Ukraine

Putin bleibt wohl nur noch "nukleare Eskalation"

Niederlande und Dänemark haben der Ukraine die Lieferung von F-16-Kampfjets zugesagt. Ob das den Krieg verändern wird, analysiert im ORF ein Experte.

Rene Findenig
Der Professor für Internationale Politik, Gerhard Mangott, am späten Sonntagabend in der ORF-"ZIB2".
Der Professor für Internationale Politik, Gerhard Mangott, am späten Sonntagabend in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Aus Dänemark wird die Ukraine 19 Kampfjets vom US-amerikanischen Typ F-16 erhalten. Das sagte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen am Sonntag bei einer Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski auf dem Luftwaffenstützpunkt Skrydstrup in Dänemark.

Sechs Flugzeuge in nächster Zeit

Die ersten sechs Flugzeuge sollen bereits um den Jahreswechsel geliefert werden, wie Frederiksen sagte. Der Plan sei, acht im kommenden Jahr zu liefern und fünf weitere im Jahr darauf. Zuvor hatte sich der Ukrainer bereits in den Niederlanden bei einem Treffen mit Regierungschef Mark Rutte die Zusage für weitere F-16-Kampfjets gesichert. Er hatte dort von einem Durchbruch gesprochen.

"Ich bin sehr dankbar", entgegnete Selenski auf die Zusage Frederiksens. 19 Flugzeuge vom Typ F-16 seien eine sehr effektive Unterstützung. Die Sozialdemokratin würdigte Selenski als "einen der größten Helden unserer Zeit". Der Ukrainer hatte am Samstag bereits eine Reise nach Schweden absolviert. Seinen Besuch in Dänemark sollte er der Nachrichtenagentur Ritzau zufolge auch am Montag fortsetzen.

Doch wird die Zusage und die Lieferung von Kampfjets die russische Invasion aufhalten und das Blatt im Ukraine-Krieg zugunsten des überfallenen Landes wenden können? Das analysierte der Professor für Internationale Politik, Gerhard Mangott, am späten Sonntagabend in der ORF-"ZIB2".

"Nicht mehr viel Möglichkeiten, zu eskalieren"

"Russland hat immer wieder mit einer militärischen Eskalation gedroht, wenn der Westen sich entschieden hat, moderne Waffensystem an die Ukraine zu liefern", so Mangott im Gespräch mit Moderatorin Marie-Claire Zimmermann. Man müsse vorsichtig sein, denn man könne aus der Vergangenheit nicht auf die russischen Manöver in Zukunft schließen, er rechne aber nicht mit einer Eskalation. Bemerkenswert sei, dass bisher die Lieferung von Kampfjets eine rote Linie des Westens gewesen sei, jetzt könne eine solche die Lieferung ballistischer Lenkwaffen mit großer Reichweite sein, so Mangott. Und dann ließ der Experte aufhorchen: "Russland hat nicht mehr viele Möglichkeiten, militärisch zu eskalieren", so Mangott. 

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    Ukrainische Soldaten bei Stabilisierungsoperationen im kürzlich befreiten Ort Staromajorske in der Oblast Donezk am 28. Juli 2023.
    Ukrainische Soldaten bei Stabilisierungsoperationen im kürzlich befreiten Ort Staromajorske in der Oblast Donezk am 28. Juli 2023.
    35th Separate Marines Brigade / Ukrainian Armed Forces via REUTERS

    Die "wirklich dramatische" wäre eine "nukleare Eskalation", so Mangott, "aber ein Auslöser wäre die Lieferung von westlichen Kampfflugzeugen sicherlich nicht". Und: Sie sei "Nicht sehr wahrscheinlich, aber prinzipiell möglich". In Sachen ballistischer Raketen habe der Westen aber wohl Sorge, dass die Ukraine diese bei Zielen tief im russischen Territorium einsetzen könnte.

    Mit Drohnenangriffen auf Russland wiederum wolle die Ukraine zeigen, dass der russische Staat seine Bürger nicht schützen könne und dass man sich im Krieg befinde. Es gebe zwei Möglichkeiten als Reaktion: Entweder es lasse die Unterstützung für den Krieg nach, weil man ihn möglichst schnell beenden wolle, oder aber der Rückhalt für die russische Führung und den Krieg würde in Russland sogar noch weiter wachsen.

    "So traurig es klingt"

    In Sachen des Vorschlags, dass die Ukraine Gebiete an Russland für Friedensverhandlungen abtreten könnte, würde der "Aggressor für Aggression belohnt", so der Experte. Er teile aber nicht die Ansicht mancher Experten, dass das Geschäft "Land gegen Frieden" einen baldigen neuen Versuch Putins starten würde, sich noch mehr Gebiete in der Ukraine zu krallen. Putin würde bei einer Aufrüstung der Ukraine und einer Nato-Mitgliedschaft nicht "ein neues Abenteuer starten". Verhandlungen seien derzeit aber aus seiner Sicht nicht möglich, weil Russland weiter glaube, einen Erfolg militärisch erringen zu können. Und: "So traurig es klingt, dieser Krieg wird noch erheblich lange weiter gehen."

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