Lehrermangel in der Hauptstadt

Schuljahr startet in Wien – und nun kündigen die Lehrer

In den Wiener Volksschulen könnte es bald zu einem chronischen Lehrermangel kommen. Die Bildungsdirektion sieht aber keinen Grund zur Sorge.

Wien Heute
Schuljahr startet in Wien – und nun kündigen die Lehrer
"Es gibt traditionell Bundesländer mit eklatantem Mangel. Das sind Wien und Vorarlberg", so Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Paul Kimberger zu "Heute".
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In wenigen Tagen sind die Ferien vorüber und der Schulstart steht an. Doch in den vergangenen Ferienwochen haben sich auffallend viele Lehrer gegen eine Fortsetzung ihres Dienstverhältnisses an einer Wiener Schule entschieden, wie die Gewerkschaft der Pflichtschullehrer nun mitteilte. Wie viele genau es sind, blieb auf "Heute"-Nachfrage bei der WIener Bildungsdirektion jedoch im Dunkeln.

Von der Bildungsdirektion heißt es: "Jede Schülerin und jeder Schüler in Wien wird ab dem ersten Schultag Unterricht bekommen. Wir arbeiten bis zum letzten Ferientag daran, für jede Klasse die beste Besetzung zu finden."

Und weiter: "In die meisten Schulen konnten wir bereits ausreichend Pädagog/innen zuweisen. Besonders im Volksschulbereich werden wir auch noch die nächsten Tage benötigen, um für einige Klassen Lösungen zu entwickeln, da gerade hier kurzfristige Änderungen seitens der Lehrpersonen (Karenzierungen, Schwangerschaften, Möglichkeit eines Dienstantritts im Heimatbundesland)  zum Tragen kommen. Nächste Ausschreibungen sind Mitte September geplant."

Bundesweit werden noch 9.500 Lehrer gesucht

Es könnte sehr unangenehme Überraschungen in ganz Österreich geben, wenn die Schule bald losgeht. Noch vor wenigen Wochen war die Republik auf der Suche nach 9.500 Lehrern. Besonders schlimm aber sei die Lage im Osten und ganz im Westen des Landes. "Es gibt traditionell Bundesländer mit eklatantem Mangel. Das sind Wien und Vorarlberg", so Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Paul Kimberger zu "Heute".

"Für viele Kolleginnen und Kollegen ist Wien nicht attraktiv genug"

Gegenüber dem "ORF" hieß es von Thomas Krebs vom Zentralausschuss der Wiener Pflichtschullehrer mit Blick auf Wien, das Problem sei, "dass offensichtlich für viele Kolleginnen und Kollegen Wien nicht attraktiv genug ist, um hier zu unterrichten". Es liegt nicht am Beruf, sondern an der Stadt.

In Wien würden Lehrer aus den Bundesländern nicht oder nicht mehr unterrichten wollen, so das ernüchternde Fazit von Gewerkschafter Thomas Krebs. "Wir haben sehr heterogene Klassen oder sehr große Klassen, teilweise sehr wenig Unterstützung durch die Eltern." Der Gewerkschafter spricht in diesem Zusammenhang auch sprachliche und soziale Barrieren an.

Wir haben sehr heterogene Klassen oder sehr große Klassen, teilweise sehr wenig Unterstützung durch die Eltern.
Thomas Krebs
Pflichtschullehrergewerkschaft

Zu spät und zu kurzsichtig auf Lehrermangel reagiert

Der Lehrermangel in Wien ist nicht über Nacht entstanden. Darum kritisiert Krebs, dass zu spät und auch nicht nachhaltig auf das Problem reagiert worden sei. Man könne den Mangel nicht langfristig lösen, indem Lehrerinnen und Lehrer eingesetzt würden, die sich eigentlich noch in der Ausbildung befinden, so Krebs. Was wirklich helfen würde, sei, die Attraktivität des Lehrerberufs wieder zu steigern. Wie?

Dazu sagte der Gewerkschafter ganz konkret: "Wir brauchen viel mehr Unterstützungspersonal, wir brauchen Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, idealerweise einen pro Standort, wir brauchen medizinische Unterstützung und wir brauchen Unterstützung im Sicherheitsbereich."

Optimismus aufgrund der Bewerberzahlen unangebracht

Zwar heißt es von Seiten der Bildungsministeriums, man habe genug Kandidaten. Dabei werde aber übersehen, dass sich viele Lehrer an mehreren Schulen bewerben – sich letztlich aber nur für eine entscheiden können. Optimismus aufgrund der Bewerberzahlen sei also unangebracht. Manche Lehrer würden ihren Dienst auch einfach nicht antreten, weiß die Lehrergewerkschaft.

Man könne im Voraus nicht eruieren, welche Klassen ohne Lehrer ins Schuljahr starten werden. Vor welchen Klassen also ab September eine reguläre Lehrkraft steht, und vor welchen nicht, ist noch offen. Dass sich die Situation in den kommenden Jahren entschärft, ist eher nicht zu erwarten, da in den kommenden sechs Jahren eine gigantische Pensionierungswelle bevorsteht.

Auf den Punkt gebracht

  • In den Wiener Volksschulen könnte es bald zu einem chronischen Lehrermangel kommen, da sich auffallend viele Lehrer gegen eine Fortsetzung ihres Dienstverhältnisses entschieden haben
  • Besonders in Wien und Vorarlberg herrscht ein eklatanter Mangel, wobei die Gewerkschaft die Attraktivität des Lehrerberufs steigern und mehr Unterstützungspersonal fordert
  • Die Bewerberzahlen allein reichen nicht aus, um das Problem zu lösen, und die kommenden Jahre werden voraussichtlich eine gigantische Pensionierungswelle mit sich bringen
red
Akt.