er dabei ist. Denn gerade im Sturm ist im Nationalteam Potential da. Ercan hätte es sich verdient. Wenn man ihn richtig einsetzt, kann er jeder Mannschaft helfen."
Und was lässt sich über Demir sagen?
"In seinem Alter ist er sicher der beste Spieler, den ich je gesehen habe. Er geht an Gegnern vorbei, als ob sie Slalomstangen wären. Er hat eine große Zukunft, wenn er und sein Umfeld ruhig bleiben. Er ist bescheiden, redet nicht so gerne, gibt aber im Training Gas. Natürlich muss er auch noch einiges lernen. Der nächste Schritt sollte sein, dass er bei Rapid Stammspieler wird. Bevor er das nicht ist, sollte man meiner Meinung nach nicht über zu viele andere Dinge reden."
Sie meinen einen möglichen Wechsel zu Barcelona oder Manchester?
"Er hat sicher die Anlagen, eines Tages bei so einem Verein zu spielen. Aber ich denke, man darf nichts überstürzen. Ich habe in meiner Karriere gelernt, immer Treppe für Treppe zu nehmen. Yusuf ist jetzt Nationalspieler, da hat er zusätzlich einiges zu verarbeiten. Man muss ihm Zeit geben. Am Ende wird er mit seinem Berater die Entscheidung treffen. Wäre ich zuständig, würde ich ihm sagen, dass er sich erst bei Rapid durchsetzen soll, bevor er den nächsten Schritt macht."
Sie sind seit Beginn unumstrittener Stammspieler bei PAOK. Würden Sie Ihre Rolle mit der bei Rapid vergleichen?
"Es ist wirklich cool, dass ich von Beginn weg meine Spiele bekommen habe. Es spricht für sich, wenn man 38 Partien bestritten hat. Das beweist, dass ich gute Leistungen gezeigt habe. Wir haben um die 20 Legionäre im Kader. Einige haben schon in Italien oder Deutschland gespielt. Man muss sich erst mal gegen solche Leute durchsetzen. Da bin ich schon stolz auf mich, dass mir das gelungen ist. Von der Rolle her ist es so, dass ich sicher zum erweiterten Kreis der Führungsspieler zähle."
Wie schwer ist Ihnen die Umstellung gefallen? PAOK ist Ihre erste Auslandsstation, die Stadt ist neu, die Sprache ist neu. Gab es böse Überraschungen?
"Es ist eigentlich alles gut gelaufen. Mein Vorteil ist, dass ich gut Englisch kann. Der erste Trainer, der da war, hat nur auf Englisch gesprochen – das Kommunizieren fiel mir also leicht. Der Verein ist im Umfeld gut organisiert. Mir haben viele Leute geholfen, beim Haus finden, Auto organisieren und so weiter. Das hat super funktioniert."
Verstehen Sie mittlerweile Griechisch?
"Es ist eine schwierige Sprache. Der aktuelle Trainer redet hauptsächlich Griechisch in der Kabine. Man saugt Wörter auf, aber viel Zeit zum Erlernen der Sprache bleibt leider nicht. Training, Online-Studium, mein acht Monate alter Sohn – da kommt das Griechisch etwas zu kurz."
Fühlt es sich als Legionär anders an, Fußballer zu sein?
"Ja. Als Legionär wird man sicher anders wahrgenommen. Mir kommt zu Gute, dass ich ein offener Typ bin, der sich selbst integrieren will, viel über die Stadt und den Klub erfahren möchte. Das hilft mir sicher, ein gutes Standing zu bekommen. Das habe ich bei Rapid auch immer bemerkt. Wenn Legionäre offen waren und Interesse gezeigt haben, haben sie sich am Platz auch leichter getan. Wenn einer wenig mit Einheimischen unternommen und sich zurückgezogen hat, war es im Training und am Platz auch schwierig."
Werden Sie auf der Straße erkannt?
"Im Vergleich zu Rapid wird man hier schon viel häufiger angesprochen. Die Griechen an sich sind sehr fußballverrückt. Wintersport spielt hingegen überhaupt keine Rolle. Als Fußballer hast du hier ein anderes Standing – ob das gut oder schlecht ist, will ich gar nicht beurteilen. Aber Wien ist sicher anonymer, sagen wir so."
Sind in Griechenland derzeit Fans bei den Spielen zugelassen?
"Nein, es gibt nur Geisterspiele. Ganz Griechenland ist im Lockdown. Der Handel hat zu, die Restaurants sind zu. Der Umgang mit Corona ist hier auch strenger als in Österreich. Viel mehr als Spazierengehen und ein paar Sehenswürdigkeiten ansehen, geht momentan nicht."
Gibt es Dinge, die Sie aus der Heimat vermissen?
"Ja, meine Familie und meine Freunde. Es konnte noch fast niemand auf Besuch kommen wegen Corona. Das ist schade, denn es gäbe super Flugverbindungen. Aber es ist derzeit einfach sehr schwierig."
Und aus materieller oder kulinarischer Sicht?
"Ich muss sagen, in Thessaloniki bekommt man sehr vieles. Es gibt sogar einen Shop, der deutsch-österreichische Produkte verkauft. Die griechische Küche ist allerdings auch sehr gut. Ich bin ein großer Fan von Fisch, da wird man sehr verwöhnt. Am meisten vermisse ich die Pinzgauer Küche von meiner Mama, aber die habe ich in Wien ja auch nicht gehabt."