WM 2022
Protest am Feld: Iran-Spieler singen Hymne nicht mit
Die Aufreger bei der WM in Katar werden nicht weniger. Während der Hymne des Irans kam es zu einer Protest-Aktion.
Die Iraner bestreiten ihr WM-Auftaktmatch am Montag gegen England. Nicht nur sportlich eine brisante Begegnung. Im Iran gibt es anhaltende Proteste gegen das politische Regime, die mit Gewalt unterdrückt werden. Daher wurde schon vor dem Anpfiff mit Hochspannung erwartet, wie die Fans auf der Tribüne und die Spieler auf dem Feld umgehen.
Kurz vor dem Match war klar: Auch in Katar gibt es Proteste. Während die Hymne des Irans gespielt wurde, sangen die Teamspieler nicht mit. Dafür hallten laute Pfiffe und Protest-Gesänge der Iran-Fans durch das Stadion. Ebenfalls auffällig: Viele weibliche Iran-Fans tragen kein Kopftuch, ebenfalls ein deutlich sichtbarer Protest gegen das Regime.
Auf englischer Seite dagegen gibt es keinen offensichtlichen Protest dagegen, dass die FIFA vor dem Anpfiff das Trager der "One Love"-Kapitänsbinde verbot. Damit wollten die WM-Nationen bei der Endrunde für Toleranz werben. Doch die "Three Lions" knickten ebenso wie Deutschland oder die Niederlande ein. Immerhin knieten die England-Spieler – wie schon beinahe traditionell – vor dem Anpfiff nieder.
Hintergrund der Kehrtwende: Die FIFA hat deutlich gemacht, dass bei Zuwiderhandlung auch sportliche Konsequenzen drohen. Jeder Spieler, der mit der bunten Binde aufläuft, soll die Gelbe Karte bekommen. Zuvor sollen auch Punktabzüge im Raum gestanden sein.
Während die WM-Teams trotz Protesten offenbar einknicken, setzt eine TV-Reporterin ein mutiges Zeichen. Alex Scott steht in Katar für die BBC vor der Kamera. Die Ex-Teamspielerin trägt dabei im Stadion die verbotene "One Love"-Armbinde, wie die Briten auf ihrem Twitter-Kanal zeigen.
Damit hat sie Top-Nationen wie Deutschland oder England etwas voraus. Denn da beugt man sich trotz Protesten der FIFA. DFB-Präsident Bernd Neuendorf meinte in einer ersten Reaktion: "Wir erleben einen beispiellosen Vorgang in der WM-Geschichte. Die von der FIFA herbeigeführte Konfrontation werden wir nicht auf dem Rücken von Manuel Neuer austragen." Damit kritisiert er gleichzeitig den Weltverband, rechtfertigt damit aber auch die Entscheidung des DFBs.
Vor wenigen Tagen klang der DFB-Boss noch anders. "Das ist keine politische Äußerung, sondern ein Statement für die Menschenrechte", meinte Neuendorf damals. Sein Verband sei bereit, "eine Geldstrafe in Kauf zu nehmen." Doch eine mögliche Sperre von Kapitän Neuer scheint den Deutschen dann doch ein zu großes Risiko. Um 14 Uhr ist ein weiterer Medientermin angesetzt, wo das Thema ausführlich besprochen werden soll.
Der niederländische Fußball-Verband begründete ebenfalls die Entscheidung, gegenüber der FIFA einzuknicken. "Dass die FIFA uns auf dem Platz bestrafen will, ist einmalig und geht gegen den Geist des Sports, der Millionen verbindet", hieß es von der KNVB. "Wir stehen zur "One Love"-Botschaft und werden diese weiter verbreiten, aber unsere oberste Priorität ist es, Spiele zu gewinnen. Da möchte man nicht, dass der Kapitän das Spiel mit einer Gelben Karte beginnt." Die KNVB bedauerte, dass es zu keiner gemeinsamen Lösung gekommen sei. Man werde in den kommenden Monaten einen "kritischen Blick auf unsere Beziehung zur FIFA" werfen.
Frankreich geht mit der Thematik grundsätzlich anders um. Kapitän Hugo Lloris hatte bereits vor der WM angekündigt, keine Regenbogen-Binde tragen zu wollen.