USA-Bericht schockt
Russland setzt verbotenes Giftgas gegen Ukrainer ein
Schwere Anschuldigungen aus Washington: Wladimir Putins Invasionstruppen sollen den Lungenkampfstoff Chlorpikrin aus dem Ersten Weltkrieg einsetzen.
Mit Monaten Verspätung haben die USA ihr großes Hilfspaket für die Ukraine verabschiedet, die ersten Munitionslieferungen sind bereits auf dem Weg. Höchste Eisenbahn, denn die Artillerieeinheiten der Verteidiger wurden zuletzt regelrecht ausgehungert, konnten den angreifenden Russen aufgrund von Granaten-Knappheit nur wenig entgegensetzen.
Die russische Armee konnte diese Situation für flächenmäßig geringe, aber verlustreiche Eroberungen nutzen. Putins Invasionstruppen drängen vor, um die aktuelle Schwäche der Ukrainer auszunutzen. Allerdings stehen sie dabei unter hohem Zeitdruck, denn das Eintreffen des amerikanischen Nachschubs kann aus ihrer Sicht die Erfolgschancen eines Vorstoßes nur verringern.
Lungenkampfstoff eingesetzt?
Vor diesem Hintergrund könnte die Kreml-Armee nun zu international geächteten Mitteln gegriffen haben, um die ukrainische Front vielleicht doch noch zu durchbrechen. Das US-amerikanische Außenministerium beschuldigt Russland offiziell, Chemiewaffen für "Fortschritte auf dem Schlachtfeld" zu nutzen – und das nicht nur einmalig. Auch "Reuters" berichtete.
Konkret soll demnach der im Ersten Weltkrieg erstmals eingesetzte Lungenkampfstoff Chlorpikrin (Cl3CNO2) auf ukrainische Stellungen abgeworfen worden sein.
Bereits geringe Mengen tödlich
Chlorpikrin, auch bekannt als "Grünkreuz-1" oder Trichlornitromethan, ist eine farblose, ölige Flüssigkeit mit beißendem Geruch. Sie hat reizende und ätzende Wirkung auf Augen und Haut, ihre Dämpfe haben schwere Lungenschädigung zur Folge. Dafür reicht schon eine geringe Menge.
"Bereits bei Inhalation von 15 ppm Chlorpikrin über wenige Minuten muss mit akut lebensbedrohlichen Lungenschädigungen gerechnet werden", heißt es in der GESTIS-Stoffdatenbank. Durch den früheren Einsatz als Kampfstoff sind die Symptome gut untersucht:
"Übelkeit, teils unstillbares Erbrechen, kolikartige Leibschmerzen, Benommenheit, Ohnmacht und andere zerebrale Störungen (Koordinationsstörung, Nystagmus, Schwindel, Taumeln)", so die weitere Beschreibung. Die dramatischen Folgen: "Meist führten Lungenschädigungen (Ödem, Hämorrhagien) innerhalb 24 Stunden zum Tod."
So sieht es in einer US-Munitionsfabrik aus
An Tränengas erstickt
Nach Angaben des ukrainischen Militärs haben die russischen Streitkräfte neben Chlorpikrin auch Granaten mit CS- und CN-Gas eingesetzt. Demnach wurden mindestens 500 ukrainische Soldaten wegen des Kontakts mit toxischen Substanzen behandelt. Ein Soldat soll an Tränengas erstickt sein.
"Der Einsatz solcher Chemikalien ist kein Einzelfall und wird wahrscheinlich von dem Wunsch der russischen Streitkräfte angetrieben, die ukrainischen Streitkräfte aus befestigten Stellungen zu verdrängen und taktische Gewinne auf dem Schlachtfeld zu erzielen", heißt es in dem Bericht des US-Außenministeriums.
Kreml: Anschuldigungen "haltlos"
Der Kreml weist die schweren Anschuldigungen aus Washington als "haltlos" zurück. Putin-Sprecher Dmitri Peskow erklärte, gegenüber Reportern in Moskau, dass sich Russland an die internationalen Chemiewaffenkonvention (CWK) halte. Diese trat in den 1990ern in Kraft und wurde von 193 Staaten weltweit ratifiziert. Nur Ägypten, Nordkorea und der erst 2011 unabhängig gewordene Südsudan haben, Stand heute, nicht unterzeichnet.
Mit Hinterlegung der Ratifizierungsurkunde bei den Vereinten Nationen verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten, damit auch Russland, bis zum Jahr 2012 sämtliche Chemiewaffen unter internationaler Aufsicht zu vernichten.