Wirbel in Linz
"Schlag ins Gesicht" – hier fehlen jetzt 700.000 Euro
Keine Verschnaufpause für die Linzer Kultur: Das Brucknerhaus hat seinen Chef vor die Tür gesetzt. Jetzt steigt die freie Szene auf die Barrikaden.
Seit vergangener Woche steht die Landeshauptstadt Kopf. Der bittere Grund: schwerwiegende Anschuldigungen gegen Brucknerhaus-Vorstand Dietmar Kerschbaum, dazu Kritik am Aufsichtsrat und mangelnder Transparenz.
Die Vorwürfe: Bei der Bestellung des ohnehin umstrittenen Chefs soll geschoben worden sein. Er habe sich üppige Gagen für Auftritte auf der eigenen Bühne genehmigt und die Programmierung des Brucknerhauses an eine Agentur vergeben. Bereits im Vorjahr hat das Linzer Kontrollamt Einiges bemängelt: etwa ein fehlendes Regulativ bei der Vergabe von Freikarten, dazu einen Wildwuchs an Abo-Angeboten bei gleichzeitig stark rückläufigen Zahlen.
"Dunkle Führung" im Brucknerhaus?
Seit Kurzem hat das Brucknerhaus einen neuen Mitarbeiter. Laut Website ist er Salesmanager.
In seinem eigenen Internet-Auftritt bewirbt der Mann "wissenschaftsbasierte Beratung für Personal und 'Dark Leadership'". Hinter dem Anglizismus verbirgt sich die sogenannte dunkle Führung – im Fokus: narzisstische Charaktere.
Im Vorjahr wurde der selbsternannte Experte (Zitat auf seiner Website: "Wer der Beste ist, muss keine Komplimente verteilen.") von AUF1 interviewt. Laut Wikipedia verbreitet der Sender rechtsextreme Inhalte und spricht vor allem Corona- und Klimawandel-Leugner, Verschwörungstheoretiker sowie Putin-Anhänger.
Mittlerweile sind Kerschbaum und sein kaufmännisches Gegenüber Rainer Stadler vom Dienst freigestellt. Ihre Bezüge erhalten sie freilich weiter. Das kolportierte Jahresgehalt als künstlerischer Leiter des Brucknerhauses und der Linzer Veranstaltungsgesellschaft (LIVA), zu der noch u.a. die Zeitkulturstätte Posthof und das Stadion auf der Gugl zählen: 200.000 Euro brutto.
Apropos Geld: Der freien Szene in der Stadt fehlen angesichts der anhaltenden Teuerung mittlerweile 700.000 Euro pro Jahr. "Es ist ein Schlag ins Gesicht für uns Kulturarbeiter dann zu lesen, wie in der LIVA gewirtschaftet wird, während uns die Stadt sagt, dass kein Geld da sei", erklärt Thomas Diesenreiter, Geschäftsführer der Kulturplattform (KUPF) Oberösterreich, gegenüber "Heute".
Mehr Geld für die LIVA
Die Veranstaltungsgesellschaft habe alleine heuer 2,2 Millionen Euro mehr an öffentlichen Mitteln erhalten. "Als Inflationsausgleich für die Vereine wurden uns lediglich 140.000 Euro in Aussicht gestellt. Ein Bruchteil dessen, was wir brauchen", so Diesenreiter.
„Als Inflationsausgleich für die Vereine wurden uns lediglich 140.000 Euro in Aussicht gestellt. Ein Bruchteil dessen, was wir brauchen.“
Was dem KUPF-Chef aufstößt: Aus seiner Sicht messe die Stadt Linz mit zweierlei Maß. "Während in der freien Szene jeder Euro zweimal umgedreht werden muss, spielt Geld in der LIVA offensichtlich keine Rolle."