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Rapid-Wahl dürfte zum Duell alt gegen neu werden

Heute Redaktion
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Links Martin Bruckner, rechts Roland Schmid. Diese zwei Herren dürften als Spitzenkandidaten ihrer Listen in die Rapid-Wahl am 25. November gehen.
Links Martin Bruckner, rechts Roland Schmid. Diese zwei Herren dürften als Spitzenkandidaten ihrer Listen in die Rapid-Wahl am 25. November gehen.
Bild: GEPA-pictures.com, picturedesk.com

Die Entscheidung, welche Kandidaten zur Rapid-Wahl antreten dürfen, rückt näher. Die von der Klub-Spitze gefürchtete "Kampfabstimmung" wird wahrscheinlicher. Zwei Außenseiter-Listen stehen vor der Fusion.

Am 25. November wird der neue Rapid-Präsident gewählt. Bei der Hauptversammlung geht es um die Nachfolge von Michael Krammer. Große Entscheidungen werden aber schon im Vorfeld getroffen.

Verschiebungen vor Wahl

Wenn es nach der aktuellen Klub-Spitze und dem Wahlkomitee geht, am besten alle. Das hat Rapid zuletzt in mehreren offiziellen Aussendungen klar kommuniziert. Das sechsköpfige Gremium wolle nach Möglichkeit nur einen der drei Kandidaten zur Wahl zulassen. Eine "Kampfabstimmung" solle so verhindert, Einigkeit symbolisiert werden. Dafür muss sich der Verein auch von den eigenen Fans den Vorwurf gefallen lassen, undemokratisch zu handeln.

Klub-Ikone kritisiert Vorgang

Am Montagabend bei "Talk und Tore" auf "Sky Sport Austria" auch von Klub-Legende Kurt Garger: "Grundsätzlich ist das für mich der komplett falsche Ansatz." Garger weiter: "Fakt ist, wenn ich eine klare Linie fahre, dann bin ich bereit, diese drei Leute zur Wahl zuzulassen. Wir leben ja nicht im Kommunismus. Hier muss einfach eine klare Linie, eine klare Aussage her. Alle drei sind es Wert, Rapid-Präsident zu werden und ich lasse über alle drei bei den Mitgliedern abstimmen. Und nicht sechs Leute bestimmen, wer da zugelassen wird."

Die Macht der Fans, und wie sie sich äußert

Ex-Spieler Maximilian Wöber wurde für seinen Wechsel zu Red Bull Salzburg zutiefst beleidigt. Auch seine Familie. Im Heimspiel gegen Hartberg entschuldigten sich Fans mittels Transparent: "So ist Rapid nicht." Zwei ranghohe Ultras stürmten die VIP-Loge und entfernten das Plakat.

Rapid reagierte mit Zurückhaltung. Die Entschuldigungen von Präsident Michael Krammer und Sportdirektor Zoran Barisic erfolgten telefonisch und persönlich. Erst zwei Wochen später gestand der Klub auf "Heute"-Nachfrage sinngemäß Fehler ein. Ein Ordner sei nicht auf seinem Platz gewesen. In Zukunft werde diese Position verstärkt. Konsequenzen für die Ultras: "Thematik wurde innerhalb der Rapid-Familie behandelt." Klingt nach einem milden Ausgang für die beiden.

Der Block West ist grundsätzlich klar gegen Hausverbote - bei anderen Klubs sicher eine denkbare Konsequenz nach einem solchen Vorfall. Diese Maßnahme käme bei den Fans also gar nicht gut an. Wie im Lauftext erläutert, brauchen die Präsidentschaftskandidaten aber die Gunst der Anhänger, um überhaupt für die Wahl im November zugelassen zu werden. Die aktuelle Klubführung hat mit Markus Bruckner einen Kandidaten im Rennen.

Dass die VIP-Loge im betreffenden Fall unter anderem Michael Tojner gehört, sorgt für zusätzliche Brisanz. Der Milliardär unterstützt Kandidaten Robert Grüneis, stellt Millionen für den Bau des Trainingszentrum in Aussicht, sollte dessen Liste gewinnen.

Im Komitee sitzen Krammer, Susanne Schicker und Werner Muhm (beide vom Kuratorium) sowie die drei Mitgliedervertreter Jürgen Hampel, Herbert Kretz und Helmut Mitter. Jede Liste müsste auf vier dieser sechs Stimmen kommen, um zur Wahl antreten zu können. Wie eingangs erwähnt, bemühen sich diese Personen aber vielmehr nach Kräften, die drei Listen in eine einzige zu fusionieren.

Krammer im Komitee? Für Garger unverständlich: "Es hätte auch andere Möglichkeiten aus dem aktuellen Präsidium gegeben, um von dort einen zu entsenden. (...) Dann darf man nicht überrascht sein, dass die Arbeit vom Wahlkomitee auch nicht die gebührende Anerkennung bekommt, wie es sich verdient."

Martin Bruckner gilt als klarer Favorit. Er ist im aktuellen Präsidium Finanzreferent und tritt mit einer eigenen Liste an. Die Unterstützung von Krammer und den Fans scheint ihm sicher. Auch dank des eingeschlagenen Kuschelkurses (siehe Infobox) nach diversen Fan-Skandalen.

Neue Entwicklung: Fusion

Die anderen beiden Listen stehen nun vor einer Fusion, um es mit Bruckner aufnehmen zu können. Dem Vernehmen nach soll Robert Grüneis seine Bewerbung zurückziehen, Gegenkandidat Roland Schmid die Nummer eins einer gemeinsamen Liste werden.

Das war auch bei "Talk und Tore" Thema. Stefan Kjaer von der "Initiative Rapid 2020", die auch im Komitee vertreten ist (siehe unten): "Ich denke, es entbehrt nicht einer gewissen Situationskomik, dass das genau jetzt gerade passiert. Weil jetzt natürlich da und dort die Nerven ein bisschen blank liegen. Und man fusioniert ja nicht deswegen, weil man will. Man fusioniert meistens, wenn man muss."

Schmid galt als Kandidat der "Veränderung" bis dato als größter Außenseiter. Vergangene Woche wurde bereits berichtet, dass Schmid mit seiner derzeitigen Liste keine Chance auf eine absolute Mehrheit hätte. Zur Erinnerung: Zumindest vier der sechs Personen im Gremium haben wohl kein gesteigertes Interesse an einer Abweichung vom aktuellen Weg.

Bewahrheitet sich diese Fusion, hieße das gleichzeitig, dass die vom Gremium gesuchte Einzellösung für die Wahl am 25. November immer unwahrscheinlicher wird. Für die gewünschte "Best of"-Liste klaffen die Vorstellungen der Kandidaten offenbar zu weit auseinander. Die Außenseiter wollen den Mitgliedern ihr Konzept vorstellen. Das geht aber erst nach einer Entscheidung des Komitees. Diese Woche sollen keine Sitzungen anstehen, eine Entscheidung also erst im November fallen.

Alles läuft auf jene "Kampfabstimmung" hinaus, vor der sich Teile des Klubs so zu fürchten scheinen.

Kjaer (Initiative Rapid 2020) über die Reduzierung von Kandidaten: "Man darf dem Wahlkomitee da jetzt eigentlich auch gar nicht viel Schuld reinschieben. (...) Das Präsidium ist das oberste Kontrollorgan, das muss alles abdecken – und das schafft man nicht mit fünf, sechs Leuten, das macht man zumeist mit acht, viele würden sich mehr wünschen. So und dann kamen zwei mit weniger – ich glaube, Bruckner kam mit sieben, vielleicht sind es jetzt acht, die anderen mit fünf und sechs. Also wenn ich schon so zur Party gehe, dann steht schon 'Single' auf der Brust drauf. Da muss ich mich nicht wundern, wenn mich der Veranstalter verkuppeln möchte."

Die Aussagen von Kjaer verstärkten den Eindruck, dass Bruckner für die Fanvertreter der klare Favorit unter den Kandidaten ist. Mehr dazu folgt.

Alles Wissenswerte zum Prozedere:

(Noch-)Präsident Michael Krammer will eine Kampfabstimmung bei der Hauptversammlung verhindern. Ihm wäre es am liebsten, wenn sein Nachfolger vorher durch das Wahlkomitee bestimmt wird, also nur eine Liste zur Wahl antritt. Am 25. November würden die Mitglieder dann nur mehr über ja oder nein abstimmen, nicht zwischen verschiedenen Listen wählen.

Warum ist Krammer gegen Kampfabstimmung?

Krammer geht es nach außen um die Geschlossenheit der Rapid-Familie. Zur Erklärung könnte man einen Vergleich zu Parteitagen in der Politik ziehen, auf denen der Parteichef bestätigt oder neu bestimmt wird: Ein hoher prozentueller Stimmenanteil macht in der Außendarstellung einen schlanken Fuß und symbolisiert Einigkeit. Ein möglicher, knapper Sieg bei einer Kampfabstimmung würde einer Liste hingegen einen ungemütlichen Start in die Amtszeit bescheren.

Andererseits könnten Mitglieder kritisieren, warum ihnen eine demokratische Entscheidung nicht zugetraut wird. Rapid hebt oft stolz hervor, ein Mitgliederverein zu sein.

Das wiederum könnte Hinweis darauf sein, dass Krammer auch eine andere Absicht verfolgen könnte. Er tritt als Präsident ab. Mit Bruckner ist einer der Kandidaten aber aktuell als Finanzreferent in seinem Team tätig, der seinen Weg fortsetzen würde.

Das Komitee

Es handelt sich um ein Gremium, das aus sechs Personen besteht. Jede der drei Listen braucht vier der sechs Stimmen, um für die Wahl zugelassen zu werden – eine Zweidrittelmehrheit.

Unter den sechs Personen sind drei Mitgliedervertreter, von den Rapid-Mitgliedern für diese Funktion gewählt: Jürgen Hampel, Herbert Kretz und Helmut Mitter. Fast 600 Vereinsmitglieder gaben ihre Stimme ab.

Das aktuelle Präsidium wird von Michael Krammer im Gremium vertreten. Das Kuratorium entsendet Susanne Schicker (Leiterin der Koordinationsstelle von "WienBeethoven2020") und Werner Muhm (ehemals langjähriger Direktor der Arbeiterkammer Wien).

Die Macht der Fans?

Mitter ist Sprachrohr der Solidargemeinschaft "Rechtshilfe Rapid" und im Gremium der Vertreter des Block West. Hampel ist Gründungsmitglied und Obmann des Fanclubs "Sitzplatzschweine", der Rapid bei Heim- und Auswärtsspielen und den Aktionen von "Wiener helfen Wienern" unterstützt. Kretz von "Initiative Rapid 2020".

Zusammen können die drei Personen verhindern, dass eine Liste die nötige Mehrheit für die Wahl im November erreicht. Ohne die Fan-Vertreter geht also nichts. Wie sich diese Macht unter anderem äußert, seht ihr in der grünen Infobox.

Die Kandidaten

Martin Bruckner

Wie eingangs aufgeschlüsselt, ist Bruckner der klare Favorit. Der 54-Jährige ist Vorstand der Allianz Investmentbank AG (siehe Stadionname) und im derzeitigen Präsidium Finanzreferent.

Bruckner stammt aus dem Krammer-Team und wird dementsprechend mit dessen Führungsstil assoziiert. Die Unterstützung der Klubspitze brachte ihn schon früh in die Pole Position.

Robert Grüneis

Grüneis ist Geschäftsführer des Forschungsprojekts "Aspern Smart City Research". Zuletzt gab es aber mehr Schlagzeilen um seinen angeblichen Investor im Hintergrund, Michael Tojner. Der "Kurier" schrieb, dass Tojner bereit wäre, Rapid im Falle der Wahl von Grüneis fünf Millionen Euro für den Bau des Trainingszentrums im Prater zu zahlen, habe weitere drei Millionen über sein Netzwerk in Aussicht gestellt. Wie sich das im Falle einer Fusion mit der Schmid-Liste verhielte, ist noch unklar.

Tojner hatte Anfang 2019 selbst noch mit einer Kandidatur geliebäugelt. Es kursierten bereits Gerüchte, er wolle Israel-Teamchef Andreas Herzog als neuen starken Mann für das Sportliche in Hütteldorf installieren. Der Milliardär war dann aber in einen Streit mit dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil verwickelt. Doskozil verließ den Rapid-Beirat, Tojner distanzierte sich vom Rennen um die Präsidentschaft. Der Verein sollte nicht unter dem Rechtsstreit leiden.

Als Unterstützer von Grüneis würde er im Hintergrund mitmischen. Man muss wohl davon ausgehen, dass etwaige Ideen wie die Namen Herzog und Co. auch in der Liste Grüneis Gehör finden.

Roland Schmid

Wie es zunächst aussah, ist Schmid der Außenseiter im Trio. Ursprünglich hätte der Millionär noch mit Grüneis als seinem Vize in der Liste gerechnet. Der wurde zu seinem Gegner, bald könnte Schmid seine Nummer eins sein.

Schmid positioniert sich selbst als jener Kandidat, der für die größte Veränderung steht.

Am 17. Oktober berichteten "90 Minuten" und "Kurier", aus "gut informierten Quellen" erfahren zu haben, dass Schmid vom Wahlkomitee der Rückzug nahegelegt worden sei. Eine absolute Mehrheit im Gremium sei unrealistisch. Sein im September vorgestelltes Konzept habe den Erwartungen des Komitees nicht entsprochen.

Im Bericht des "Kurier" äußerte Schmid zudem Kritik an beiden Mitbewerbern. Wie weiter oben erwähnt, ist das Komitee darauf bedacht, eine Schlammschlacht zu vermeiden. Ein Rückzug Schmids würde verhindern, dass diese Kritik ein allzu großes Echo hervorruft.

Bei Gegner Bruckner vermisse er "Change", also Veränderung, weil er für den Krammer-Weg steht. Bei Grüneis wittere Schmid "politische Steuerung" durch die Wiener SPÖ. Grüneis ist Energie-Manager. Durchaus harte Worte, die im Gremium wahrscheinlich nicht allzu gut ankommen.

Fix ist: Der neue Rapid-Präsident wird am 25. November gewählt. Bis drei Tage vorher, also bis zum 22. November, muss das Wahlkomitee die Entscheidung getroffen haben, welche Liste zur Wahl antreten darf.