"Werden beschimpft"

Rechtsextremer PR-Gag zwingt Café zur Schließung

Trotz etwaigen Einreiseverbots wollte Martin Sellner öffentlichkeitswirksam in Passau einen Kaffee trinken. Für ein Lokal hat das nun unschöne Folgen. 

Leo Stempfl
Rechtsextremer PR-Gag zwingt Café zur Schließung
Das Passauer Café sieht sich seit der Ankündigung Sellners mit wüsten Beschimpfungen konfrontiert.
Montage: Getty Images, Helmut Graf

Das Treffen von Rechtsextremen, Unternehmern und Politikern in Deutschland, bei dem geplant wurde, wie man nach einer etwaigen Machtergreifung Millionen Menschen deportieren kann, führte in Deutschland zu den größten Demonstrationen seit Jahrzehnten. Auch in Österreich gingen Zehntausende auf die Straßen, immerhin kommt von hier auch einer der federführenden Akteure: Martin Sellner.

Direkte Folge des Treffens: Die deutschen Behörden schrieben den Rechtsextremisten intern zur Fahndung aus und prüften ein Einreiseverbot. Dieser witterte darin eine "Win-Win-Situation", wie er es später nannte. Er kündigte an, am Montag nach Passau zu fahren und dort einen Kaffee und ein Stück Gugelhupf zu sich nehmen zu wollen. Sowohl bei gelungener Einreise als auch bei einer möglichen Zurückweisung hätte er daraus ideologisches Kleingeld schlagen können.

Shitstorm wegen Distanzierung

Das betroffene Café Greindl, mit den Ankündigungen konfrontiert, fiel aus allen Wolken. "Ich habe heute mit Entsetzen und Schrecken erfahren, dass ein gewisser Herr Martin Sellner meinen Betrieb besuchen will", erklärte Stephan Greindl auf Instagram. Er kannte die Person bisher nicht und wolle sich entschieden dagegen wehren, dass sein Café für politische Zwecke missbraucht wird. "Es ist nicht meine Gesinnung, es widerstrebt mir und ich möchte mich davon distanzieren."

Mehr hat es nicht gebraucht – die Anhänger Sellners gingen auf Angriff. Unzählige negative Bewertungen wurden dem Café auf Google Maps gegeben, die Kommentare von rechten Trollen geflutet. "Wir bekommen unschöne E-Mails, werden beschimpft, das Café wird diffamiert", erzählte Stephan Greindl am Montag dem "Standard". Wegen der Ankündigung habe man an jenem Tag schließen müssen.

Den Grenzübertritt selbst begleitete Martin Sellner am Montag mit einem Livestream, zumindest versuchte er das. Bei einer Zurückweisung hätte er sich als Opfer der Behörden inszenieren und süffisant feststellen können, Grenzschutz sei doch möglich. Bei erfolgreicher Einreise hätte er die Ankündigungen der Polizei nur als heiße Luft darstellen können.

Technik torpediert PR-Stunt

Trotz dieser "Win-Win-Situation" ging die Aktion nach hinten los. Ausgerechnet wenige Meter vor der Grenze fiel der Livestream aus, von der eigentlichen Aktion war nichts zu sehen. Sellner wurde daraufhin von der Polizei aufgegriffen, einige Zeit in einem Polizeiauto befragt und durfte dann doch einreisen, stellte sich später heraus.

Polizeihauptkommissar Jürgen Bockstedt sagte der "Mediengruppe Bayern": "Wir haben die Gründe hinterfragt, warum er einreist, und wir haben keine Gründe gefunden, die darauf hindeuten, dass er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt – und deswegen darf er einreisen."

In seinem Mietwagen düste er daraufhin weiter in Richtung Passau. Eine Gruppe Jugendlicher brach in Jubel aus und skandierte "Sellner"-Sprechchöre. 

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