"Feindliche Handlungen"
Russland fahndet nach Kaja Kallas – das steckt dahinter
Aufgrund zunehmender Spannungen hat Russland Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas und weitere Politiker zur Fahndung ausgeschrieben.
Russland hat Estlands Regierungschefin Kaja Kallas und andere hochrangige baltische Politiker laut offiziellen Angaben zur Fahndung ausgeschrieben. "Das sind die Leute, die feindliche Handlungen gegenüber dem historischen Andenken und unserem Land unternommen haben", begründete Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge den Schritt. Neben Kallas stehen laut Medien auch der estnische Staatssekretär Taimar Peterkop und Litauens Kulturminister Simonas Kairys auf der Fahndungsliste des russischen Innenministeriums. Da angesichts des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine keiner von ihnen eine Reise nach Russland plant, dürfte der Schritt vor allem symbolischer Natur sein.
Die russischen Behörden werfen den Balten den Abriss sowjetischer Kriegsdenkmäler vor. "Für Verbrechen gegen das Andenken an die Befreier der Welt von Nazismus und Faschismus muss man sich verantworten. Und das ist erst der Anfang", schrieb Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa bei Telegram. Sie bezog ihre Aussagen explizit auf Kallas und Peterkop.
Panzer und andere Denkmäler demontiert
Estland hatte im Sommer 2022, wenige Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, ein sowjetisches Kriegsdenkmal – die Nachbildung eines Panzers T-34 mit rotem Stern – in Narva an der Grenze zu Russland abgerissen. Dagegen gab es vereinzelte Proteste in der Stadt. "Wir werden Russland nicht die Möglichkeit geben, die Vergangenheit zu benutzen, um den Frieden in Estland zu stören", begründete Kallas damals unter anderem auch mit Verweis auf die russische Invasion in der Ukraine den Abbau.
2007 löste die Verlegung einer Bronzestatue, eines weiteren sowjetischen Kriegsdenkmals, aus einem Park in Tallinn an den Stadtrand tagelange Proteste aus. Bei den Ausschreitungen wurde ein Mensch getötet, mehr als 1000 Menschen wurden festgenommen. Russischsprachige Esten erklärten, mit der Entfernung des Denkmals werde ihre Geschichte ausgelöscht.
Auch in Litauen wurden nach der russischen Invasion in die Ukraine einige Denkmäler aus der Sowjetzeit demontiert. "Ich bin froh, dass meine Arbeit zur Beseitigung der Ruinen der Sowjetisierung nicht unbemerkt geblieben ist", kommentierte Kairys seine ihm nur über Medien bekannt gewordene Aufnahme auf die russische Liste und fügte hinzu: "Im Ernst: Das Regime tut das, was es immer getan hat: Es versucht, jeden Hauch von Freiheit zu unterdrücken, gegen die Demokratie, gegen Menschenrechte und Freiheiten zu kämpfen und weiterhin seine eigene Geschichte zu erfinden, die keinerlei Fakten oder Logik entspricht."
Politik nimmts gelassen
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis hat die Aufnahme von Kallas und der anderen Politiker auf die Fahndungsliste als Auszeichnung bezeichnet. "Die politische Bewertung ist natürlich, dass es sich um eine Art Auszeichnung für Menschen handelt, die die Ukraine unterstützen und den Kampf des Guten gegen das Böse unterstützen", sagte Landsbergis der Agentur BNS zufolge am Dienstag in Vilnius.